Navigation auf uzh.ch
Wäre Hugo Keller damals nicht vor Ort gewesen – ein Forschungsaufenthalt führte ihn 2001 nach Japan –, er hätte wohl nicht so schnell reagieren können. Gerade hatte ein japanischer Forscher eine neue Klasse von Hochtemperatursupraleitern (HTSL) entdeckt – Materialien, die den elektrischen Strom nicht nur ohne Verlust transportieren, sondern auch bei anwendungsfreundlichen Temperaturen. Die neue Verbindung, Magnesiumdiborid (MgB2), verhiess darüber hinaus neue Indizien für das Verständnis der Hochtemperatursupraleitfähigkeit.
Denn obwohl die Zürcher Forscher Georg Bednorz und Alex Müller 1987 den Nobelpreis für die Entdeckung der HTSL erhielten, herrscht noch heute ein Wissenschaftsstreit darum, welche Mechanismen für das rätselhafte Verhalten verantwortlich sind. Keller machte sich sofort an das heisse Thema: Er beschrieb die neue Substanz, wies auf ihre Besonderheiten hin und publizierte das Ganze noch im Folgejahr im wichtigsten Physikjournal.
Er warnt jedoch vor dem Trugschluss, das meist zitierte Paper sei auch das wichtigste. «Immer wieder wurden bedeutende Arbeiten übersehen oder ignoriert.» Dass Arbeiten aus Zürich stark beachtet würden, habe mehrere Gründe: das ausgezeichnete Forschungsumfeld, u.a. die Nähe zur ETH, zum Paul Scherrer Institut und zum IBM Forschungslaboratorium Rüschlikon; Kellers rege Vortragstätigkeit – «In einem Referat lässt sich eine Sache eindrücklicher vermitteln als in einem Paper»; und die Verdienste von Nobelpreisträger Alex Müller, der auch mit 81 Jahren noch eine Tür weiter an seinem Lebensthema forscht.
Angst M, et al.: Temperature and Field Dependence of the Anisotropy of MgB2. In: Physical Review Letters, Vol. 88 No 16, 2002.