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Was tun, wenn die Kuh beim Grasen einen Nagel verschluckt? Kaum zu glauben, aber wahr: Um 1950 half dem Tierarzt in solchen Situationen ein Minensuchgerät, um den Fremdkörper im Magen zu lokalisieren. Um das Problem aus der Welt zu schaffen, wurde eine noch heute praktizierte Methode entwickelt: Dem Tier wird ein starker Magnet zum Schlucken verabreicht, welcher im Magen verbleibt und fortan alle Nägel oder sonstigen metallischen Fremdkörper sammelt.
Man kommt mehr als einmal ins Staunen beim Besuch des «Museums zur Geschichte der Veterinärmedizin» auf dem Dachstock des Diagnostikzentrums beim Tierspital der Universität Zürich. Es zeigt mit Texten, Exponaten wie einer Tierarztapotheke und Kurzfilmen die Geschichte der Tiermedizin und die Entstehung der tiermedizinischen Ausbildung in Zürich. Zusätzlich umfasst das Museum eine Sammlung von mehr als 100 Mikroskopen – ein für die Human- wie auch die Veterinärmedizin wichtiges Untersuchungsgerät.
Die Veterinärmedizin lässt sich beschreiben als die Geschichte eines Handwerkes, das sich zur Wissenschaft entwickelt. Erst ab 1780 verlangte der Staat, dass die damaligen Viehärzte überhaupt eine Prüfung ablegen müssen. Eine Ausbildung gab es zu dieser Zeit allerdings noch nicht, der Beruf wurde bei einem Praktiker erlernt.
Es waren die Franzosen, welche 1762 in Lyon eine erste Tierarzneischule eröffneten, Zürich folgte 1820 mit einer Berufsschule für Tierärzte. Zu den häufigsten Patienten gehörten damals die Pferde als wichtigste Transportmittel. Neben der Behandlung der Tiere wurde an der «Tierarzneischule» in der Selnau aber auch Forschung betrieben, indem beispielsweise neue Operationstechniken entwickelt und Narkosemittel gesucht werden.
1902 gelang den Tierärzten, was die Humanmediziner bereits einige Zeit zuvor erreicht hatten: die Etablierung als akademisches Fach. In der Folge erlebte die Tiermedizin auf mehreren Ebenen grundlegende Veränderungen. So entwickelte sie sich beispielsweise vom Männerberuf zu einem Studienfach, das heute einen Frauenanteil von rund 80 Prozent unter den Studierenden hat.
Mit dem gesellschaftlichen Wandel ändert sich zudem das Aufgabengebiet der Veterinärmedizin. Landwirtschaftliche Nutztiere kamen häufiger in den Genuss von Behandlungen, nachdem beispielsweise Impfungen und neue Behandlungsmöglichkeiten wie Antibiotika verfügbar waren. Gleichzeitig übernahmen die Tierärztinnen und Tierärzte zusätzliche Funktionen, etwa bei der Seuchenbekämpfung und der Untersuchung tierischer Nahrungsmittel.
Wie die Studierenden auf ihre Aufgaben vorbereitet wurden, zeigen im Museum unter anderem historische Lehrfilme. Zu sehen gibt es zum Beispiel einen Kurzfilm über eine Kuhoperation oder einen Informationsfilm über Tierkrankheiten, der in den 1950er Jahren an Bauernversammlungen gezeigt wurde.
Das Museum wurde zudem für das 175-Jahr-Jubiläum mit Schautafeln und Ausstellungsgegenstände zum Thema «Wissen teilen» ergänzt. So wird etwa die Zusammenarbeit mit anderen Berufen wie Hufschmied, Humanmediziner oder Kunstmaler (Tierzeichnungen) aufgezeigt.
Bei einem Besuch sollte man auch die Chance nutzen, sich mit Museums-Kurator Dr. Urs Jenny zu unterhalten. Er ist zu den Öffnungszeiten meist selber anwesend und kennt unterhaltsame Details zu den gezeigten Objekten. Jenny hatte in den 1960er Jahren an der Universität Zürich Veterinärmedizin studiert, war danach als Assistent am Tierspital und anschliessend bis zu seiner Pensionierung 2001 Tierarzt in eigener Praxis tätig gewesen.