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Lässt sich eine Generation, die mit Handy, Gamekonsole und Internet aufgewachsen ist, mit einer Hochglanzbroschüre von den Vorteilen eines Anlagefonds überzeugen? Es ist an der Zeit, dass sich Finanzdienstleister wie Banken und Versicherungen darüber Gedanken machen, wie die Kommunikation und Interaktion mit ihren Kundinnen und Kunden in der Zukunft aussehen soll.
Zu diesem Zweck haben Vertreter aus Wissenschaft, Bankwesen und Technologieunternehmen das «Swiss Design Institute for Finance und Banking» (SDFB) gegründet, wie an der gestrigen Medienkonferenz zu erfahren war.
Die alte Idee des verbindlichen Dudens sei ausgeträumt angesichts des geteilten Wissens im Zeitalter von Wikipedia, sagte Prof. Gerhard M. Buurman, Leiter der Studienrichtung Interaction Design und Game Design an der Zürcher Hochschule der Künste und Präsident des Forschungsrates des SDFB. Entsprechend beziehen auch Bankkunden ihre Informationen heute nicht mehr ausschliesslich vom Bankberater.
Die neue Unübersichtlichkeit kann allerdings auch überfordern. «Die zunehmende Zahl von Produkten, Dienstleistungen und Informationen erzeugt beim Kunden zunehmend das Gefühl von Orientierungsverlust», sagte Arthur Bolliger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Privatbank Maerki Baumann & Co. und Präsident des Stiftungsrates des SDFB.
Aufgabe des neuen Institutes wird es sein, hier Gegensteuer zu geben. Entsprechend ist das SDFB als schweizweiter Thinktank konzipiert. Mit von der Partie seitens der Wissenschaft sind unter anderem ETH und Universität Zürich, die Universität St. Gallen, die EPF Lausanne sowie die Zürcher Hochschule der Künste.
Die Interaktion zwischen Bank und Kunde soll sicher, informativ, verständlich und benutzerfreundlich sein, lautet das Ziel. «Was an Orientierung und Sicherheit verloren geht, soll nicht zuletzt durch ein intelligentes Design wiederhergestellt werden», so Gerhard Buurman.
Eine Möglichkeit dafür ist, komplexe Sachverhalte zu visualisieren. Mit dieser Idee begann vor zwei Jahren auch die Zusammenarbeit der jetzigen Partner. Christian Kruse untersuchte damals in seiner Dissertation an der UZH die Qualität von Börsengängen. Lukas Schwitter setzte die Daten im Rahmen seiner Diplomarbeit an der Hochschule der Künste dann visuell um.
Kruse und Schwitter gehörten später zu den Gründungsmitgliedern der SDFB, Lukas Schwitter ist heute deren Geschäftsführer, Kruse ist Mitglied im Forschungsrat.
Im ersten Geschäftsjahr des SDFB soll der Beratungsprozess im Zentrum der Forschung stehen. Als erstes Projekt befindet sich der so genannte «Multitouch-Tisch» in der Entstehung. Er soll dem Kunden im Beratungsgespräch über Finanzanlagen die Entscheidung erleichtern, indem er mehr Übersicht bietet als eine zahlenschwangere Broschüre. Am Mulittouch lassen sich nämlich verschiedene Anlagemöglichkeiten und deren Auswirkungen interaktiv bildlich darstellen.
«Am Institut für schweizerisches Bankenwesen werden die dazu nötigen finanzmathematischen Modelle für die Software entwickelt und das Institut für Informatik sorgt für die Programmierung», erläuterte Prof. Thorsten Hens, Direktor des Institutes für schweizerisches Bankenwesen. Für das breite Publikum testbar wird der Multitouch-Tisch kommenden März am «Parcours des Wissens» anlässlich des 175-Jahr-Jubiläums der Universität Zürich.
Das SDFB soll zur ersten Adresse werden, wenn es um die Interaktion zwischen Bank und Kunde geht, formulierte Arthur Bolliger das Ziel: «Wir wollen dadurch mithelfen, die Führungsrolle der Schweiz in Bereich des Private Banking zu sichern». Nötig ist dazu mittelfristig ein jährliches Budget von rund drei Millionen Franken, wobei es bereits gelang, mehrere Sponsoren zu gewinnen, die sich über mehrere Jahre engagieren wollen.