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Schlafforschung

Der Schlaflosigkeit auf der Spur

Was passiert genau im Gehirn, wenn wir schlafen? Was ist für den Unterschied zwischen Schlaf- und Wachzustand verantwortlich? Diesen Fragen widmet sich Raphaëlle Winsky-Sommerer vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie in ihrem vom Forschungskredit 2007 unterstützten Projekt.
Lena Serck-Hanssen

Die meisten kennen das: Man möchte so gerne und kann doch nicht. Kamillentee und Schäfchenzählen zum Trotz wälzt man sich von Schlaflosigkeit gepeinigt im Bett. In unseren modernen Gesellschaften sind Schlafstörungen und insbesondere Schlaflosigkeit weit verbreitet. Man schätzt, dass zwischen 15 und 25 Prozent der Bevölkerung chronisch davon betroffen ist.

Obwohl wir rund einen Drittel unseres Lebens schlafend verbringen, ist immer noch unklar, warum wir überhaupt schlafen müssen. Gut erforscht sind aber die Konsequenzen, die das Ausbleiben von Schlaf zur Folge hat, allen voran die Störungen der kognitiven Fähigkeiten. Um die Gründe für Schlafstörungen zu verstehen und erfolgreich therapieren zu können, ist es notwendig, erst einmal die Mechanismen des normalen Schlafens zu verstehen. Was genau elektrophysiologisch im Gehirn abläuft, stellt nämlich immer noch ein Rätsel dar. Die Postdoktorandin Raphaëlle Winsky-Sommerer vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie möchte mit ihrem Forschungsprojekt einen Beitrag zur Lüftung dieses Geheimnisses leisten.

Will wissen, was beim Schlafen im Gehirn passiert: Postdoktorandin Raphaelle Winsky-Sommerer vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie.

GABA im Fokus der Ermittlungen

Während unseres Wach- und Schlafzustandes weist das Gehirn unterschiedliche elektrische Aktivitätsmuster aus. Dies kann mit Hilfe des Elektroenzephalogramm (EEG) nachgewiesen werden. «Was genau für diesen Unterschied verantwortlich ist, das ist die Frage, die mich interessiert», erläutert Winsky-Sommerer.

Schon seit längerem weiss man aus Versuchen mit Gewebeproben, dass der Botenstoff GABA (Gamma-Aminobuttersäure) bei der Schlafregulation eine Rolle spielt. GABA wirkt hemmend auf die Nervenzellen, so dass diese ein Signal nur abgeschwächt weiterleiten.

Die hemmende Wirkung ist nur vorübergehend, wenn GABA innerhalb der Kontaktstelle zweier Nervenzellen an die Empfängerzelle bindet. Unter dem Einfluss gewisser Medikamente kann GABA aber auch ausserhalb dieses Kontaktbereichs an spezifische Rezeptoren binden. Das Resultat ist eine länger andauernde Hemmung, die zu einer Änderung des gesamten elektrischen Aktivitätsmusters der Nervenzellen führt, welches dem während des Schlafzustands entspricht.

Schlafstudien mit Mäusen

Da es sich bei den bisherigen Untersuchungen lediglich um Gewebeproben handelte, möchte Winsky-Sommerer diesen Sachverhalt nun an lebenden Organismen überprüfen. Dazu verwendet sie genetisch veränderte Mäuse. Diese weisen in den beiden Hirnregionen, die während des Schlafs besonders aktiviert sind, keine GABA-Rezeptoren ausserhalb der Kontaktstellen der Nervenzellen auf.

24 Stunden beobachtet: Knockout-Maus und unverändertes Geschwister.

«Die Hypothese, die ich aufgestellt habe, besagt, dass diese Knockout-Mäuse keine längerdauernde Hemmung zeigen und demzufolge ein verändertes Muster der Gehirnaktivität während des Schlafs aufweisen», erklärt Winsky-Sommerer.

Hemmung von GABA-Rezeptoren

Dazu müssen die Knockout-Mäuse sowie ihre unveränderten Geschwister in der Kontrollgruppe zwei Untersuchungen über sich ergehen lassen. Einerseits werden sie während 24 Stunden beobachtet und ihre Hirnaktivitäten per EEG gemessen. Andererseits werden sie während sechs Stunden am Schlafen gehindert, um so mögliche Unterschiede in der Schlafregulierung noch deutlicher zu machen. «Wir wollen bei diesen zwei Versuchen mit Hilfe der Spektralanalyse sehen, wie, wann und wo sich die EEG-Aufzeichnungen zwischen den Knockout-Mäusen und der Kontrollgruppe allenfalls unterscheiden. Falls signifikante Unterschiede ersichtlich sind, können wir daraus folgern, dass die länger andauernde Hemmung von GABA-Rezeptoren bei der Regulation von Wach- und Schlafzustand eine Rolle spielt», ergänzt Winsky-Sommerer.

Andere wichtige Akteure

Der zweite Mechanismus, den Winsky-Sommerer untersuchen möchte, ist der Einfluss der zweiten Zellgruppe im Gehirn, der Gliazellen, auf den Schlaf. In früheren Studien konnte auf der elektrophysiologischen Ebene gezeigt werden, dass eine Untergruppe der Gliazellen, die sogenannten Astrozyten, und die Neuronen während des Schlafes interagieren. Winsky-Sommerer möchte mit Hilfe von biochemischen und neuromorphologischen Methoden die Veränderungen, die die Astrozyten während Schlafphasen aufweisen, unter die Lupe nehmen.

Neue Schlafmittel

«Ich will wissen, wie das Gehirn funktioniert», erklärt Winsky-Sommerer ihr Interesse an der Grundlagenforschung. So ist es auch nicht ihr primäres Ziel, auf die Entwicklung neuer Schlafmittel hinzuwirken. Gleichzeitig weist sie aber darauf hin, dass das Verstehen der Abläufe im Gehirn sowohl während des Wach- als auch während des Schlafzustandes den Weg bahnt, um Schlafmittel mit weniger Nebenwirkungen zu entwickeln.

«Der Forschungskredit ist eine wunderbare Einrichtung, der das selbständige wissenschaftliche Arbeiten fördert; er kann es ermöglichen, den grossen Sprung vom Postdoc zum Führen einer eigenen Forschungsgruppe anzugehen», sagt Winsky-Sommerer. Es ist ihr zu wünschen, dass ihr der Schlafgott Hypnos auch während schwieriger Phasen gut gesinnt ist.

 

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