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Professor Egon Franck, Sie wurden vom Universitätsrat auf August 2008 zum Prorektor Rechts- und Wirtschaftswissenschaften gewählt. Was reizt Sie an diesem Amt?
Das Amt an sich übt eine Anziehung aus, da es mit einer Gesamtverantwortung verbunden ist und eine komplexe Führungsaufgabe beinhaltet. Man hat drei ganz unterschiedliche Führungskontexte zu berücksichtigen: erstens die Führung zweier Fakultäten, zweitens die Führung der Verwaltungseinheit «Akademische Dienste», und drittens sehe ich das Prorektorat als Schnittstelle zur Oberaufsicht, zur Politik.
Wie unterscheiden sich diese drei Führungsaufgaben?
Zuerst zu den Fakultäten – auf meiner Bewerbungstour wurde ich oft gefragt, ob ich die Fakultäten aufgrund meines wissenschaftlichen Schwerpunktes wie Unternehmen zu führen gedenke. Das ist keineswegs meine Absicht, denn in meinem Verständnis ist an der Universität nicht primär das Rektorat für die Visionen zuständig, sondern dazu ist die Basis da, die Teams, die forschen und lehren.
Meine Führungsvision als Prorektor ist, dass sich immer mehr Gruppen und immer mehr Disziplinen an der Universität Zürich im je spezifischen Reputationswettbewerb, in dem sie stehen, erfolgreich behaupten. Auf dass immer mehr Wissenschaftlergruppen an der Universität einen hervorragenden Ruf geniessen. Ich habe also nicht vor, eine Strategie zu entwickeln und diese von oben nach unten durchzusetzen, sondern kreativ nach Wegen zu suchen, die es den verschiedenen Wissenschaftlergruppen ermöglichen, im internationalen Umfeld noch mehr Profil zu gewinnen.
Wie gedenken Sie die Verwaltung, die Akademischen Dienste, zu führen?
Dort stellen sich vermutlich eher bekanntere betriebswirtschaftliche Führungsherausforderungen. Im Endeffekt geht es um die Gestaltung effizienter Verwaltungsprozesse zur Unterstützung der Lehre und Forschung.
Und wie soll der Bezug zur Politik aussehen?
Ich habe als Institutsleiter den Eindruck gewonnen, die Universität ist zwar autonom geworden und die Oberbehörden haben sich weitgehend aus der Hochschule zurückgezogen, jedoch mit einer ganz speziellen Erwartungshaltung: Sie erwarten, dass die Universität von sich aus permanent Signale aussendet, dass alles mit rechten Dingen zu und her geht.
Beim andauernden Bemühen, Transparenz zu gewährleisten, besteht aber die Gefahr, eine Ersatzbürokratie zu schaffen. Deshalb ist es wichtig, bei den Evaluationen, Berichtsanforderungen und beim Controlling das Augenmass zu bewahren. Das Bestreben nach Transparenz darf nicht zu einer eigentlichen Transparenzbürokratie führen. Eine solche ist nicht kompatibel mit den kreativen Freiräumen, die man für das Forschen braucht.
Man muss den Oberbehörden verständlich machen, dass die Universität auch beim Transparenz-Schaffen ein grösseres Ausmass an Selbstständigkeit braucht. Das ist ein schwieriges und komplexes Feld, denn es ist schon klar, dass der Kanton Zürich als Hauptfinanzierer der Universität wissen möchte, ob sein Steuergeld vernünftig und sinnvoll eingesetzt wird. Hier einen gangbaren Weg sowohl für die Politiker wie auch für die Forschenden zu suchen, finde ich eine reizvolle Herausforderung.
Wie sieht der Alltag als Prorektor aus?
Ich muss gestehen, dass ich es nicht genau weiss. Natürlich habe ich mich im Vorfeld der Wahl informiert, mein Vorgänger Hans Caspar von der Crone hat mir eine eindrückliche Liste mit Terminen, die man wahrnehmen muss, vorgelegt – aber ich kann diese Termine noch nicht richtig mit Leben füllen. Eines allerdings ist sicher: Es wird sehr viel Arbeit geben.
Was bedeutet das für Ihre bisherigen Aktivitäten?
Ich werde mich erheblich umorganisieren müssen. Zum einen werde ich als Institutsvorsteher zurücktreten. Vermutlich werde ich mich auch – leider – etwas aus der Forschung zurückziehen müssen. Auch meine bisherige Lehrtätigkeit im Weiterbildungsprogramm «Executive MBA» werde ich einschränken müssen. Ich möchte mich nicht ganz daraus herausziehen, werde aber reduzieren müssen.
Welcher dieser «Rückzüge» schmerzt Sie am meisten?
Schmerz ist übertrieben, mich schmerzt eigentlich nichts, es geht eher um ein Abwägen. Ich freue mich ja auf die neuen Herausforderungen, sonst hätte ich mich nicht zur Verfügung gestellt. Ich bin jetzt sechsundvierzig und bereit, mich auf Neues einzulassen.
Was mir leid tun würde, wäre, wenn ich es nicht schaffen würde, in der Forschung weiterhin zumindest ein Stück weit aktiv zu bleiben. Da werde ich versuchen, mich sehr gut zu organisieren, damit mir das gelingt. Ich kooperiere schon heute sehr gut mit Forscherkollegen, das möchte ich beibehalten.
Was werden Ihre ersten Aktivitäten sein, die Sie bei Amtsantritt kommenden August 2008 angehen werden?
Es gibt keine ersten Aufgaben, die man erfüllen müsste. Ich habe bewusst bei meinen Vorstellungsgesprächen bei den Fakultäten und Ständen nichts versprochen. Es scheint mir fast ein wenig trivialisierend, wenn man mit einem Aufgabenkatalog startet. Man muss sich zuerst einlassen auf die Sache, schauen, welche Aufgaben sich durch den Kontext und das Umfeld ergeben, das muss nicht alles von mir erfunden werden.
Überall läuft ja bereits ein Programm. Es stehen sicher mal Verhandlungen mit Kandidaten, die sich für Lehrstühle bewerben, an. Berufungen müssen durchgeführt werden. Die Umsetzung der neuen Organisationsstruktur der Universität ist ja so gut wie abgeschlossen. Mein Vorgänger Hans Caspar von der Crone hat hervorragende Arbeit geleistet. Ich denke, wir können sehr zufrieden sein mit seinen Aktivitäten. Auch deshalb möchte ich nicht mit einem Aufgabenkatalog starten, das würde bedeuten, dass es von ihm unerledigte oder aufgeschobene Arbeiten gibt. Das ist ja nicht der Fall. Ich werde im Gegenteil bemüht sein, einen nahtlosen Anschluss an die Arbeit meines Vorgängers zu gewährleisten.
Als was möchten Sie am Ende Ihrer Tätigkeit als Prorektor Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in die «Annalen» eingehen?
Das habe ich mir wirklich noch nicht überlegt. Ich möchte, dass man sagt, er hat eine ordentliche Arbeit geleistet. Das ist das, was zählt.
Ich stelle mir das Prorektorat auch nicht als Amt vor, an das ich mich festklammern werde. Ich denke, das ist eine gute Erfahrung, aber ich möchte irgendwann auch wieder zurück zur Arbeit als «normaler Professor».