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Der Klimawandel macht sich nicht nur in den Böden bemerkbar, sondern seine dortigen Auswirkungen führen wiederum dazu, dass vermehrt Treibhausgase freigesetzt werden. Dies zeigte sich den Forschenden des Geografischen Institutes bei ihrer Feldarbeit im alpinen Raum. Sie untersuchten – unter anderem im Rahmen des nationalen Forschungsprogrammes «Alpen» (NFP 48) - die Umgebung des Lago Maggiore, den Morteratsch-Gletscher (Oberengadin) und das Vereinatal bei Klosters.
Rund 1-1,5 Grad Celsius ist in der Schweiz die Durchschnittstemperatur seit Anfang des 20. Jahrhunderts gestiegen. Bis 2050 ist gemäss Klimaszenarien mit einem weiteren Anstieg um 1,5 Grad Celsius zu rechnen, bis 2100 gar mit rund 3 Grad Celsius.
Aus geobotanischen Untersuchungen war bekannt, dass sich dies beispielsweise im Südtessin bereits ausgewirkt hat. In den letzten Jahrzehnten haben sich immergrüne Laurophyllen-Gewächse wie die Hanfpalme oder der Kirsch-Lorbeer ausgebreitet und zunehmend die bisherige Vegetation verdrängt. Insbesondere dank der steigenden Wintertemperaturen schafften sie den Sprung von der Zierpflanze im Garten in die Wälder.
Da Blätter und Äste von Laurophyllen schneller abgebaut werden als solche von ursprünglich ansässigen Pflanzen, veränderte sich in der Folge die Zusammensetzung der Humusschicht und der Bodenmineralien. Ob die Böden langfristig nährstoffreicher oder nährstoffärmer werden, lässt sich gemäss Markus Egli noch nicht sagen. Eindeutig sei aber, dass bei Laurophyllen weniger organische Materie in den Boden eingelagert und mehr zu CO2 abgebaut wird. «Entsprechend wird dieses Treibhausgas auch vermehrt freigesetzt», so Egli.
Denselben Effekt stellten die Wissenschaftler im Rahmen einer eigentlichen Klimasimulation im Vereinatal fest. Sie gruben einen halben Meter in den Boden und pflanzten die dabei gewonnenen Bodensäulen mehrere Hundert Höhenmeter tiefer wieder ein. Dadurch konnten sie miterleben, was passiert, wenn ein Boden plötzlich einem wärmeren Klima ausgesetzt ist: die Humusschicht wurde kleiner, Wurzeln starben vermehrt ab und das Pflanzenwachstum verringerte sich. Auch diese Böden gaben zudem vermehrt CO2 an die Atmosphäre ab.
Der Klimawandel wirkt sich auch auf die Verbreitung von bestimmten Böden aus. Das Abschmelzen des Morteratsch- Gletschers beispielsweise bringt rohes und unverwittertes Gesteinsmaterial zum Vorschein, auf welchem sich neue Böden entwickeln.
Es sind nährstoffarme Böden, auf denen sich erst im Laufe der Jahre eine Vegetation bilden wird. Wie diese Prozesse ablaufen und welche Veränderungen der Landschaft dadurch zu erwarten sind, war eine weitere Frage der Forschung am Geografischen Institut. «In den kommenden Jahrzehnten ist mit dem weiteren Rückzug der Gletscher mit einem raschen Ausbreiten solcher Böden zu rechnen», so Egli.
Der Klimawandel hinterlässt also bereits sichtbare Spuren in den Böden. Dies im Gegensatz zur bisherigen Annahme, dass Böden auf Änderungen im Klima erst nach Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden reagieren. «Unsere Studien zeigen eindeutig, dass Böden bereits innerhalb weniger Jahrzehnte auf veränderte Klimabedingungen reagieren», sagt PD Dr. Markus Egli.
Um die Folgen davon besser voraussagen zu können, sei aber weitere Forschung nötig, so Egli: «Besonders im alpinen Raum wissen wir noch sehr wenig über die Eigenschaften und die räumliche Verbreitung von Böden.»