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Zivilcourage und Menschlichkeit – eine Ausstellung über Gertrud und Carl Lutz

Carl und Gertrud Lutz gehören zu den grossen Figuren der humanitären Schweiz. Sie haben während des Zweiten Weltkrieges 62’000 ungarischen Juden das Leben gerettet. Nach dem Krieg engagierte sich Gertrud Lutz in humanitären Organisationen und stieg bis zur Vizepräsidentin der UNICEF auf. Die Ausstellung im Lichthof wird begleitet von einer Ringvorlesung zur Schweizer Flüchtlingspolitik vom Zweiten Weltkrieg bis heute.
Thomas Gull

Die Schweiz tut sich schwer mit ihrer Rolle während des Zweiten Weltkrieges. Das einst so heroische Bild des kleinen Landes, das den bösen Mächten mutig trotzte und deshalb weitgehend unversehrt und unbefleckt den Zweiten Weltkrieg überstand, musste in den 90er-Jahren revidiert werden. Kritisiert wurde insbesondere die Flüchtlingspolitik, die rückblickend unnötig hartherzig erscheint.

Wartende Juden vor der Auswanderungsabteilung der Schweizerischen

Gesandtschaft, Budapest, Herbst 1944,

Verdrängung, Verklärung, Verantwortung

Nachdem in den 90er-Jahren die Emotionen hoch gingen, ist die öffentliche Diskussion mittlerweile verebbt. Mit einer Ausstellung im Lichthof der Universität Zürich und einer Ringvorlesung während des Wintersemesters soll die Auseinandersetzung mit der Schweizer Flüchtlingspolitik nun zumindest im akademischen Rahmen weitergeführt werden. Das sei notwendig, betonte Jakob Tanner, Professor für Geschichte an der Universität Zürich, in seinem Referat bei der Vernissage der Ausstellung am Donnerstagabend, gerade auch mit Blick auf die aktuelle Asyl- und Flüchtlingspolitik der Schweiz und die Haltung der grössten Regierungspartei zu diesem Thema.

Flüchtlinge, Basel 1999. Mit der Ausstellung und einer Ringvorlesung an der UZH wird auch die aktuelle Schweizer Flüchtlingspolitik thematisiert.

Wie bereits vor und während dem Zweiten Weltkrieg stehen auch heute die Menschrechte wieder zur Debatte, in einem Land, das sich viel auf seine humanitäre Tradition einbildet. Tanner wies darauf hin, die Schweiz habe sich 1938 entschieden, die Menschenrechte nicht einzuhalten, als sie verlangte, die Pässe der deutschen Juden müsste mit einem «J» gekennzeichnet werden. Die restriktive Flüchtlingspolitik wurde dann 1942 mit der Schliessung der Schweizer Grenze noch verschärft. Nach dem Ende des Krieges habe sich die Schweiz dann «in Verdrängung geübt» kritisiert Tanner.

Visa retten Leben

Die von der Basler Historikerin Helena Kanyar Becker organisierte Doppelausstellung im Lichthof ist Carl und Gertrud Lutz-Fankhauser gewidmet: «Visa retten Leben: Carl Lutz und die Rettung von 62'000 Budapester Juden». Sie zeigt, wie der Schweizer Diplomat Carl Lutz (1895-1975) nach dem Einmarsch der Nazis in Ungarn im März 1944 mit Schutzbriefen zehntausenden von Juden das Leben rettete.

Der zweite Teil der Ausstellung, «Gertrud Lutz-Fankhauser: Diplomatin und Humanistin» dokumentiert den Lebensweg der Frau von Carl Lutz. Die Wege des Ehepaares trennten sich nach dem Krieg und der Rückkehr in die Schweiz. Carl Lutz heiratete eine Ungarin, die er in Budapest kennen gelernt hatte. Gertrud Lutz-Fankhauser (1911-1995) musste eine neue Existenz aufbauen. Sie arbeitete zuerst als Missionsleiterin der Schweizer Spende in Bosnien, Finnland und Polen (1946 bis 1948) und danach bis zu ihrer Pensionierung für das Kinderhilfswerk UNICEF in verschiedenen Ländern. Von 1966 bis 1971 war sie Vizepräsidentin der UNICEF und Direktorin für Europa und Nordafrika.