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Gestern Donnerstag hat der Schweizerische Nationalfonds (SNF) die Resultate des NFP-49-Programms zur Antibiotikaresistenz in der Schweiz präsentiert. Christian Ruef, Sie sind Professor für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene im Departement Innere Medizin des Universitätsspitals Zürich – müssen wir uns Ihrer Ansicht nach sorgen oder hat die Schweiz das Problem im Griff?
Es besteht auch in der Schweiz und in den Schweizer Spitälern Grund zur Sorge über die Zunahme der Antibiotikaresistenz und, daraus folgend, die Schwierigkeit, Infektionskrankheiten in Einzelfällen noch adäquat behandeln zu können. Es werden am USZ täglich Patienten wegen des Nachweises von Bakterien, die gegen gewisse Antibiotika resistent sind, isoliert, um die Ausbreitung dieser resistenten Keime zu verhindern. Im Vergleich zu anderen – benachbarten – Ländern in Europa, ist die Situation in der Schweiz aber noch relativ gut. Wir haben es also noch in der Hand, mit geeigneten Massnahmen diesen relativ günstigen Zustand möglichst lange aufrechtzuerhalten.
Die Schweiz hat nun ein sehr detailliertes und ziemlich flächendeckendes Überwachungssystem für antibiotikaresistente Krankheitserreger entwickelt. Wie funktioniert es?
Die am System teilnehmenden Mikrobiologielabors – universitäre und private – liefern die Daten über die Resistenztestergebnisse der isolierten Bakterien online an die zentrale Datenbank des SEARCH-Projektes in Bern. Dort werden die Daten analysiert und ein Feedback an die einzelnen Labors sowie weitere Partner – BAG, Spitäler etc. – erstellt. Das System ermöglicht den Vergleich zwischen den Regionen, zwischen kleineren und grösseren Spitälern und auch die Beobachtung der Resistenzentwicklung im Laufe der Zeit.
Von Antibiotikaresistenzen können öffentliche Spitäler, private Kliniken, Alters- und Pflegeheime sowie individuelle Patienten in der ambulanten medizinischen Versorgung betroffen sein. Was machen die verschiedenen Institutionen, wenn das Überwachungssystem einen Erreger geortet hat, der gegen Antibiotika resistent ist?
Massnahmen im Einzelfall müssen unabhängig vom Überwachungssystem getroffen werden und fallen in die Verantwortlichkeit der einzelnen Spitäler beziehungsweise der behandelnden Ärzte. Das Überwachungssystem gibt Auskunft über die Epidemiologie der Antibiotikaresistenz. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für Interventionen auf der Ebene der öffentlichen Gesundheit – Public Health – und nicht in der Individualmedizin. Zu den Interventionen können Richtlinien zum sinnvollen Antibiotikaeinsatz und lokale Richtlinien zum Wechsel bzw. zum Verzicht auf gewisse Antibiotika gehören, damit der Selektionsdruck gemindert werden kann.
Auch in der Tiermedizin und -ernährung werden Antibiotika eingesetzt, die über die Nahrungsmittelkette – Milch, Fleisch, Fisch etc. – zum Menschen gelangen. Ist das hierzulande ein Problem?
Im Rahmen des NFP 49 wurde auch diese Thematik bearbeitet. Auch wenn diverse Massnahmen bereits getroffen wurden, um den Einsatz von Antibiotika als Wachstumsförderer in der Tierzucht einzudämmen, erfordert dieses Thema sicherlich noch weitere Anstrengungen.
Welchen Beitrag hat das Universitätsspital Zürich zum NFP 49 Antibiotikaresistenz geleistet?
Im Rahmen unseres Forschungsprojektes befassten wir uns mit der Antibiotikaresistenz bei Bewohnern von Langzeitpflege-Institutionen. Wir stellten dabei fest, dass sowohl der Antibiotikaeinsatz als auch die Antibiotikaresistenz in einer solchen als Modell untersuchten Institution gross ist. Es sind somit nicht nur die Akutspitäler, sondern auch Pflegeheime etc. vom Resistenzproblem betroffen. Die Massnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz müssen aber in diesen Heimen auf die besondere Situation der Bewohner – Langzeitaufenthalt, kein Spital – ausgerichtet werden.