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Ja, ich denke wir haben einen Durchbruch in der Diabetes-Forschung erzielt. Bei der Diabetes-Krankheit kann man von einer Epidemie sprechen, denn schon längst sind nicht nur die westlichen, reichen Länder betroffen. Diabetes ist mittlerweile auch ein grosses Problem für die sogenannten Schwellenländer, wie zum Beispiel Indien. Den weitaus grössten Teil der Diabetes-Kranken machen die Typ-2-Diabetiker aus: Früher sprach man auch häufig von Alters-Diabetes, denn die Stoffwechselkrankheit entwickelte sich oft erst im höheren Alter. Heute leiden allerdings auch schon Kinder und Jugendliche unter Diabetes Typ 2.
Wir haben in unserer Studie Diabetes Patienten des Typ 2 behandelt und festgestellt, dass durch die Blockade des Moleküls Interleukin-1 beta nicht nur der Blutzuckergehalt verbessert wird sondern auch das Fortschreiten der Krankheit gebremst werden kann.
Neben einer genetischen Veranlagung entsteht Diabetes Typ 2 durch Überernährung, sprich Übergewicht und Bewegungsmangel. Das Überangebot an Nährstoffen erhöht den Bedarf an Insulin, das in den beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse hergestellt wird und für die Zuckeraufnahme der Zellen notwendig ist. Durch den ständig hohen Blutzuckergehalt reagieren mit der Zeit die beta-Zellen nicht mehr und der Körper schüttet deshalb immer weniger Insulin aus. Das wiederum erhöht den Blutzucker. Dieser Teufelskreis führt über längere Zeit zum zunehmenden Ausbrennen und zur Zerstörung der beta-Zellen in der Bauspeicheldrüse. Wir haben nun festgestellt, dass Interleukin-1 beta letztendlich dafür verantwortlich ist, dass die insulinproduzierenden Zellen absterben. Durch die Blockade des Interleukin-1 beta kann das Absterben verhindert werden.
Nein, Interleukin-1 beta wird weiterhin vom Körper produziert. Wir blockieren lediglich den Rezeptor, mit dem das Interleukin-1 beta sich an die Zelle heftet. Das Medikament, das Interleukin-1 beta stoppt, ist schon erprobt und wurde und wird zum Beispiel bei rheumatischer Arthritis eingesetzt. Es hat sich dabei gezeigt, dass praktisch keine Nebenwirkungen entstehen. Das ist sehr erfreulich.
Da das Medikament schon bekannt war, konnten wir bei unserem Versuch auch den Sprung von der Grundlagenforschung direkt zur Klinischen Studie am Patienten machen. Wir haben also keine Vorversuche durchgeführt. Trotzdem ist der Aufwand für eine solche klinische Studie enorm hoch. Zum Glück wurden mein Team und ich vom Universitätsspital und einigen Stiftungen unterstützt. Für eine grössere Anzahl Patienten haben unsere Kapazitäten nicht ausgereicht, deshalb haben wir mit meinem Kollegen Thomas Mandrup-Poulsen vom renommierten Dänischen «Steno Diabetes Center» zusammengearbeitet. 39 Patienten haben wir hier vor Ort behandelt und 31 in Dänemark. In einer sogenannten placebokontrollierten Studie erhielt die eine Hälfte der Patienten ein Placebo, die andere einen Blocker von Interleukin-1 beta.
Wir konnten nachweisen, dass die Blockierung von Interleukin-1 beta den Diabetes verbessert und dem Fortschreiten der Krankheit Einhalt gebietet.
In der Diabetes-Forschung wird damit auch eine Paradigmenwechsel initiiert, denn man muss sich nun fragen, ob Diabetes-Typ2 durch einen Defekt im Immunsystem entsteht. Die Ergebnisse unserer Forschung interessieren mehrere Firmen, entsprechend werden demnächst Nachfolgenstudien starten.
Die Patienten erhalten lediglich alle paar Wochen eine Injektion mit dem Medikament. Durch den Rückgang der Diabetes werden möglicherweise gleichzeitig auch die Krankheiten, die oft mit Diabetes einhergehen, wie zum Beispiel Arteriosklerose, gestoppt.
Dass heisst natürlich nicht, dass die Diabetes-Kranken jetzt nicht mehr auf ihr Gewicht achten sollten. Gesunde Ernährung und viel Bewegung sind nach wie vor wichtig.