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Der Zeuge beobachtete «zwei parallel fliegende, orange Punkte am Himmel, die lautlos und etwa mit der Geschwindigkeit eines Privatjets in sehr niedriger Höhe flogen». Sieben solcher UFO-Sichtungen sind bisher für das Jahr 2007 in der UFO-Datenbank der deutschen Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens zu finden. Alles Humbug? Ist eine wissenschaftliche UFO-Forschung überhaupt möglich, wollte DRS 3-Moderator Hannes Hug von seinen Gesprächspartnern an der vierten «science bar zürich» in der Bar und Buchhandlung Sphères wissen.
«Nein», antwortete Dr. Dieter Sträuli vom Psychologischen Institut der Universität Zürich. «Eine naturwissenschaftliche UFO-Forschung, die hartnäckig mit Geigenzählern und Radargeräten nach einem Objekt sucht, war bisher nicht erfolgreich. Angemessener scheint mir, das komplexe UFO-Phänomen als Erfahrung oder Symbol zu betrachten und entsprechend psychologisch, volkskundlich oder literaturwissenschaftlich auf seine uralten Wurzeln hin zu untersuchen.»
Sträuli beschäftigt sich als Psychologe seit längerer Zeit mit dem Thema. UFOs im modernen Sinne würden seit 1947 gesehen, berichtete er. Die mitgelieferten Erklärungen wechseln sich ab und reichen von der vermuteten Spionage im Kalten Krieg bis zu den Berichten der «Kontaktler», die behaupten, mit Ausserirdischen gesprochen oder gar in ihren Raumschiffen mitgenommen worden zu sein.
Das UFO-Phänomen hat auch einen religiösen Aspekt, ist Sträuli überzeugt. Die «UFO-Szene» sei beispielsweise stark von der Theosophie beeinflusst worden. «Ausserirdische sind gleichzeitig Gott und Nicht-Gott», so Sträuli. Diese Ambivalenz zwischen Glaube und Skepsis sei beispielsweise auch in den Büchern von Erich von Däniken zu finden.
Wissenschaftsjournalist und Autor Beat Glogger stellt bei «ufogläubigen Menschen» ein weiteres interessantes Phänomen fest: «Sie wollen, dass die UFOs aussehen wie unsere Flugzeuge, mit zum Teil denselben technischen Details.» Da stelle sich doch die Plausibilitätsfrage: Warum sollten Ausserirdische auf demselben Technologiestand sein wir wir? Oder warum sollen sie einen Kopf haben wie wir und nicht grundsätzlich anders aussehen?
Sträuli erinnerte an einen Fall, bei dem Betrachter in ägyptischen Hieroglyphen Kampfhelikopter erkannten, wie sie im Vietnamkrieg verwendet wurden. Es sei aber doch sehr unwahrscheinlich, dass Ausserirdische den Ägyptern heute veraltete Technologie der 1960er-Jahre überlassen haben sollen. «Wir erkennen eben immer nur das, was schon vorbei ist.» Auch in der Science Fiction-Literatur ist gemäss Sträuli zu beobachten, dass die beschriebenen Welten zwar faszinierend und unheimlich, aber zugleich uns Menschen nicht zu fremd sein dürfen.
Kein Wunder, kommt Prof. Gerd Folkers, Leiter des Collegium Helveticum, mit seinem selbst entwickelten «Test» für Science Fiction-Literatur meist zu demselben Resultat. Er untersucht die Bücher hinsichtlich der Beschreibungen des Essens und der Sexualität und stellt fest, dass sich diese selten von unserer Realität unterscheiden. Science Fiction-Klassiker veränderten meist nur einen einzelnen Parameter der Realität. Das Fazit von Folkers: «Einfallslosigkeit».
Das müsste nicht sein, fand Beat Glogger: «Interessante Science Fiction beginnt dort, wo naturwissenschaftliche Gesetzmässigkeiten weitergedacht werden.» Glogger ist selber Autor entsprechender Bücher wie etwa «Xenesis», in welchem er beschreibt, wie Tiere gentechnisch zu Organspendern für Menschen umfunktioniert werden. Die Elemente seiner Geschichten entnehme er der Realität und setze sie so zusammen, dass ein in der Zukunft durchaus vorstellbares Szenario entstehe. Entsprechend bezeichnet er seine Werke lieber als «Science based Fiction» denn als Science Fiction.
Die Chance einer solchen Form von Literatur könnte es sein, der Bevölkerung wissenschaftliche Themen näher zu bringen, indem sie diese spannend erzählt. «Science based Fiction» könne dabei auch als «narrative Technologiefolgenabschätzung» betrachtet werden, indem sie zum Nachdenken anregt über bestimmte Entwicklungen. Nicht zu verwechseln damit sei die Flucht in irreale Vorstellungen, so Glogger. «Die wahren Dinge, die uns Angst machen, lassen die Menschen lieber beiseite. Wie sonst lässt es sich erklären, dass wir erst jetzt beginnen, den Klimawandel ernst zu nehmen, obwohl die Wissenschaft schon seit 30 Jahren davor warnt?»