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Müssten es die Frauen wieder einmal wie die Athenerinnen und Spartanerinnen in Aristophanes Komödie «Lysistrata» machen? Ihren Männern den Sex verweigern, um politisch Einfluss zu nehmen und den Krieg zwischen ihren verfeindeten Männern zu beenden? Bundesrätin Calmy-Rey ging es in ihrem Referat bei diesem Beispiel um etwas anderes: «Es ist möglich, etwas auszurichten, wenn wir Frauen zusammenhalten und auch handeln.»
Wie frau überhaupt in die Politik kommt, sich darin zurechtfindet und Erfolg haben kann, war Thema der Veranstaltung «Gewählte Frauen. Die Tagung für amtierende und kommende Politikerinnen» vom vergangenen Samstag an der Universität Zürich. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Zürcher Frauenzentrale in Zusammenarbeit mit den Beraterinnen Lisette Müller-Jaag und Gertrud Calame. Politikerinnen unterschiedlichster Couleur sowie Beraterinnen beispielsweise aus dem Medienbereich gaben in Workshops wie «Tipps und Tricks für die Parlamentsarbeit», «Impulse für einen erfolgreichen Wahlkampf» oder «Frauen in bisherigen Männerdomänen» ihre Erfahrungen weiter.
Zwar sei die Gleichberechtigung seit der Mitte des 20. Jahrhunderts «ein schönes Stück vorangekommen», meinte Calmy-Rey mit Blick auf Errungenschaften wie das Frauenstimmrecht, die vom Zivilstand unabhängige AHV oder das partnerschaftliche Eherecht. Die Gleichberechtigung sei trotzdem noch nicht realisiert: «Wo Macht ist, fehlen die Frauen». In Spitzenpositionen der Wirtschaft sowie in den Parlamenten und Regierungen ist der Frauenanteil nach wie vor gering. Zudem verdienten Frauen in der Schweiz für gleichwertige Arbeit immer noch rund 21 Prozent weniger als Männer.
Auch aus ihrer Arbeit als Aussenministerin kennt Calmy-Rey genügend Beispiele von geschlechsspezifischem Leiden: Menschenhandel sei in erster Linie Frauenhandel, Krieg bringe mehr weibliche als männliche Opfer hervor und «die Armut hat je länger je mehr das Gesicht einer Frau». Aussenpolitik sei daher auch Frauenpolitik und gerade für Frauen sei der Schutz durch das humanitäre Völkerrecht zentral.
«Die wichtigsten weltpolitischen Fragen lassen sich ohne die Einbindung und Förderung der Frauen nicht lösen», gab sich Calmy-Rey überzeugt. Damit Frauen in Machtpositionen kommen, brauche es aber Mut, Willen und hartnäckige Arbeit. Dem steht gemäss der Bundesrätin entgegen, dass Frauen nicht dazu erzogen werden, sich in den Vordergrund zu stellen. Zu oft hätten sie ein gespaltenes Verhältnis zur Macht und verfügen über zuwenig Selbstbewusstsein: «Wir müssen uns getrauen, uns einzubringen.»
Dazu müssten allerdings auch die Umstände stimmen. Noch sei es schwierig, Familie und Beruf oder gar Familie, Beruf und Politik zu vereinbaren. An den Frauen sei es aber auch, die Familienverantwortung wirklich mit den Männern zu teilen, denn «wir haben immer noch das Gefühl, wir können es besser», so Calmy-Rey.
Für die Bundesrätin ist klar: «Politik ist auch ein Handwerk, das erlernt werden kann.» Dazu brauche es vor allem den Erfahrungsaustausch und die Vernetzung. Eine Veranstaltung wie «Gewählte Frauen» sei deshalb sehr hilfreich.
Dieses Fazit scheint sie mit den Teilnehmerinnen der Tagung zu teilen. Mittels Applaus beantworteten sie die Frage der Veranstalterinnen, ob eine solche Veranstaltung wiederholt werden soll, klar mit «Ja».
«Engagierte und wertvolle Diskussionen sind heute entstanden», sagte Elisabeth Maurer gegenüber unipublic. Maurer ist Gleichstellungsbeauftragte der Universität Zürich und Leiterin der UniFrauenstelle, welche die Veranstaltung organisatorisch unterstützt hat. Von der Tagung profitiert hat auch die Teilnehmerin Sandra Tinner, Doktorandin an der Universität Zürich. Als Wissenschaftlerin nimmt sie am Peer-Mentoring-Programm der UniFrauenstelle teil. Politisch ist sie als Ko-Präsidentin einer Kreispartei in der Stadt Zürich aktiv und hat sich an der Tagung unter anderem Tipps für Wahlkämpfe geholt: «Ich kann mir vorstellen, in der Zukunft ein Amt im Kantonsrat oder Gemeinderat anzustreben.»