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Die Ausbildungssituation im Filmbereich hat sich in der Deutschschweiz in den letzten fünfzehn Jahren von Grund auf verändert. Bis Mitte der 90er Jahre waren viele Filmschaffende hierzulande im besten Sinne des Wortes Amateure – also Leute, die mit viel Leidenschaft und wenig Ausbildung on the job zu Filmemachern avancierten. Wer eine Filmschule absolvieren wollte, ging ins Ausland, viele nach Berlin, London oder New York. Heute kann die jüngere Generation der Schweizer Regisseurinnen und Regisseure im Lande bleiben und einen Ausbildungsgang an einer hiesigen Fachhochschule absolvieren – als Beispiele seien hier die derzeit gefeierten HGKZ-Absolventinnen Bettina Oberli («Die Herbstzeitlosen») und Andrea Staka («Das Fräulein») erwähnt.
Dank dem neuen Angebot von Masterstudiengängen des «Netzwerk Cinema CH» erreicht die Professionalisierung der Filmausbildung in der Schweiz wichtige Vertiefungsmöglichkeiten: Sowohl auf wissenschaftlicher als auch auf praktischer Ebene können nun Schwerpunkte gesetzt und Spezialisierungen erworben werden.
Leute mit einem praktisch orientierten Filmdiplom einer Fachhochschule (zum Beispiel der HGKZ) werden sich eher dem Masterstudiengang in Filmrealisation zuwenden; solche mit theoretischer Vorbildung an einer Universität (zum Beispiel nach dem Grundstudium am Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich) möchten sich wohl eher in Filmtheorie und -geschichte vertiefen. Grundsätzlich kann aber auch – entsprechende wissenschaftliche Vorbildung bzw. visuelle Gestaltungserfahrung vorausgesetzt – von der Praxis in die Theorie und umgekehrt gewechselt werden, erklärt die Koordinatorin von Netzwerk Cinema CH, Seraina Rohrer.
An der Universität Zürich wird im Masterstudiengang in Filmwissenschaft «über Kino und andere Medien sowie deren Spezifik und Funktionsweisen in kulturellen Zusammenhängen» reflektiert, wie auf der Netzwerk-Cinema-Website zu lesen ist. Vertiefungen in Theoriegeschichte, Ästhetik und Technik, Geschichte, Medialität, Kultur, Gender und Schweizer Film sowie in Fiktion/Nichtfiktion/Narration sind möglich.
Um übergreifendes und vernetztes Denken und die Mehrsprachigkeit zu fördern, müssen die Studierenden zusätzlich zum Hauptprogramm an der UZH eine Auswahl filmwissenschaftlicher Kurse im Welschland besuchen, genauer im Masterangebot der Section d'histoire et esthétique du cinéma der Universität Lausanne.
Zum Programm gehören ausserdem Kenntnisse in zwei der übrigen Fachbereiche des Netzwerk Cinema CH: in Bildtechnologie (am MediaLab der Universität Basel) oder Filmökonomie (Università della Svizzera italiana) oder Archivwissenschaft (Cinémathèque suisse, Universität Lausanne) oder Filmrealisation (HGKZ oder ECAL). Der Abschluss des zweijährigen Masterstudiengangs besteht denn auch in einem «Universitätsübergreifenden Master of Arts in Filmwissenschaft» der Universität Zürich.
Heute, 19. Oktober 2006, werden die Masterstudiengänge mit einer Feier offiziell eröffnet – in Lausanne, im Schloss La Sarraz. Die Universität Zürich ist mit Filmprofessorin Margrit Tröhler vertreten. Anwesend sind auch Bundesrat Pascal Couchepin und zahlreiche Gäste aus der Filmindustrie und dem Bildungsbereich. Morgen, 20. Oktober, findet bereits ein erster Workshop mit Andrea Staka («Das Fräulein», «Yugodivas») und Jean-Stéphane Bron («Mais im Bundeshaus», «Mon frère se marie») statt, an dem alle Studierenden und Dozierenden des Netzwerk Cinema CH erstmals zusammen treffen, um über Fiktion- und Dokumentarfilme zu diskutieren.