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Kompetenz in Gesundheitsfragen

Schweizerinnen und Schweizer sind bereit, in Gesundheitsfragen mehr Eigenverantwortung wahrzunehmen. Doch häufig fehlen ihnen die notwendigen Informationen und Mitsprachemöglichkeiten, um dies auch tatsächlich zu tun. Dies ergab eine Umfrage des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich.
Theo von Däniken

Patientinnen und Patienten möchten mehr Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen, nur die Hälfte von ihnen fühlt sich dazu aber genügend informiert.

Wie kann ich mit meiner Lebensführung die Gesundheit beeinflussen? Welcher Arzt ist der richtige für mich? In welchem Spital erhalte ich eine angemessene Behandlung? Welche Krankenversicherung ist die günstigste für mich? Mit solchen Fragen sind wir im Gesundheitsbereich konfrontiert. Eine Studie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich (ISPMZ) hat nun erstmals erhoben, wie kompetent Schweizerinnen und Schweizer mit diesen Fragen umgehen können.

Wissen und Einfluss

«Gesundheitskompetenz ist ein neuer Begriff in der Diskussion über das Gesundheitswesen», erklärt Studienleiter Jen Wang, der erste Ergebnisse der Befragung am Montag vor den Medien vorstellte. Der Begriff umfasst einerseits das Wissen über gesundheitsrelevante Themen und andererseits die Möglichkeiten, tatsächlich Einfluss nehmen zu können. Wangs Untersuchung zeigt, dass in der Schweiz diesbezüglich noch ein Defizit herrscht.

«Die grosse Mehrheit ist bereit, eine aktivere Rolle zu spielen bei Entscheiden, welche die Gesundheit betreffen», so Wang. Nur die Hälfte fühlt sich allerdings genügend informiert, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Ebenfalls nur knapp die Hälfte erhält vom Arzt überhaupt die Möglichkeit, bei Entscheiden mitzureden.

Der verstärkte Wunsch nach Eigenverantwortung und Mitsprache ist ein Trend, der sich in früheren Befragungen bereits abzeichnete. Waren 1997 noch rund ein Viertel der Meinung, der Arzt solle allein über eine Behandlung entschieden, so waren es 2002 nurmehr rund zehn Prozent. Umgekehrt hat sich der Anteil derer, die meinen, der Patient solle entschieden, von zehn auf 25 Prozent erhöht. Weitgehend unverändert bleib hingegen die Mehrheit, die findet, Arzt und Patient sollen gemeinsam entschieden.

Gemäss Studienleiter Jen Wang vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin  sind gesundheitsrelevante Informationsangebote noch zuwenig auf ihre Zielgruppen ausgerichtet.

Mangel an verständlichen Informationen

Damit die Patientinnen und Patienten diese gewünschte Eigenverantwortung wahrnehmen können, müssen sie auch entsprechend informiert werden, folgert Wang aus der Studie. Hier fehlt es vor allem an genügend verständlichen Informationen. Denn obwohl Zeitungen und Zeitschriften am häufigsten als Informationsquellen genannt wurden, erachtet nur gerade ein Viertel die Informationen in den Medien auch als verständlich. Weitaus am meisten, nämlich zwei Drittel, schätzen nach wie vor die Informationen vom Hausarzt oder der Hausärztin am verständlichsten ein. Für Wang ein Zeichen, dass andere Informationsangebote noch zu wenig auf die Zielgruppen zugeschnitten sind.

Erstaunliches zeigte die Befragung im Hinblick auf die Frage, was zur Erhaltung der eigenen Gesundheit unternommen wird. Gemäss den eigenen Angaben ernähren sich knapp 90 Prozent gesund. Ebenso viele bewegen sich nach eigenen Angaben genügend. Angesichts des zunehmenden Anteils von übergewichtigen Menschen dürften diese Zahlen kaum der Realität entsprechen, wie Wang einräumte. «Aber sie zeigen, wie die Menschen sich selber sehen. Auch das ist ein wichtiges Ergebnis» so Wang.

Detailauswertung im Frühjahr

Die im April bis Mai 2006 durchgeführte Studie des ISPMZ beruht auf der 2003 in ganz Europa durchgeführten «Future Patient» Studie. Sie geht aber darüber hinaus und ist die erste ihrer Art in Europa, die gezielt die Einstellung der Bürgerinnen und Bürger zu Fragen der Gesundheitskompetenz ermittelt. Entsprechend gross ist das Interesse aus anderen Ländern an der vom ISMZ konzipierten Befragung.

«Unsere Studie könnte als Modell für ähnliche Studien in anderen Ländern dienen», sagt Wang. Dabei kommt ihr die Dreisprachigkeit zu Gute. So konnten die Daten für drei Kulturkreise – den deutschen, den italienischen und den französischen – erhoben werden. Unterschiede lassen sich durchaus ausmachen, so Wang. Genaueres darüber wird aber erst die Detailauswertung zeigen, die auf das kommende Frühjahr geplant ist.