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Um ungefähr ein Grad Celsius hat sich die durchschnittliche Sommertemperatur in den europäischen Alpen seit 1850 erhöht. Die Gletscher in dieser Region haben im gleichen Zeitraum die Hälfte ihrer Fläche verloren. In den letzten zwei Jahrzehnten ging die Erhöhung der Temperatur beschleunigt vor sich und gipfelte im ausserordentlich warmen Sommer 2003.
Wie sich die Klimaveränderung in den nächsten hundert Jahren auswirken könnte, hat Dr. Michael Zemp vom Geographischen Institut der Universität Zürich in einer von der EU finanzierten Studie untersucht, die am 15. Juli in der Zeitschrift «Geophysical Research Letters» erscheint.
Seine Modellierungen am Computer zeigen, dass ein Anstieg der Sommertemperatur um drei Grad die alpinen Gletscher um weitere ungefähr 80 Prozent reduzieren würde. Im Falle eines Anstieges der Sommertemperatur um fünf Grad würden die Alpen praktisch eisfrei werden.
Ein Anstieg der Sommertemperatur um ein bis fünf Grad bis zum Ende des 21. Jahrhunderts ist gemäss dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ein realistisches Szenario. In die Berechnungen muss auch die zukünftige Entwicklung der Niederschlagsmenge einfliessen, da zusätzliches Wasser beziehungsweise vor allem Schneefall die Gletscher auch wieder wachsen lässt.
Das IPCC schätzt, dass sich die Niederschlagsmenge bis Ende des 21. Jahrhunderts im Bereich von minus 20 Prozent bis plus 30 Prozent verändern wird. Für eine Kompensation des Anstieges der mittleren Sommertemperatur um ein Grad bräuchte es eine Zunahme der jährlichen Niederschlagsmenge um etwa 25 Prozent.
«Unsere Studie zeigt, dass unter solchen Szenarien der Temperaturerhöhung die Mehrheit der Alpengletscher in den nächsten Jahrzehnten verschwinden könnte», so Zemp. Bei einem Anstieg der Sommertemperatur von mehr als drei Grad würden nur die grössten Gletscher wie zum Beispiel der Grosse Aletschgletscher und jene in den höchsten Regionen der Alpen bis ins 22. Jahrhundert bestehen bleiben.
«Gerade in den dicht besiedelten Gebirgsregionen wie den Europäischen Alpen müsste man sich deshalb Gedanken machen über die Folgen eines extremen Gletscherschwundes», so Glaziologe Zemp. Auswirkungen erwartet er insbesondere auf den hydrologischen Kreislauf, die Wasserwirtschaft, den Tourismus und das Auftreten von Naturgefahren. So ist etwa damit zu rechnen, dass Bergbäche im Sommer vermehrt trocken sein werden, da die Funktion der Gletscher als Wasserspeicher wegfällt.
Dies wird sich negativ auf die Fischpopulationen auswirken und auch die Betreiber von Wasserkraftwerken wenig erfreuen. Wegfallen dürfte auch das Sommerskifahren. Vor Eislawinen werden sich die Bergbevölkerung und Touristen zwar nicht mehr fürchten müssen, zunehmen dürften dafür Felsstürze und Lawinen an den nun freiliegenden und nicht mehr gestützten Seitenhängen der ehemaligen Gletscher.