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Die Galapagos-Inseln sind für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein ideales Freilandlabor: Da das Archipel vulkanischen Ursprungs niemals eine Landverbindung mit dem Kontinent hatte, konnte sich dort eine eigene Pflanzen- und Tierwelt ansiedeln. Peter und Rosemary Grant forschen seit 1973 auf Daphne, einer kleineren Insel. Ihr Interesse gilt insbesondere der Entstehung neuer Arten und den dabei zu Grunde liegenden Mechanismen.
Für ihre Arbeiten wurden die Grants im Jahre 2005 mit dem hoch dotierten und renommierten Balzan-Preis ausgezeichnet. Entsprechend gross war das Interesse an ihrem Vortrag am vergangenen Freitag in Zürich. Eingeladen wurden sie von mehreren Instituten der Universität Zürich. Professor Heinz-Ulrich Reyer vom Zoologischen Institut der Universität Zürich begrüsste das Forscherpaar: «Die Grants sind nicht nur herausragende Forscher und Pioniere der Wissenschaft», sagte er, «sie sind auch als Paar wegweisend» – hätten sie doch zu einer Zeit eine Doppelkarriere gemacht, als diese Form der Zusammenarbeit noch kaum erprobt war.
Die beiden in Princeton lehrenden Professoren entwickelten Darwins Theorien von der natürlichen Auslese weiter. «Es ist eine grosse Herausforderung aufzuzeigen, warum es auf der Erde so viele Arten gibt», sagte Peter Grant. «Am Beispiel der Darwin-Finken auf Galapagos kann man Grundmuster derartiger Entwicklungen aufzeigen.»
DNA-Untersuchungen hätten belegt, führte Peter Grant aus, dass die insgesamt 14 Finken-Arten auf Galapagos einen einzigen gemeinsamen Vorfahren haben, der vor zwei bis drei Millionen Jahren auf die Galapagos-Inseln gelangt sei. Ziemlich sicher haben die «Ur-Finken» zuerst nur eine Insel besiedelt und sich von dort aus auf dem Archipel ausgebreitet und sich dabei den jeweiligen Umweltbedingungen angepasst. Finken, die auf die Ausgangsinsel zurückkehrten, hatten sich bereits stark verändert und auf einen bestimmten Lebensraum «spezialisiert». Dabei zeigte sich: Je weniger sich die besetzten ökologischen Nischen dabei überlappten, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Hybridisierung der Finken.
Diese Nischenbildung sei eine der treibenden Kräfte bei der Entstehung der verschiedenen Arten. Konkurrenz um den Lebensraum und damit verbunden das unterschiedliche Nahrungsangebot haben die Morphologie des Schnabels der Darwin-Finken stark beeinflusst. Am Boden lebende Finken beispielsweise haben kräftige und dicke Schnäbel, womit sie die grossen Körner, die sie bevorzugen, knacken können. Andere Finken haben schlanke Schnäbel, mit denen sie Insekten oder kleine Samen erbeuten können. Eine besonders makabere Form der Nahrungsbeschaffung konnten die beiden Forscher bei einer weiteren Finkenart entdecken: Diese trinken wie kleine Vampire das Blut von Seevögeln, indem sie mit ihrem langen Schnabel die Haut am Federansatz verletzen.
Die Finken seien zudem einem starken Selektionsdruck durch klimatische Veränderungen ausgesetzt, sagte Peter Grant. In den regnerischen Jahren um 1983, den El-Niño-Jahren, gediehen viele Pflanzen, die kleine Samen hervorbrachten. Stark wachsendes Weinlaub überwucherte die anderen Pflanzen wie zum Beispiel die Kakteen. In trockenen La-Niña-Jahren von 1984 und 1985 führte die Dürre zum Absterben der auf Regen angewiesenen Fauna.
Durch diesen Wechsel der Nahrungsgrundlage änderten sich die Bedingungen der Darwinfinken. Dickschnabelige, auf grosse Samen spezialisierte Vögel überlebten und reproduzierten sich häufiger in La-Niña-Jahren; kleinschnabelige Spezialisten für kleine Samen schnitten in El-Niño-Jahren besser ab.
Rosemary Grant wies auf die Bedeutung des Gesangs für die Arterhaltung hin. «Um die Gesänge voneinander zu unterscheiden, haben wir ihnen Namen gegeben», erzählte Rosemary Grant. «Eines nannten wir das Schweizerlied», weil es sie an die Tonalität des «Schwiizertüütsch» erinnerte – Peter und Rosemary Grant hatten im Jahr 2002 am Zoologischen Institut der Universität Zürich ein Gastsemester verbracht, und der hiesige Dialekt ist ihnen offensichtlich im Ohr geblieben.
Bei den Finken singen nur die männlichen Tiere, der Gesang wird vom Vater zum Sohn weitergegeben und ist artspezifisch. So konnte das Forscherpaar beobachten, dass die Söhne eines Finken, der durch eine Halsverletzung sehr krächzend sang, gleich sangen, obwohl sie nicht verletzt waren.
Durch den Gesang werde sichergestellt, dass sich die Weibchen nur mit Männchen derselben Art paaren – eine der grundlegenden Voraussetzungen dafür, dass eine Art erhalten bleibt und sich gleichzeitig weiterentwickelt.