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In der League of European Research Universities (LERU) sind die führenden Forschungsuniversitäten in Europa zusammengeschlossen. Was bedeutet die Aufnahme in die LERU für die Universität Zürich?
Hans Weder: Zunächst ist es eine Bestätigung für die Leistung, die wir über Jahre und Jahrzehnte erbracht haben. Wir gehören effektiv zu den Top Ten der europäischen Forschungsuniversitäten. Diese Spitzenposition wird mit der Aufnahme in die LERU anerkannt. Dazu muss man wissen, dass die Anfrage von der LERU gekommen ist. Die LERU lädt Universitäten auf Grund von Performance-Messungen auf der Forschungsebene ein. Man kann die Mitgliedschaft nicht beantragen. In diesem Sinne ist die Aufnahme in die LERU eine Anerkennung für unsere Leistungsfähigkeit in der Forschung.
Wird die LERU-Mitgliedschaft konkret spürbar sein? Beispielsweise durch eine verstärkte Zusammenarbeit oder durch Austauschprogramme mit den anderen Universitäten?
Die LERU ist auf verschiedenen Ebenen aktiv. So fördert sie etwa begabte Studierende durch besondere Angebote. Auf einer anderen Ebene unterstützen sich die Universitäten gegenseitig bei der strategischen Entwicklung. Wichtig ist dabei, dass die LERU ein sehr übersichtlicher Zusammenschluss weniger Universitäten ist. Dadurch ist es möglich, konkret an Fragestellungen zu arbeiten. Ich halte das für eine sehr effiziente Form der Zusammenarbeit, wie wir sie auch in unserer Kooperation mit Berlin und Wien pflegen. Im offenen Austausch mit diesen Universitäten können wir gegenseitig sehr viel lernen.
Die Universität Zürich misst sich in der LERU mit einigen der renommiertesten Universitäten Europas wie Oxford, Cambrigde oder dem Karolinska Institut. Ist es eine Herausforderung für Zürich, in diesem Kreis mitzuhalten?
Oxford und Cambridge sind gegenüber den anderen europäischen Universitäten gewiss noch immer ein Stück voraus. Abgesehen von diesen beiden gibt es aber keine grossen Unterschiede zwischen Zürich und den anderen Universitäten der LERU. Man kann zu Universitäts-Rankings stehen, wie man will, aber verschiedene haben in jüngster Zeit gezeigt, dass die Universität Zürich zu den besten 100 Universitäten der Welt gehört. Die Herausforderung besteht darin, an der Spitze zu bleiben. Wir betreiben eine konsequente Exzellenzförderung, die wir weiterführen werden. Was Europa betrifft, habe ich deshalb keine Bedenken, mitzuhalten. Ich habe hier auch grosses Vertrauen in die Forscherinnen und Forscher der Universität Zürich.
Die LERU vertritt konkrete politische Ziele, insbesondere die Stärkung der Grundlagenforschung auf europäischer Ebene. Weshalb ist es für die Universität Zürich wichtig, hier mitzumachen?
Die LERU rückt die Bedeutung der Forschungsuniversitäten ins politische Bewusstsein. Grundlagenforschung, wie sie an den Universitäten betrieben wird, ist ein gewichtiger Standortfaktor für Europa. Mit den bilateralen Verträgen sind die Schweizer Hochschulen den EU-Universitäten in den europäischen Forschungsprogrammen gleichgestellt. Deshalb müssen sich auch die Schweizer Universitäten an der europäischen Forschungspolitik beteiligen. Wir wollen Einfluss nehmen, welche Art von Forschung betrieben und gefördert wird. Wenn wir unsere Vorstellungen gemeinsam mit den renommiertesten Universitäten Europas zur Sprache bringen, hat dies umso mehr Gewicht.
Die LERU ortet in der Grundlagenforschung einen deutlichen Rückstand Europas auf die USA. Sehen Sie dies auch so?
In absoluten Zahlen gemessen, besteht dieser Unterschied sicherlich. Betrachtet man aber die Forschungsleistung pro Kopf der Bevölkerung, kann sich Europa durchaus sehen lassen. Insbesondere die Schweiz steht in dieser Beziehung sehr gut da. Wir sind – pro Kopf der Bevölkerung betrachtet – weltweit an erster Stelle in der naturwissenschaftlichen und medizinischen Forschung. Dennoch ist die Konkurrenz der amerikanischen Universitäten gross, gerade auch, was die finanziellen Möglichkeiten betrifft.
Nicht zuletzt setzt sich die LERU für eine Aufstockung der finanziellen Mittel in der EU-Grundlagenforschung ein. Kann auch die Universität Zürich von solchen EU-Geldern profitieren?
Die Schweizer Universitäten können gleichberechtigt an den EU-Programmen teilnehmen, sie können Projekte eingeben oder Leading House in Programmen werden. Die Schweiz beteiligt sich mit erheblichen Beiträgen an den EU-Forschungsprogrammen. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass diese Gelder auch wieder in den Forschungsplatz Schweiz zurückfliessen. Das Ziel der Rektorenkonferenz ist es, 120% dessen, was die Schweiz zahlt, als Forschungsgelder wieder in die Schweiz zu holen.
Wie sieht es mit der Grundlagenforschung auf nationaler Ebene aus? Braucht es auch in der Schweiz mehr politischen Druck für eine verstärkte Forschungsförderung?
Das braucht es auf jeden Fall. Die Grundlagenforschung muss in der Schweiz noch entschiedener gefördert werden. Die Ausgaben für den tertiären Sektor, inklusive Fachhochschulen, sind gemessen am Bruttosozialprodukt noch immer verhältnismässig bescheiden, gerade im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Finnland oder Norwegen. In der Rektorenkonferenz herrscht Einigkeit darüber, dass die Grundlagenforschung auf hohem Niveau ein Entwicklungsschwerpunkt der Universitäten sein muss. Die meisten Fachleute sind sich in diesem Punkt einig. Schwierig wird es aber bei der Umsetzung, denn das kostet natürlich Geld.
Die Universität Zürich hält in ihren strategischen Zielen fest, dass Forschung und Lehre gleichgestellt sind. Bedeutet die LERU-Mitgliedschaft nun, dass die Forschung doch stärker gewichtet wird? Wie sieht es mit der Lehre aus?
Mit dem Bekenntnis, Forschung und Lehre gleich zu werten, ist es uns sehr ernst, denn Forschung und Lehre hängen elementar zusammen: Nur bei guten Betreuungsverhältnissen bleibt den Dozierenden genügend Zeit für ihre Forschung. Nur eine gute Lehre bringt motivierten Nachwuchs für die Forschung hervor. Und umgekehrt ist eine qualitativ hoch stehende Lehre nur vor dem Hintergrund dieser Forschung möglich. Deshalb ist es wichtig, Forschung und Lehre gleich entschlossen zu fördern. In den vergangenen vier bis fünf Jahren haben wir sehr grosse Anstrengungen unternommen, um die Betreuungsverhältnisse zu verbessern. Hier haben wir Fortschritte erzielt. Die Evaluation der Lehrveranstaltungen zeigt, dass die Studierenden die Dozierenden mehrheitlich gut bis sehr gut bewerten. Das ist nun aber kein Grund, die Hände in den Schoss zu legen, sondern Ansporn, das Angebot noch weiter zu verbessern.