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Eigentlich ist es durch viele Studien erwiesen: Je grösser das Gehirn, desto erfolgreicher behauptet sich eine Kreatur in der freien Wildbahn. Im Laufe der Evolution hat sich die Gehirnmasse von Mensch und Tier denn auch sukzessive vergrössert. Doch es gibt auch Ausnahmen. Die Fledermaus zum Beispiel. Ein grosses Gehirn aufzubauen und zu «unterhalten», braucht nämlich viel Energie, die Stoffwechselkosten sind hoch. Stimmt das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen nicht, vermuteten die Zoologen Kamran Safi, Marc A. Seid und Dina K.N. Dechmann von der Universität Zürich, könne sich unter Umständen auch ein kleineres Gehirn durchsetzen. Der Vorteil, die metabolischen Kosten gesenkt zu haben, müsse einfach den Nachteil aufwiegen, neuronale Kapazität verloren zu haben.
Bei den Fledermäusen konnten die Zoologen ihre These verifizieren. Sie untersuchten 104 Spezies aus 13 Familien. Und kamen zum Schluss, dass es Arten gibt, die beim Fliegen auf Geschwindigkeit setzen, dafür ein kleineres Gehirn besitzen, und solche, die weniger schnell, dafür beweglicher manövrieren und ein grösseres Gehirn entwickelt haben.
Fledermäuse eignen sich bestens für die Erforschung der Gehirngrösse, da sie unter höchstem Selektionsdruck stehen, was ihren Energiehaushalt anbelangt. Die Art und Weise, wie sie sich fortbewegen, kostet sie viel Power. Wie bei anderen Flugtieren auch, widerspiegelt die Flügelgrösse ihre fliegerischen Fähigkeiten. Spezies, die ihr Futter über offenem Feld jagen, müssen schnell fliegen können und haben kleine, schmale Flügel im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht; sie sind weniger wendig und können weniger gut manövrieren, dafür brauchen sie weniger Energie beim Fliegen – und sie haben ein kleineres Gehirn. Den umgekehrten Fall gibt es ebenfalls: Fledermäuse, die in engen Lebensräumen jagen; sie haben breite und lange Flügel, die sie ausserordentlich wendig machen, was aber hohe energetische Kosten mit sich zieht – sie haben ein grösseres Gehirn.
Die Studie zeige, so die Zoologen der Universität Zürich, dass beides – grosses und kleineres Gehirn – unter bestimmten Umständen richtig und wichtig sei. Entsprechend sollte die Wissenschaft ihr Augenmerk nicht nur auf das wachsende Gehirn legen, betonen die Forscher in der neusten Ausgabe von «Biology Letters», die ihre Untersuchung vorstellt.