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Handystrahlen: Mehr als ein reiner Temperatureffekt?

Grenzwerte für elektromagnetische Strahlung, wie sie Mobiltelefone produzieren, beruhen auf deren thermischer Wirkung. Ein Forschungsteam von der Universität Zürich und der Forschungsstiftung IT'IS hat nun herausgefunden, dass Handystrahlung auch auf andere Weise biologische Strukturen beeinflussen kann: Bei Untersuchungen der Gehirnaktivität fanden sie Unterschiede abhängig von der Modulation des Signals.
Felix Straumann

Elektromagnetische Felder, wie sie der Mobilfunk verwendet, können die Gehirnaktivität beeinflussen. Viele Forscher gingen bislang davon aus, dass dieser Einfluss ein reiner Temperatureffekt ist: Moleküle im Körper nehmen die Energie der Strahlen auf, geraten in Bewegung und erzeugen dadurch Wärme. Je höher die Intensitätder Strahlung, desto grösser der Effekt. Von dieser Beziehung gehen auch die heute üblichen Grenzwerte für elektromagnetische Strahlen aus.

Peter Achermann vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Zürich hat nun zusammen mit Forschungskolleginnen und -kollegen festgestellt, dass nicht nur die Intensität der Strahlung wichtig ist, sondern auch deren Modulation, die zur Übertragung der Information verwendet wird. Das überraschende Resultat wurde in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift «European Journal of Neuroscience» veröffentlicht.

Die Forscher verglichen den Einfluss von Strahlen aus Handys mit denjenigen von Mobilfunk-Basisstationen. In der Versuchsanordnung hatten die beiden Strahlungsarten die gleiche durchschnittliche Intensität und unterschieden sich jedoch in ihrer Modulation. Strahlung von Mobiltelefonen ist stärker moduliert und hat deshalb grössere Intensitätsschwankungen als bei Basisstationen.

Die Versuchsanordnung, die in der Studie angewandt wurde.

Zwölf junge Männer wurden während dreissig Minuten der Strahlung ausgesetzt oder scheinexponiert (keine Strahlung). Anschliessend massen die Zürcher Forscher mittels Positron-Emmissions-Tomographie (PET) die Gehirnaktivität dreimal, im Abstand von 10 Minuten. Eine Messung dauerte jeweils eine Minute, während derer die Versuchspersonen stumm und langsam von eins bis sechzig zählen mussten. «Damit verhinderten wir, dass unterschiedliche Hirnaktivitäten entstanden, weil die eine Person am letzten Abend herumstudiert, während die andere sich auf das Essen freut», so Achermann.

Bei den Versuchen mit stark modulierter Handystrahlung fanden die Forscher im Gehirn der Versuchspersonen eine erhöhte Aktivität in der Hirnrinde, im Bereich des Arbeitsgedächtnisses. Bei der weniger modulierten Strahlung der Basisstationen trat kein Effekt auf. Wäre ausschliesslich die abgestrahlte Energie verantwortlich für die Aktivität, dannhätten bei beiden Signalen die gleichen Effekte auftreten müssen. «Wir hatten dieses Ergebnis ursprünglich nicht erwartet», sagt Achermann. «Es deckt sich jedoch mit früheren Experimenten, bei denen wir mit konstanten Feldern ohne Modulation keinen Effekt feststellen konnten.»

Peter Achermann vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie.

Wieso dieser Unterschied auftritt, wissen die Forscher der Universität Zürich nicht. Die Wirkungsmechanismen sind unbekannt. Deshalb sind auch die Konsequenzen der Resultate für die Gesundheit unklar. Achermann betont zudem: «Die Versuchsanordnung ist eine künstliche Situation. Die Signale der Basisstation sind normalerweise viel schwächer als die der Handys.»

Neben der aktuell publizierten Arbeit verfolgt man am Institut für Pharmakologie und Toxikologie die Problematik der Handystrahlung auch in weiteren Projekten. In einer längeren Studie untersuchten Achermann und weitere Forschende von der Universität Zürich und Bern sowie der Forschungsstiftung IT'IS den Einfluss von UMTS Radiofrequenz Feldern auf das Wohlbefinden, Gedächtnisleistung und Reaktionszeit bei selbst deklarierten elektrosensiblen und nicht-elektrosensiblen Personen. Heute Abend, dem 31. März, berichtet die Wissenschaftssendung «Menschen Technik Wissenschaft» des Schweizer Fernsehens in einem Beitrag über den Ablauf und die Zielsetzung des Projekts. (DieSendung kann nachträglich unter www.mtw.changeschaut werden.)

Dass Forschung zu Handystrahlung aktueller denn je ist, zeigt auch das vom Bundesrat vor rund zwei Wochen lancierte neue Nationale Forschungsprogramm. Mit einem Budget von insgesamt fünf Millionen Franken soll das Thema «Nichtionisierende Strahlung; Umwelt und Gesundheit» während der kommenden vier Jahre wissenschaftlich untersucht werden.

Felix Straumann ist Mitarbeiter von unicom und freier Wissenschaftsjournalist.

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