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Herzchirurgen transplantieren nicht nur Herzen – sehr viel häufiger legen sie Bypässe oder ersetzen defekte Herzklappen. Fast immer müssen sie dabei den Brustkorb öffnen und natürlich auch wieder verschliessen. DieseVerschlusstechnik ist seit dreissig Jahren unverändert: Nach der Operation fügt der Chirurg das in der Mitte durchgesägte Brustbein mit vier bis fünf Drahtknoten, so genannten Cerclagen, wieder zusammen. Diese Drähte bleiben lebenslang im Körper.
So einfach wie es tönt, ist es allerdings nicht: Herzpatienten sind im Durchschnitt älter als früher, viele haben Übergewicht, Diabetes oder ihre Lunge ist vom Rauchen geschädigt. Dadurch dauert die Operation länger, das Risiko von Infekten und Wundheilungsstörungen steigt. Zudem ist das Brustbein älterer Patienten oft instabil.
«Ein bis drei Prozent aller Operierten», sagt Jürg Grünenfelder,Oberarzt an der Klinik für Herz- und Gefässchirurgie des Universitätsspitals, «erleiden eine Komplikation. Oft muss der Brustkorb nochmals geöffnet werden, und statt ein paar Tage müssen die Patienten Wochen oder gar Monate im Spital bleiben.» Bei weltweit rund einer Million Herzoperationen pro Jahr entstehen so Leiden, aber auch enorme Mehrkosten.
Für Risikopatienten braucht es also eine Alternative zum jetzigen Verschlusssystem. «Die Vorgabe an uns war, ein System zu entwickeln, das der Herzchirurg ohne lange Gebrauchsanweisung anbringen kann», sagt Achim Häussler, Mitglied der Forschungsgruppe Gefässchirurgie.
Dieses System hat die Aufgabe, das Brustbein sicher zu stabilisieren; zudem muss es bei Komplikationen schnell geöffnet werden können. Der Patient soll dieses sterile Gerät während der ganzen Wundheilungszeit tragen, ohne von ihm behindert zu werden.
Eine dreiköpfige Gruppe – neben Jürg Grünenfelder und Achim Häussler gehört ihr auch André Plass an – entwickelte Ideen und Konzepte. Inspirationsquelle für die drei Herzchirurgen waren unter anderem externe Plattensysteme, mit denen Unfallchirurgen gebrochene Gliedmassen wieder zusammenfügen.
«Unser Fixateur externe», erklärt Achim Häussler, «besteht aus einer Platte mit fünf Pinpaaren.» Das sind hohle Stäbchen, die vom Winkel her stufenlos verstellbar sind und so bereits eine gewisse Kompression aufs Brustbein erlauben. Durch diese Stäbchenpaare wird ein ultradünnes Drahtkabel geführt, das u-förmig ums Brustbein gelegt wird.
Im Unterschied zum jetzigen System versenkt man aber die Drahtenden nicht mehr im Körper, sondern führt sie nach aussen. So können die Chirurgen die Kompression auf den Brustbeinspalt extern steuern. Zudem ist das System bei Komplikationen rasch entfernbar. «Der Wundheilungsprozess», sagt Jürg Grünenfelder, «wird so auch bei gefährdeten Patienten gewährleistet.»
Den drei Zürcher Forschern ist damit eine Weltneuheit gelungen – nun muss sie vermarktet werden. «Als nächsten Schritt», sagt André Plass, «suchten wir einen Kooperationspartner und kamen auf Synthes-Stratec, eine renommierte Schweizer Firma im Bereich der Osteosynthese.» Bevor die Forscher ihr Konzept offen legten, unterzeichneten beide Partner ein so genanntes Confidentiality Agreement.
Den rechtlichen Beistand dazu leistete Unitectra, die Technologietransferstelleder Universität, welche Forschenden kostenlos Unterstützung beim Aushandeln von Forschungsverträgen und bei der Verwertung von geistigem Eigentum bietet.
Inzwischen entwickelte Synthes-Stratec den ersten Prototypen. Versuche am Tiermodell zeigten sehr gute Resultate. Jetzt testen die Forscher den zweiten Prototypen. «Wir sind auf gutem Weg», sagt Achim Häussler. Bis Ende Jahr soll das neue Fixationssystem den ersten Patienten im Rahmen von Studien eingesetzt werden.
Kontakt: jurg.grunenfelder@usz.ch