Navigation auf uzh.ch
Der 5. Zürcher Gerontologietag des Zentrums für Gerontologie (ZfG) der Universität Zürich bot Forschenden sowie Praktikerinnen und Praktikern aus der Altersarbeit einen Einblick in die Entstehung von Evaluationen.
Dr. Thomas Widmer vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich definierte Evaluationen als «wissenschaftliche Dienstleistungen, die sich mit der systematischen und transparenten Bewertung eines Gegenstandes befassen». Da es um eine «Bewertung» gehe, sei eine gründliche Diskussion der zugrunde liegenden Werte und Ziele wichtig – was oft vernachlässigt werde. Zweierlei Wissen sei zudem für die Erstellung einer Evaluation nötig: einerseits Fachwissen über das zu untersuchende Gebiet und andererseits Evaluationswissen: «In der Praxis ziehen die Evaluatoren meist Fachpersonen bei, die nicht am untersuchten Projekt beteiligt sind.» Eigentliche Standards, die bei Evaluationen beachtet werden sollten, hat die Schweizerische Evaluationsgesellschaft definiert .
Was in der Praxis alles evaluiert wird, davon berichtete Kurt Meier als Direktor der Pflegezentren der Stadt Zürich. Gegenwärtige Evaluationen untersuchen zum Beispiel Konzepte für die Pflege dementer Menschen, Gesprächsrunden für Angehörige und die Freiwilligenarbeit auf ihre Wirkungen. Evaluationen werden gemäss Meier gemacht, um «treffsichere Entscheidungsgrundlagen» zu erhalten, ein Thema zu vertiefen oder überhaupt erst «Licht ins Dunkel zu bringen». Manchmal sind es auch handfeste Verbesserungen, die daraus resultieren. So wurden nach einem EMPA-Test zum Rollwiderstand verschiedener Bodenbeläge gewisse Teppiche ausgewechselt.
Nicht immer folgen einer Evaluation aber Massnahmen. Zu reden gaben am Gerontologietag daher auch politische Fragen. «Was nützt eine Evaluation, wenn in der Politik ja doch nur gespart wird?», wurde aus dem Publikum kritisiert. «Es gibt verschiedene Arten, zu sparen. Vielleicht kann eine Evaluation auch ein Mittel sein, um klug zu sparen», antwortete Politikwissenschafter Widmer. Klar wurde an der Tagung aber auch, dass es sich nicht alle Angebote in der Altersarbeit überhaupt leisten können, evaluiert zu werden.
Als «gesundheitsökonomisch höchst relevant» bezeichnete Prof. Martin Hautzinger vom Psychologischen Institut der Universität Tübingen die Evaluation von Psychotherapie. Sein Institut untersuchte die kognitive Verhaltenstherapie auf der geriatrischen Station eines Psychiatrischen Krankenhauses. Die Gruppentherapie erwies sich als wirksamer als die auf der Station sonst übliche Behandlung oder Einzeltherapie.
Verschiedene Evaluationsprojekte aus der Altersarbeit wurden auch am Nachmittag des Gerontologietages vorgestellt. Die Palette reichte von der Wirksamkeit von Gedächtnistraining und Programmen der Gesundheitsförderung bis zu Vorbereitungskursen auf die Pensionierung.
Abgerundet wurde der Gerontologietag mit der Verleihung des Vontobel-Preises für Altersforschung. Mit diesem von der Familien-Vontobel-Stiftung mit jährlich 30`000 Fr. dotierten Preis werden Nachwuchsforschende gefördert. 19 Arbeiten waren eingereicht worden, je zwei wurden mit dem ersten und zweiten Preis ausgezeichnet. Je einen ersten Preis erhielten Ph.D. Paolo Ghisletta vom interfakultären Zentrum für Gerontologie der Universität Genf und Dr. Daniel Zimprich von der Abteilung Gerontopsychologie der Universität Zürich.
Ghisletta wurde ausgezeichnet für eine Arbeit über die Entwicklung kognitiver Kompetenzen über die Lebenszeit. Er zeigte, dass die biologisch bedingte Abnahme basaler kognitiver Fähigkeiten im Alter auch einen hemmenden Einfluss auf höherekognitive Fähigkeiten etwa im Bereich des Wissenserwerbs ausübt. Die Arbeit von Zimprich widmete sich dem Realitätsbezug der Klagen älterer Menschen hinsichtlich kognitiver Einbussen. Die Arbeit konnte zeigen, dass die Selbst-Expertise der Betroffenen nicht zu unterschätzen ist.
Je ein zweiter Preis wurde an die Pflegewissenschafterin Evelyn Huber vom Kompetenzzentrum für die Begleitung, Betreuung und Pflege älterer Menschen (Stiftung Diakoniewerk Neumünster) sowie an Prof. Andreas Papassotiropoulos von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich verliehen. Huber beschrieb in ihrer Arbeit Bewältigungsmodelle von Frauen im Umgang mit chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates. Papassotiropoulos gelang der Nachweis, dass das Cholesterin-Stoffwechsel-Enzym CYP46 das Krankheitsrisiko für Alzheimer beeinflusst.