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unipublic: In den letzten Jahren verabschiedeten Forschende in Budapest und Berlin Deklarationen, in denen sie den uneingeschränkten Zugang zu wissenschaftlichemWissen fordern. Wie steht die Universität Zürich dazu?
Alexander Borbély: Es geht uns nicht darum, eine der Erklärungen ebenfalls zu unterschreiben, auch wenn wir an der Universität über die Inhalte diskutieren. Die Universität Zürich unterstützt generell die Bemühungen, die in Richtung Open Access gehen.
Wie sieht die Unterstützung konkret aus?
Im Ausland, etwa in Deutschland oder in Skandinavien, ist in letzter Zeit zum Thema Open Access sehr viel in Bewegung geraten. Wir hatten den Eindruck, dass man das in der Schweiz nicht recht wahrnimmt. Deshalb hat die Universität Zürich gewissermassen die Vorreiterrolle unter den Schweizer Universitäten übernommen und bereits ein paar Events dazu durchgeführt. Ein weiterer Schritt ist das im Oktober anstehende Symposium, das wir zusammen mit der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften organisieren. Wir wollen damit Schweiz-weit informieren und die Diskussion darüber anregen, ob wir uns gesamtschweizerisch in Richtung Open Access bewegen sollen - wovon wir übrigens überzeugt sind. Ausserdem ermöglicht die Universität Zürich ihren Forschenden in einer Reihe von Open Access-Journals, kostenlos zu publizieren. Denn man darf nicht aus den Augen verlieren, dass finanzielle Aspekte auch weiterhin eine Rolle spielen, wenn auch in viel geringerem Ausmass. Beim Open Access müssen die Publikationskosten für Peer Reviewing und Redaktion gezahlt werden. Es gibt hier bereits kommerzielle Open Access-Verlage wie BMC im Biomedizinbereich, die den Universitäten eine Art Abonnement anbieten. Auch die Universität Zürich hat eines für ihre Forschenden erworben.
Weshalb ist Open Access überhaupt notwendig, würde ein Verbund unter den Universitäten undForschungseinrichtungen nicht dasselbe leisten?
Die Publikationen müssen durch ein Peer Review gehen, damit sie akzeptiert werden. Und dieses Peer Reviewing ist stark an Zeitschriften gebunden. Es ist auch weiterhin als Qualitätsabsicherung unerlässlich. Universitäten können das nicht leisten. Der Weg geht also weiterhin über Peer Reviews, der Zugang indessen soll gratis sein.
Was hat das gegenwärtig starke Interesse an Open Access ausgelöst?
Die Preise für die Zeitschriftenabos sind in astronomische Höhen geschnellt. Die Universitätsbibliotheken können sich das einfach nicht mehr leisten. Und jede Universität muss das ganze Sortiment abonnieren, wo es doch sinnvoller wäre, sich die Abos zu teilen. Da legen die Verlage jedoch einschränkende Bestimmungen fest. Das grosse Interesse hängt vor allem mit den neuen Möglichkeiten des Internets zusammen. Plötzlich kann man relativ einfach mit geringen Kosten publizieren. Gleichzeitig sind die Erwartungen an die Publikationsgeschwindigkeit gestiegen; früher musste man sehr lange warten, bis etwas veröffentlicht wurde. Ein schönes Beispiel liefert hier die Genomforschung. Schon seit zehn Jahren werden neue Erkenntnisse über die Kartografie von Genen allgemein zugänglich gemacht. Das kommt den Forschenden direkt zugute. Durch die offene Zusammenarbeit übers Internet wurde die Genkarte des Menschen überhaupt erst möglich. Forschungsresultate werden immer mehr Allgemeingut, weil die Forschenden davon profitieren.
Rennen die Open Access-Befürworter/innen nicht überall offene Türen ein?
Es gibt noch Widerstände, hauptsächlich von seiten der Verlage, die natürlich kein Interesse an der kostenlosen Publikation von wissenschaftlichen Artikeln haben. Auch müssen die Forschenden die Open Access-Journals als Publikationsform erst einmal akzeptieren. Nach wie vor ist für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Veröffentlichung in renommierten Print-Zeitschriften wegen der Impact Factors sehr erstrebenswert. Allerdings gibt es inzwischen auch für die Open Access-Zeitschriften solche Impact Factors. Die Umstellung wird noch eine gewisse Zeit brauchen.
Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis das Publikationsmonopol der gedruckten Wissenschaftszeitschriften gebrochen ist?
Nicht nur. Viele Forscherinnen und Forscher sind sich des Problems noch gar nicht bewusst. Diese müssen erst einmal sensibilisiert werden. Desgleichen die grossen Stiftungen, wie der Schweizerische Nationalfonds, oder auch die Universitäten, die etwas Zeit brauchen, um auf ein neues System umzustellen. Ein wichtiger Impuls für die Open Access-Diskussion könnte in nächster Zeit von den USA ausgehen. Die meisten Forschungsvorhaben werden dort durch Grants des National Institute of Health finanziert. Ein Gremium im Repräsentantenhaus fordert nun im Namen der Steuerzahler,dass die Forschungsergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden. Wenn solch eine wichtige Institution wie das NIH in den USA Open Access-Publikationen zur Bedingung macht, dann wird das eine kräftige Signalwirkung auf Europa haben.
Muss man nicht befürchten, dass wenn jede und jeder sich die wissenschaftlichen Studien unvermittelt im Internet anschauen kann, sich falsche Informationen und Halbwissen unter Laien verbreiten?
Auch jetzt schon holen sich Laien, gerade im medizinischen Bereich, alle möglichen Informationen aus dem Netz. Die wissenschaftlichen Artikel bieten aber auf jeden Fall seriöses Wissen. So gesehen geht von den wissenschaftlichen Artikeln im Netz viel weniger Gefahr aus. Allerdings ist die Fachsprache für Laien oft nicht verständlich.
Was meinen Sie, wann werden sich Open Access-Journals durchgesetzt haben?