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Bewegungsapparat

Wenn vor lauter Stress der Rücken schmerzt

Es müssen nicht Fabrik oder Baustelle sein, auch administrative Arbeiten schädigen immer häufiger den Bewegungsapparat, vor allem wenn das Arbeitsumfeld stressig ist. An der 5. Premus-Konferenz, die noch bis Donnerstag dauert, diskutieren internationale Fachleute mit Praktikern über die heutigen arbeitsassoziierten Beschwerden des Bewegungsapparats. unipublic hat den Mitorganisator der Premus-Konferenz, Dr. Andreas Klippstein, befragt, weshalb so häufig der Rücken schmerzt.
Interview: Brigitte Blöchlinger

Rückenschmerzen beziehungsweise Kreuzschmerzensind gemäss Bundesamt für Statistik nebst Kopfschmerzen die meistgenannten Beschwerden in der schweizerischen Bevölkerung. Jede zehnte Person klagte in der Befragung von 1997 über starke Schmerzen in der Rücken- oder Kreuzgegend in den vergangenen vier Wochen.

Die Premus-Konferenz beschäftigt sich mit der Prävention arbeitsassoziierter Beschwerden des Bewegungsapparats. Welches sind die Schwerpunkte der jetzt stattfindenden 5-tägigen Konferenz?

Dieses Mal wollen wir vor allem auf die Mechanismen hinweisen, wie Beschwerden entstehen. In den neunziger Jahren hat man das Problem hauptsächlich epidemiologisch angeschaut – wo und wie häufig gibt es Beschwerden und wie ist der natürliche Verlauf. Nun beobachten wir eine Bewegung in die andere Richtung: dass man wieder die Entstehung anschaut und sich fragt, wie man das Problem beeinflussen kann und welche vorbeugenden und heilenden Massnahmen nötig sind. Krankheiten, die gehäuft bei bestimmten Arbeitsverrichtungen und in spezifischen Arbeitsumgebungen auftreten, nehmen heute einen höheren Stellenwert ein. Für diese möchten wir neue Strategien der Vorbeugung und Behandlung erarbeiten.

Neben den Wissenschaftlern nehmen auch Praktiker an der Premus-Tagung teil. Aus welchen Bereichen stammen sie?

Wir sprechen Therapeuten und Ärzte aus der Rehabilitation an. Aber auch Fachkräfte aus dem Human-Ressource-Bereich, Gesundheits- und Sicherheitsexperten sowie Versicherungsleute.

Nicht nur körperliche Schwerarbeit, auch administrative Arbeiten in einem stressgeplagten Umfeld führen immer häufiger zu Rückenproblemen.

Kann man eine Verschiebung der Problemzonen im Bewegungsapparat konstatieren?

Die Leute haben nicht einfach mehr Beschwerden als früher. Aber die Konsequenzen sind grösser. Die Einschränkungen kommen schneller, zum Beispiel auch der Arbeitsfähigkeit. Es gibt heute ganze Arbeitszweige, die gehäuft über störende Beschwerden klagen, in Bereichen, wo man es gar nicht erwarten würde, nämlich in der Administration. Da spielen nicht mehr nur die falsche Tischhöhe oder der ungesunde Stuhl eine Rolle, vielmehr geben häufig psychosoziale Probleme den Ausschlag, dass jemand erkrankt. Meistens kommen dabei mehrere Faktoren zusammen. Eine belastende Arbeitsumgebung, Stress am Arbeitsplatz, ein schlechtes Klima unter den Mitarbeitern, gestörte Kommunikation untereinander können sich irgendwann auch körperlich niederschlagen. Das Problem hat sich verlagert im Vergleich zu früher, damals waren die klassischen Überbelastungen in der Industrie häufig, heute sind es eher psychosoziale Belastungen.

Was schmerzt denn am häufigsten?

Der Rücken ist immer noch am häufigsten betroffen, damit verbunden der Nacken. Aber auch Kopfschmerzen und Sehstörungen können Ausdruck sein von Arbeitsbelastungen.

Weshalb schlagen Arbeitsbelastungen denn gerne auf den Rücken? Der Zusammenhang ist ja nicht gerade offensichtlich.

Ein Mechanismus besteht darin, dass sich die Muskulatur unter Stress stärker anspannt und schliesslich verspannt. Ein anderer negativer Impuls kann vom Nervensystem, das auf Stress ebenfalls reagiert, ausgehen. Und als drittes muss man die veränderten Lebensgewohnheiten erwähnen: Wer ein Schmerzproblem hat, zieht sich eher zurück; wenn die Work-Life-Balance nicht stimmt, die Erholungsphase fehlt, schleichen sich körperliche Beschwerden ein. Manche kommen auch von der Arbeitsbelastung in angespannte familiäre Situationen und können sich zu Hause nicht richtig erholen oder haben weder Zeit noch Energie für Sport.

Brigitte Blöchlinger ist unipublic-Redaktorin und Journalistin BR.

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