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Weltweit leiden heute acht bis zehn Millionen Menschen an Alzheimer. Alzheimer ist damit eine der häufigsten Hirnerkrankungen. Einer der Gründe, weshalb diese Krankheit so verbreitet ist, liegt darin, dass die Lebenserwartung in der westlichen Gesellschaft dramatisch gestiegen ist. 5 Prozent der Menschen über 65 weisen die für Alzheimer-Patienten und -Patientinnen typischen Ablagerungen des Amyloid-Beta-Proteins im Gehirn auf. Die Ablagerungen, auch Plaques genannt, entstehen, wenn aus dem Amyloid-Vorläufer-Protein (APP) Amyloid-Beta-Protein produziert wird.
Das Projekt der Neurowissenschaftlerin Dr. Rime Madani basiert auf der Hypothese, dass Alzheimer nicht mit der Produktion von Amyloid-Beta-Plaques zusammenhängt, sondern aufgrund mangelnder Beseitigung oder eines ungenügenden Abbaus des Proteins entsteht. Bis vor kurzem wurde angenommen, dass Amyloid-Beta-Plaques unlöslich sind. Moleküle, die solche unlöslichen Plaques spalten konnten, waren unbekannt. Zurzeit widerlegen einige internationale Gruppen dieses Dogma. Mit Zellkultur-Studien zeigen sie, dass Amyloid-Beta durch Zugabe von spezifischen Enzymen, sogenannten Proteasen, abgebaut werden können. Ausserdem sterben in diesen Zellkulturen weniger Nervenzellen ab. Im Jahr 2002 stellten Rime Madani und ihre Kollegen die These auf, dass Proteasen die Amyloid-Beta-Plaques auch in lebenden Organismen spalten können.
Während ihrer Dissertation hat Madani bei der Beschreibung der Produktion der Protease tPA im Gehirn mitgearbeitet. 1993 stellte sie eine transgene Maus her, die diese Protease in grossen Mengen produziert. Um die komplexe Funktion des Nervensystems experimentell zu untersuchen, ist die Arbeit mit transgenen Mäusen unvermeidlich. Madani hat ihre transgenen Mäuse mit anderen transgenen Mäusen, die ein mutiertes Amyloid-Vorläufer-Protein besitzen, gekreuzt.
Im Gehirn dieser Tiere bilden sich Amyloid-Beta-Plaques, die der Plaques eines Alzheimer-Patienten sehr ähnlich sind. Erwartet wird, dass die zweifach mutierten Mäuse dank einer besseren Beseitigung durch tPA weniger Amyloid-Beta-Plaques bilden, weniger sterbende Nervenzellen vorweisen und deshalb in den Verhaltenstests besser abschneiden.
Zurzeit werden vier verschiedene Gruppen untersucht: nicht mutierte Mäuse, einfach mutierte APP-Mäuse, einfach mutierte tPA-Mäuse und zweifach mutierte Mäuse. Um das Gedächtnis der Mäuse zu untersuchen, wird der «Morris Watermaze»-Test angewendet. Anhand von Kennzeichen, die im Raum verteilt sind, müssen Mäuse in einem Wassertank mit milchigem Wasser eine Plattform finden. Indem die Position der Plattform verändert wird, kann man das Gedächtnis der Tiere testen.
Erste Resultate zeigen, dass die zweifach mutierten Mäuse nicht so gut lernen können wie die nicht mutierten Mäuse, aber sie lernen besser als die einfach mutierten Tiere. Obwohl die Unterschiede klein sind, machen sie Madani Mut, weiter zu forschen. Mäuse, die Amyloid-Beta-Plaques aufweisen, zeigen ein mit dem Alter zusammenhängendes Gedächtnisdefizit: Junge Tiere sind nicht beeinträchtigt, während Tiere, die älter sind als ein Jahr, Lerndefizite aufweisen.
Ein wichtiges Ziel des Projekts ist es, die Lerndefizite mit zunehmendem Alter zu verfolgen. Zurzeit werden die Tiere mit zwei, sechs, neun und dreizehn Monaten getestet. In Zukunft möchte Madani die Verhaltensleistungen der Tiere wöchentlich oder sogar täglich analysieren. Sie verwendet dazu den «Intellicage», einen Käfig, der mit einem mit Software verbundenen automatischen Gerät ausgestattet ist.
Die Lernkapazität der Mäuse wird analysiert, indem die Tiere in den Ecken des Käfigs entweder belohnt oder bestraft werden. Sensitive Detektoren nehmen die Bewegungen der Tiere in den Käfigen wahr. Sobald Madanis Käfige bereit sind, wird ihre Forschungsgruppe die transgenen «Alzheimer»- Mäuse während eines Jahres testen.
Der Forschungskredit der Universität Zürich hat es Rime Madani ermöglicht, zwei Studenten und einen Postdoc in ihrem Projekt aufzunehmen. Die Neurowissenschaftlerin betont, dass essehr wichtig ist, dass junge Wissenschaftler in ihrer Karriere unterstützt und durch ein wissenschaftliches Umfeld stimuliert werden.