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Be-es-ce-was?

Zu Semesterbeginn Literaturlisten auslegen, vor Referaten Handouts verteilen oder Seminararbeiten zur Korrektur an die Dozentin senden und wieder zurück an die Studentin geben - das Studieren und Unterrichten hat seine mühseligen Seiten. Am Ethnologischen Seminar sann man auf Abhilfe und setzte auf das Internet. Sechster Beitrag des Dossiers «E-Learning».
Werner M. Egli

Es könnte so einfach sein: Als Dozent stelle ich meine Unterlagen den Seminarteilnehmenden auf meiner Homepage zum Download zur Verfügung und füge Hinweise zu deren Bearbeitung hinzu. Als Student schicke ich meine Hausarbeiten an meine Kommilitonen oder gebe die Adresse einer nützlichen Website an den gesamten Kurs weiter. Hört sich simpel an, aber der Teufel liegt einmal mehr im Detail. Nicht alle Lehrenden beherrschen HTML, die Sprache des Internet. Und ebenso sind (noch) nicht alle Studierenden erfahren genug, das Internet für Lernzwecke effizient zu nutzen. Schliesslich gibt es Situationen, in denen es aus didaktischer sinnvoll und auch aus rechtlicher Sicht empfehlenswert ist, nur bestimmten Personen den Zugriff auf Dokumente zu ermöglichen. Das Ethnologische Seminar Zürich (ESZ) suchte nach einer Lösung und fand diese in Form von BSCW.

BSCW ist die Abkürzung für Basic Support for Cooperative Work. Der Name umschreibt das Ziel: Als internetbasierte Anwendung soll es die Zusammenarbeit in Gruppen unterstützen. Eine persönliche E-Mail-Adresse, ein Internetzugang und ein Browser reichen, um Informationen aller Art und in jedem Format zu sammeln, zu ordnen und zu verteilen.

Schon die einfache Möglichkeit, Lehrmaterialien einer Gruppe von Lernenden zur Verfügung zu stellen, ist ein Gewinn für alle Beteiligten. Studierende können schon vor einer Einführungsveranstaltung mit hin- und weiterführenden Texten versorgt werden. Bilder, die in der Vorlesung zur Veranschaulichung dienen, lassen sich zuhause in Ruhe betrachten. Interaktive Tests geben den Lernenden die Chance, die Fachterminologie einzuüben oder ihr Verständnis eines Textes zu überprüfen.

Besonders die themenorientierte Kommunikation profitiert vom BSCW-Einsatz. So müssen nachträgliche Fragen zur Veranstaltung, die für alle von Interesse sind, nicht mehr per E-Mail beantwortet werden, sondern können in einem virtuellen Forum mit allen Teilnehmern diskutiert werden. BSCW lässt sich auch als Mailingliste benutzen, etwa wenn kurzfristig auf eine Programmänderung aufmerksam gemacht werden soll.

Dank BSCW können die Studierenden, die ihr Feldforschungspraktikum an verschiedenen Orten absolvieren, Erfahrungen und Dokumente austauschen und von der Leitung des Praktikums kontinuierlich betreut werden.

Angesichts dieser und vieler weiterer Möglichkeiten, die BSCW bietet,eignet sich die Software sehr gut, Lehrveranstaltungen zu unterstützen. Erleichtert wird dies dadurch, dass BSCW sowohl von Studierenden als auch Dozierenden relativ wenig Computererfahrung erfordert. Natürlich lässt sich die Software auch als virtuelle Plattform für die Zusammenarbeit zwischen Studierenden verwenden, die an einem Feldforschungspraktikum in Nepal teilnehmen, aber auch zwischen Instituten unterschiedlicher Universitäten.

Wenn nicht nur die Unterstützung einzelner, sondern einer Vielzahl von Veranstaltungen eines Instituts angestrebt wird, ist die leichte Handhabbarkeit besonders wichtig.Darum blieb man am Ethnologischen Seminar, wo der BSCW-Einsatz im Herbst 2000 in einem ausgewählten Seminar ausprobiert wurde, auch nach eingehender Evaluation anderer Systeme bei diesem Medium. Heute wird mehr als die Hälfte der über 30 angebotenen Veranstaltungen mit BSCW unterstützt, wobei die Dozierenden BSCW entweder zum Verteilen ihrer Vorlesungsunterlagen oder für Übungen oder gleich als virtuelles Seminar, das eine Präsenzveranstaltung komplementär ergänzt, verwenden.

Die virtuelle Seminarplattform aus der Sicht der Studierenden. Symbole wie Brillen oder Fussspuren weisen darauf hin, ob und was sich in einem Ordner seit dem letzten Besuch getan hat. Auf Wunsch informiert eine E-Mail täglich über Änderungen.

Die virtuelle Seminarplattform aus der Sicht der Studierenden. Symbole wie Brillen oder Fussspuren weisen darauf hin, ob und was sich in einem Ordner seit dem letzten Besuch getan hat. Auf Wunsch informiert eine E-Mail täglich über Änderungen.

Bei aller Benutzerfreundlichkeit von BSCW begegnet man aber bei seinem Einsatz aufInstitutsebene auch einigen Problemen. BSCW eignet sich am besten für die Zusammenarbeit einer Gruppe von zehn bis zwanzig Personen mit klar verteilten Aufgaben und einem relativ homogenen fachlichen Hintergrund. Wichtig ist ausserdem, dass das gemeinsame Arbeitsziel möglichst genau definiert ist, also etwa für die Arbeitsgemeinschaft für Interkulturelle Kommunikation am Ethnologischen Seminar das gemeinsame Verfassen eines Buches.

Die parallele und unterschiedliche Nutzung des Mediums in mehreren Veranstaltungen, die von mehr als 600 Studierenden (Haupt- und Nebenfach) besucht werden, erfordert besondere Massnahmen der Koordination, Einführung und Betreuung. In einer Einführung in zehn Teilgebiete der Ethnologie wurde zur einheitlichen Nutzung von BSCW eigens ein Lernportal entwickelt. Dabei sind es nicht nur die Studierenden, die sich an bestimmte Regeln der Online-Zusammenarbeit halten müssen. Das gleiche gilt natürlich auch für die Dozierenden. Ein wesentliches Kriterium für den erfolgreichen Einsatz einer virtuellen Arbeitsplattform ist, dass sich alle Beteiligten auf einen relativ einheitlichen Einsatz einigen. Andernfalls droht die Gefahr, dass die Studierenden zuerst die Übersicht und dann die Lust verlieren, regelmässig mit BSCW zu arbeiten.

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