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Er habe nie Publizistikwissenschaft studiert, sondern sei ein Praktiker, so Peter Hartmeier zur Begrüssung. Hochkarätig wissenschaftlich waren dafür die Teilnehmenden des Podiumsgespräches, welches er leitete: Institutsleiter Prof. Otfried Jarren mit den IPMZ-Professoren Heinz Bonfadelli, Gabriele Siegert, Frank Marcinkowski und Werner Wirth.
«Wem nützen Sie eigentlich?», lautete die provokative Einstiegsfrage von Hartmeier. Die ebenso provokative Antwort von Frank Marcinkowski: «Das ist eine der dümmsten Fragen, die man überhaupt stellen kann.»
Wenn nämlich umgekehrt gefragt würde, welches denn der Theoriebezug der Praktiker sei, werde diese Frage als Zumutung empfunden. Er wehre sich deshalb auch gegen die Vorstellung, in der Forschung müsse immer und sofort die Praxis im Vordergrund stehen: «Wir haben es bei Praxis und Forschung mit zwei Welten mit ihren eigenen Logiken zu tun. Aber das ist man einfach nicht zu akzeptieren bereit.»
Die Forschung könne neue Gesichtspunkte und Perspektiven aufzeigen und Möglichkeiten vordenken. Die Praxis könne sich diese dann aneignen. «Die Wissenschaft wiederum muss akzeptieren, dass die Praxis mit diesen Kenntnissen macht, was sie will.»
Gabriele Siegert hofft, dass sie als Wissenschafterin primär den Studierenden nützlich ist. Von Interesse könne aber auch Forschung darüber sein, welches die Konsequenzen einer fehlenden oder vorhandenen staatlichen Regulierung des Medienmarktes sind.
Dass die Publizistikwissenschaft von Nutzen sei, diese Ansicht sei in den vergangenen zehn Jahren schon gewachsen, so Heinz Bonfadelli. «Allerdings krankt die Medienpolitik in der Schweiz daran, dass viele Politiker sich für kompetent halten, es ihnen aber an Grundlagenwissen fehlt.»
Bonfadelli bedauerte auch, dass beispielsweise der Tagesanzeiger seine Medienseite abgeschafft hat. Peter Hartmeier konnte nur zustimmen - vermutlich fehlendes Interesse bei der Leserschaft war der Grund zu diesem Schritt.
Hartmeier sieht das «Businessmodell Zeitung» ohnehin in Gefahr, wenn sich etwa in der Deutschschweiz nur noch zwei Zeitungen ein Netz von Auslandkorrespondenten leisten können. «Wie können Sie uns helfen?», fragte er die Wissenschafter.
Die Wissenschaftler hatten durchaus einige Tipps: Die Medien müssten Transparenz schaffen und zeigen, dass gute Qualität auch etwas kostet, so Werner Wirth. Defizite in der Medienbranche sah Otfried Jarren auch beim Qualitätsmanagement und bezüglich Zertifizierungen. Hier gelte es, sich besser zu positionieren.
Dass auch die Medienforschung noch längst nicht alles weiss, wurde nicht verhehlt. «Wir stehen an einem Anfang, verglichen mit Deutschland etwa», meinte Heinz Bonfadelli mit Blick darauf, dass es beispielsweise noch nicht lange möglich ist, Publizistikwissenschaft auch als Hauptfach zu studieren. Die Frage stelle sich auch, wie viel Forschung sich die Gesellschaft überhaupt leisten wolle.
Zu Forschen gibt es auch in Zukunft genug, wie die Frage nach den zukünftigen Forschungsschwerpunkten zeigte: Wohin entwickelt sich die Medienlandschaft und wie lassen sich Prognosen dazu erstellen? Was bedeutet eigentlich der Begriff Mediendemokratie genau? Welche Konsequenzen hat die Werbefinanzierung auf die Medien und welche alternativen Finanzierungsformen gäbe es? Wann kann in der Medienbranche von Innovation die Rede sein und inwiefern ist diese überhaupt notwendig?
Auf eine Frage scheint man schon eine Antwort gefunden zu haben: Warum zieht das Fach so viele Studierende an? Dies sei ein Indikator für die Entwicklung unserer Gesellschaft zu einer Mediengesellschaft, was auch immer unter diesem Begriff zu verstehen sei. Gabriele Siegert: «Wir alle sind umgeben von Kommunikation, da liegt es auf der Hand, dass Menschen mehr wissen wollen über ein Phänomen, von dem sie sich gleichzeitig auch verzaubern lassen.»