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Es gibt idyllischere Gegenden in Zürich als den Milchbuck, wo unzählige Autos, Trams und Busse in alle vier Himmelsrichtungen kurven. Doch inmitten des Verkehrsknotens erhebt sich wie eine ruhige «Insel» der 44 Hektaren grosse Irchel-Park, der den Irchel-Campus der Universität Zürich umschliesst.
Die Parkanlage, die um 1986 von den Landschaftsarchitekten Eduard Neuenschwander und dem Atelier Stern + Partner angelegt worden war, brauchte Jahrzehnte, bis sie sich zu dem natürlich anmutenden Irchelpark entwickelte, wie wir ihn heute kennen und schätzen. Im Laufe der Zeit sind die verschiedenen Biotope – Trockenwiesen, Allmendwiese mit See, Monte Diggelmann, Wäldchen, zwei Bäche, ein Seerosen- und zwei Zoologieteiche und der Reflection Pool – zu einem Naturpark zusammengewachsen.
«Zu Beginn sah der Irchelpark noch gar nicht wie ein Naturpark aus», erinnert sich der emeritierte UZH-Anthropologie-Dozent Thomas Geissmann. Er hat als Student die Anfänge des Parks erlebt, als er beim Umzug des Instituts für Anthropologie auf den Irchel-Campus mithalf. Schon damals faszinierte ihn, wie die unterschiedlichen Pflanzen- und Tierarten in der Parkanlage auftauchten, sich teils etablierten, teils wieder verschwanden. «Biodiversität hat mich schon immer interessiert», erzählt Geissmann. 2011 entschloss er sich – ehrenamtlich neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit zu Menschenaffen –, den Wandel des Irchelparks langfristig fotografisch zu dokumentieren. Zu allen Jahreszeiten zog er mit seiner Kamera los und fotografierte die Pflanzen und Tiere, auf die er bei seinen Streifzügen stiess.
Nach 14 Jahren war es so weit: Geissmanns Fotosammlung von Blütenpflanzen, Moosen, Vogelarten, Säugetieren, Amphibien und Fischen repräsentierten die Biodiversität im «ausgewachsenen» Irchelpark. Und diese ist für die Stadt Zürich überdurchschnittlich hoch. Im Park finden sich mittlerweile gut 500 Pflanzenarten, 86 Moosarten und 12 Säugetierarten, 92 Vogel-, 4 Reptilien-, 5 Amphibien- und 11 Fischarten. Nicht alle haben sich dauerhaft angesiedelt, einige sind Nahrungsgäste, Gelegenheitsbesucher oder Durchzügler.
Auch Arten, die schweizweit gefährdet sind, findet man im Irchelpark, etwa die Gelbe Schwertlilie, die Prachtnelke, die Gewöhnliche Küchenschelle, den Grasfrosch, die Erdkröte, den Feuersalamander, die Kleine Zangelibelle oder die Bauchige Schnauzenschnecke. «Diese vom Aussterben bedrohte Schneckenart hat es sogar geschafft, dass ihr Habitat – die Zoologieteiche zwischen Tierspital und Rechtsmedizinischem Institut –, das einem Neubau weichen muss, an einem anderen Ort neu aufgebaut werden soll», freut sich Geissmann.
Besonders artenreich und damit schützenswert sind die Ufer der Teiche, die beiden Bachläufe, die Riviera-Treppenlandschaft, und die Magerwiese mit Orchideen und Dachsbau am Hang unterhalb des Strickhofs.
Anfang 2023 haben sich Thomas Geissmann und der Botaniker Rolf Rutishauser zusammengetan und 2024 den Landschaftsarchitekten von Grün Stadt Zürich Stefan Hose ins Boot geholt und eine schöne, informative und gut geschriebene Broschüre zur Biodiversität im Irchelpark realisiert. Darin sind sowohl Geissmanns eindrucksvolle Fotografien zu finden als auch Textbeiträge u.a. von Chefgärtner Alain Schneuwly, Moosforscherin Ann-Michelle Hartwig und Nutzungsplaner Christian Saller – letzterer legt in der Publikation auch dar, wie die Biodiversität im Irchelpark trotz der anstehenden Bauprojekte erhalten bleiben soll.
Seit dem Herbstsemester 2023 bietet die Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät der UZH das neue Studienprogramm Biodiversität an. Dass Artenvielfalt auch in nächster Nähe auf dem Campus Irchel zu finden ist und geschützt werden sollte, darauf aufmerksam zu machen liegt den Herausgebern von «Biodiversität im Irchelpark» am Herzen. Denn schliesslich ist die Universität Zürich als international renommierter Forschungsplatz am Standort Irchel «eingebettet in einen Park, dessen erstaunliche Biodiversität auch weiterhin erforscht werden soll», wie sie schreiben.