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Forschende der UZH sind sehr kompetitiv und werden regelmässig mit Fördergeldern der EU bedacht. Auch dieses Jahr haben sich zwei Wissenschaftlerinnen und ein Wissenschaftler mit ihren Projekten bei den prestigeträchtigen Consolidator Grants 2021 des Europäischen Forschungsrates ERC durchgesetzt. Allerdings erhalten die drei UZH-Forschenden, die auf eine sieben- bis zwölfjährige wissenschaftliche Erfolgsbilanz zurückblicken können, ihr Geld nicht mehr direkt von der EU. Da die Schweiz nicht mehr voll assoziiertes Drittland beim «Horizon Europe» Förderprogramm ist, wird der Bund mit einer Übergangsregelung einspringen. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI wird die fast zwei Millionen Euro pro Projekt über fünf Jahre übernehmen.
Ab diesem Jahr können sich keine Forschende von Schweizer Universitäten mehr für Einzelprojekte beim ERC bewerben. Zwar stellt der Schweizer Nationalfonds SNF künftig weitere Fördergelder zur Verfügung – jedoch stehen die Schweizer Forschenden dann nicht mehr im internationalen Wettbewerb. «Das führt zu einem Reputationsproblem für die UZH, weil wir unsere Forschung nicht mehr so gut mit den besten Universitäten in Europa messen und uns vor allem nicht mit ihnen vernetzen können», sagt Michael Schaepman, Rektor der Universität Zürich. «Horizon Europe ist der grösste Forschungsverbund weltweit. Wenn wir in diesem grössten Wettbewerb um Exzellenz nicht mitmachen können, wird uns langfristig die Innovation wegbrechen.» Deshalb muss die Schweiz unbedingt wieder voll assoziiertes Mitglied bei «Horizon Europe» werden, fordert der Rektor.
Dass bei der Ausschreibung 2021 für die Consolidator Grants gleich drei zukunftsträchtige Projekte ausgezeichnet wurden, zeugt von der herausragenden Forschung an der Universität Zürich:
Neurodegenerative Erkrankungen besser verstehen
Die qualitative Biomedizinerin Magdalini Polymenidou möchte die molekularen Grundlagen neurodegenerativer Erkrankungen wie der amyotrophen Lateralsklerose (ALS), die das motorische Nervensystem befällt, und der frontotemporalen Demenz verstehen, eine besondere Form der Demenz, die sich durch Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens äussert. Beide Krankheiten sind bisher unheilbar und verlaufen tödlich. Das Projekt konzentriert sich auf das streng regulierte RNA-bindende Protein TDP-43. Dieses hat entscheidende Funktionen, die bei einer Erkrankung in den Nervenzellen der Patienten gestört sind. Mithilfe von kultivierten neuronalen Netzwerken von betroffenen Patienten will das Team einen multidisziplinären Ansatz anwenden, um die molekularen Schalter im System zu identifizieren.
Hochpräzise neue Technologie des Genom-Editings
Beim zweiten Projekt geht es ebenfalls um neuronale Krankheiten: Gerald Schwank, Professor am Institut für Pharmakologie und Toxikologie, befasst sich mit der Entwicklung von Werkzeugen zum Genom-Editing. In diesem Projekt wird sich sein Team auf die neuartigen Technologien des Base- und Prime-Editings konzentrieren. Im Gegensatz zum CRISPR-Cas-System, das wie eine molekulare Schere funktioniert, können solche Base- und Prime-Editoren den genetischen Code direkt und ohne Erzeugung von DNA-Doppelstrang-Brüchen verändern. Das macht diese Methoden hochpräzise und ideal für die Anwendung bei Patientinnen und Patienten. Dabei wird das Team Proteindesign und Proteinevolution einsetzen, um die Wirksamkeit der Base- und Prime-Editoren zu erhöhen und eine effiziente Applikation in Neuronen des Gehirns zu finden.
Die sozial-kognitive Entwicklung des Menschen entschlüsseln
Die Anthropologin Andrea Migliano befasst sich mit der Frage, welche sozial-kognitiven Entwicklungen allgemein menschliche Merkmale sind und welche auf soziale Kontexte zurückzuführen sind. Über 95 Prozent der Evolutionsgeschichte lebten die Menschen als Jäger und Sammler. Heute gibt es nur noch eine Handvoll dieser Gruppen, die ähnlichen Umweltbelastungen ausgesetzt sind wie unsere Vorfahren. In diesen Populationen herrscht ein extremer Druck zur Zusammenarbeit und zum Teilen. Kinder werden in der Gemeinschaft erzogen, ohne Schulen. Migliano möchte untersuchen, wie sich die kindliche Kognition bei den heutigen Jägern und Sammlern entwickelt. Nur so könne man verstehen, wie vergangene ökologische Bedingungen die bewusste und unbewusste Wahrnehmung oder das Denken von uns allen geprägt haben.