Navigation auf uzh.ch
Wie können wir in der Medizin, der Veterinärmedizin und den Naturwissenschaften den Nachwuchs für akademische Führungspositionen erreichen? Diese Frage stand im Zentrum des Professorinnen-Apéros der Gleichstellungskommission, der nach der Corona-bedingten Pause endlich wieder stattfinden konnte. Der Kreis der Eingeladenen wurde erstmals um die Privatdozentinnen erweitert, die dies durch zahlreiches Erscheinen und eine rege Beteiligung an der Diskussion dankten.
Rektor Michael Schaepman erklärte in seiner Begrüssungsnote, er schätze es sehr, dass der Professorinnen-Apéro Wissenschaftlerinnen aus verschiedenen Disziplinen zusammenbringe, die sich sonst eher selten begegneten.
Anschliessend analysierte die Leiterin der Abteilung Gleichstellung und Diversität, Christiane Löwe, in ihrem Kurzreferat die neusten Berufungszahlen: «Während auf der Stufe der Ordentlichen und Ausserordentlichen Professuren nach wie vor die Männer überwiegen, ist der Anteil der Frauen bei den Assistenzprofessuren ohne Tenure Track sehr hoch», stellte sie fest.
Im Gleichstellungsmonitoring der UZH werden deshalb neu bei den Berufungen auch die Berufungsart und die verschiedenen Stufen des Berufungsverfahrens nach Geschlecht aufgeschlüsselt, wie Christiane Löwe ausführte. Daraus können noch gezieltere Massnahmen zur weiteren Erhöhung des Professorinnen-Anteils auf allen Stufen abgeleitet werden.
Klara Landau, Ärztliche Weiterbildung- und Gleichstellungsbeauftragte im Universitätsspital Zürich, moderierte die Podiumsdiskussion mit Teilnehmenden aus der MeF, VSF und MNF. Ihre Ausgangfragen lauteten: «Wie können wir den Nachwuchs erreichen? Welche Herausforderungen gibt es?»
Das Podium zeigte: Eine der grössten Herausforderung ist die zeitliche Belastung in akademischen Führungspositionen. Barbara Stähli, Leitende Ärztin an der Klinik für Kardiologie, hob die Attraktivität akademischer Führungspositionen hervor, wies zugleich aber auch darauf hin, dass sie ein ausserordentliches Engagement und einen grossen zeitlichen Aufwand erforderten.
In einer akademischen Führungsfunktion kommt vieles zusammen, neben Forschung und Lehre auch administrative Aufgaben. Colin C. Schwarzwald, Direktor des Departements Pferde und der Klinik für Pferdemedizin, sagte, je höher man aufsteige desto höher sei auch die Belastung mit administrativen Aufgaben. Das schrecke viele potenzielle Anwärterinnen und Anwärter ab.
Beatrice Beck Schimmer, Direktorin Universitäre Medizin Zürich, wies darauf hin, dass von Führungspersonen eine permanente zeitliche Verfügbarkeit erwartet werde, was sich beispielsweise in Sitzungsterminen zeige, die aus Vereinbarkeitssicht teilweise ungeeignet seien. «Ich glaube, dass wir das ändern müssen», sagte sie.
Auch Jobsharing kann Belastungen in Führungsfunktionen abmildern. David Scheiner, Leitender Arzt an der Klinik für Gynäkologie, sagte, er habe persönlich damit gute Erfahrungen gemacht. Die Voraussetzungen für das Jobsharing sind aber je nach Institut sehr unterschiedlich, wie die Diskussion auf dem Podium zeigte.
Ein weiterer Aspekt für die Nachwuchsförderung für Führungspositionen ist die Weiterbildung. Klara Landau empfahl eine kompetenzbasierte Weiterbildung. «Engagement in der Weiterbildung wird zuwenig belohnt», sagte sie.
Beatrice Beck Schimmer, Direktorin Universitäre Medizin Zürich, plädierte dafür, bereits im Studium Führungskompetenz-Skills zu vermitteln, um den akademischen Nachwuchs zu ermuntern, Führungspositionen zu übernehmen.
Zudem ging Beck Schimmer auch auf das Bedürfnis nach Sicherheit in der Karriereplanung ein. Sie empfahl, in der Medizin mehr Assistenzprofessuren mit Tenure Track anzubieten. Colin C. Schwarzwald stimmte dem zu, es brauche eine solche «Landeplattform» für den Nachwuchs.
Derselben Meinung waren unter anderem Annelies Zinkernagel, Ordentliche Professorin für Infektiologie und Spitalhygiene an der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene, und Katja Rost, Soziologieprofessorin und Präsidentin der Gleichstellungskommission. Margit Osterloh, emeritierte Professorin für Betriebswirtschaftslehre, wies darauf hin, dass Karrieresicherheit für Frauen besonders wichtig sei.
Andere Voten zielten auf darauf, Hierarchien zu verflachen, um den Einstieg in die akademische Karriere attraktiver zu machen. Sandrine Anne Zweifel, Leitende Ärztin und stellvertretende Klinikdirektorin der Augenklinik, vertrat in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Idee, administrativen Leitungsfunktionen im Rotationsprinzip alle 5 Jahre neu zu vergeben. Weitere Wortmeldungen zu diesem Thema kamen von mehreren Privatdozentinnen.
Auch über Vereinbarkeitsfragen wurde diskutiert. Klara Landau sagte, sie spreche beim Thema Vereinbarkeit bewusst von «Beruf und Privatleben» anstelle von «Beruf und Familie». Damit seien Personen ohne Familie eingeschlossen.
Vize-Rektorin Gabriele Siegert kam in diesem Zusammenhang auf die Arbeitsteilung in Partnerschaften zu sprechen. Sie hob dabei insbesondere die Bedeutung einer frühzeitigen Beratung hervor.
Weitere Themen waren teilzeitarbeitende Männer, die Wirksamkeit eines guten Mentorings, der Aufbau tragfähiger Netzwerke in der Postdoc-Phase sowie die frühe und verbindliche Karriereplanung für Assistenzprofessorinnen.
Der anschliessende Apéro Riche unter freiem Himmel war sehr gut besucht und zeigte – wie zuvor die lebhafte Diskussion – dass der Professorinnen-Apéro an der UZH auch mehr als zwanzig Jahre nach seiner ersten Durchführung ein wichtiger Begegnungsort bleibt. Mit der erstmaligen Einladung der Privatdozentinnen ist er ein anschauliches Beispiel für das Wachstum und die Selbsterneuerung einer Tradition durch Integration.