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Ein Raum ganz in Kupferrot, ein flauschiger Teppich, Glasvitrinen und gedämpftes Licht: In diesem feudalen Umfeld präsentieren das Zoologische und Paläontologische Museum der Universität Zürich, ihre neusten Präziosien. Dabei handelt es sich um eine Retrospektive der speziellen Art. Ausgestellt sind 50 besonders beeindruckende Fossilien – Meisterwerke, welche die Künstlerin Natur in ihrem unterirdischen Atelier in den letzten 550 Millionen Jahren mit Hilfe von Druck und Mineralien erschaffen hat.
Die Schatzkammer, in der die «Masterpieces» gezeigt werden, befindet sich im hinteren Bereich des Erdgeschosses und hebt sich in ihrer Gestaltung deutlich von den übrigen Museumsräumlichkeiten ab. Sie lässt die Besucherinnen und Besucher in eine Welt fossiler Ästhetik eintauchen. Einige der prähistorischen Relikte ähneln in Bronze gegossenen oder in Marmor gehauenen Skulpturen, andere könnten Mosaike, Fresken oder kalligrafische Tuschezeichnungen sein, die auf Stein gepinselt wurden. Schon Platon wusste: «Die schönsten Dinge erschaffen Natur und Zufall.»
Im Gegensatz zu traditionellen paläontologischen Ausstellungen werden die Exponate nicht nach Alter oder Art präsentiert, sondern als Kunstwerke, welche die Phantasie anregen und den ästhetischen Genuss fördern, den man sonst eher in Kunstmuseen erwartet.
«Fossilien üben eine ganz besondere Faszination aus», sagt Ausstellungskurator Dennis Hansen, der die Konzeption und Umsetzung der neuen Schatzkammer begleitete. «Alle diese erstaunlichen Formen waren einst lebende Organismen. Ihre Verwandlung verdanken sie dem zufälligen Zusammentreffen seltener Bedingungen. Als greifbare Überbleibsel einer längst vergangenen Zeit regen sie uns dazu an, über unseren eigenen bescheidenen Platz auf dieser Welt nachzudenken.»
Obwohl es heute selten ist, dass wissenschaftliche Institutionen die Ästhetik ausgestellter Fossilien betonen, ist dieser Ansatz nicht neu. Schon im 16. und 17. Jahrhundert stellten Sammler meisterhafte Gemälde, kunstvolle Schmiedearbeiten und ethnographische Artefakte neben exotischen Pflanzen, konservierten Tieren, Kristallen, Juwelen und kuriosen Steinen aus. Dies tat auch das erste Museum in Zürich: die Kunstkammer der Bürgerbibliothek in der Wasserkirche.
Die neuen Meisterwerke verdanken das Zoologische und Paläontologische Museum Hans-Jakob Siber, Paläontologe und Sammler, der neben Exemplaren von hohem wissenschaftlichem Wert und grosser Seltenheit auch diese ungewöhnlich prachtvollen Fossilien zusammentrug. Lange Zeit in seinem Sauriermuseum Aathal ausgestellt, sind die Meisterwerke nun als Dauerleihgabe ein fester Bestandteil der zoologischen und paläontologischen Dauerausstellung an der Universität Zürich. «Die Eröffnung der Schatzkammer ist die erste von mehreren Neuerungen, die über die kommenden Jahre in den Ausstellungsräumen stattfinden und die Grenzen zwischen den beiden Museen aufweichen sollen», wie Museumsleiterin Isabel Klusman festhält.