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Herr Kleinmann, warum wurde die Personalkommission der UZH neu aufgestellt?
Martin Kleinmann: Früher war eines der Kerngeschäfte der Personalkommission, Personalkonflikte zu schlichten. Eine Erkenntnis im Laufe der Zeit war, dass professionell ausgebildete Fachpersonen solche Aufgaben besser und wahrscheinlich einvernehmlicher lösen können. Deshalb rief die UZH 2019 eine operativ unabhängige Beratungs- und Schlichtungsstelleins Leben, an die sich alle Mitarbeitenden wenden können, die sich im Hinblick auf ihre Arbeit in einer «verstrickten Situationen» befinden. In diesem Zusammenhang stellte sich bereits zuvor die Frage nach der zukünftigen Ausrichtung der Personalkommission. Als Antwort darauf wurde im Rahmen des von der Universitätsleitung 2018 lancierten Projekts «Institutionalisierung der Personalpolitik und -beratung (IPPB)» ein neues Aufgabenprofil für die Kommission entwickelt.
Was ist demnach die Rolle der Personalkommission?
Ihre Kernaufgabe ist es, die Universitätsleitung in personalpolitischen und personalstrategischen Fragen zu beraten. Beispielsweise hat sie das Thema «Wiederanstellung nach Altersrücktritt» diskutiert. Zu solchen personalpolitischen Themen stellt die Kommission Überlegungen an. Sie kann diese intern mit Vertretenden der Abteilungen Personal und Professuren diskutieren. Sie hat keine Entscheidungskompetenz, aber sie kann zuhanden der Universitätsleitung Vorschläge formulieren und Empfehlungen abgeben – was wir zur genanntenThematik auch gemacht haben.
Wie findet die Personalkommission jeweils zu ihrer Position?
Wir sind ein Kompromissorgan: Wir beleuchten die Themen aus unterschiedlichen Perspektiven, sortieren die Argumente und suchen dann gemeinsam nach Lösungen, wie die verschiedenen Interessen am besten zur Deckung gebracht werden können. Wir sind keine Arbeitnehmendenvertretung. Die Organisation der Mitbestimmung ist Sache der Stände bzw. Standesorganisationen, zu denen wir nicht in Konkurrenz treten wollen. Stände können ihre Anliegen direkt an die Universitätsleitung adressieren. Alternativ können sie ihre Anliegen aber auch via Standesdelegierte in die Personalkommission hineintragen.
Worin besteht der Nutzen für die Stände, wenn sie ihre Anliegen in der Kommission diskutieren und reflektieren lassen?
Die Kommission versucht, bestimmte Gruppenanliegen in eine konsensfähige Form zu bringen. Damit steigen die Chancen, dass die Anliegen zumindest teilweise verwirklicht werden.
Dürfen auch Einzelpersonen ihre Anliegen in die Personalkommission einbringen?
Die Personalkommission hat eine integrative Funktion. Wir tragen dazu bei, dass die Gestaltung und Weiterentwicklung einer gemeinsamen Arbeitskultur an der UZH als ein Prozess verläuft, der alle Gruppen einschliesst. Um der komplexen und diversen personellen Zusammensetzung der UZH gerecht werden zu können, braucht die Personalkommission feine Antennen. Insofern ist es nur zu begrüssen, wenn die Mitarbeitenden der UZH – vermittelt über ihre jeweilige Standesvertretung – Themen und Anregungen in die Kommission hineintragen.
Zu beachten ist aber, dass die Personalkommission sich nur mit Themen von allgemeinem Interesse, nicht mit individuellen Anliegen befasst. Wenn jemand zum Beispiel eine Sondergenehmigung für einen Auslandaufenthalt möchte, sind wir dafür nicht zuständig. Hingegen wäre es denkbar, dass wir, wenn der Bedarf besteht, die allgemeinen Konditionen der UZH für Auslandaufenthalte thematisieren.
Seit wann arbeitet die Personalkommission gemäss dem neuen Modell?
Offiziell trat die Geschäftsordnung der Kommission am 1. Februar 2021 in Kraft, nachdem der Regierungsrat die nötigen Änderungen in der Personalverordnung der UZH beschlossen hatte. Der Entwurf für die neue Geschäftsordnung ist schon 2019 von der Universitätsleitung positiv bewertet worden. Seither haben wir uns in unserer inhaltlichen Arbeit dem jetzt gesetzlich verankerten Modell angenähert.
Welche Zusammensetzung der Kommission sieht die neue Geschäftsordnung vor?
In der Kommission sind nach wie vor die Professorenschaft sowie alle Stände mit Ausnahme der Studierenden vertreten. Statt wie bisher zwei Delegierte entsenden die Stände und die Professorenschaft jeweils zukünftig aber nur noch eine Person, dazu kommt je eine Stellvertretung. Neu ist zudem, dass neben der Leiterin der Abteilung Personal, Karin Bertschinger, auch Jörg Kehl als Leiter der Abteilung Professuren dabei ist. Das ist wichtig, weil viele personalpolitische Fragen genau die Schnittstelle von Professorenschaft und den Angehörigen der Stände betreffen.
Welches sind die Ansprechpersonen der Kommission in der Universitätsleitung?
Unsere direkte Ansprechperson in der Universitätsleitung ist Stefan Schnyder, Direktor Finanzen und Personal. Mit ihm finden auch regelmässig konstruktive Gespräche zur Arbeit der Personalkommission statt. Je nach Thema sind bisweilen auch Christian Schwarzenegger, Prorektor Professuren und wissenschaftliche Information, sowie Gabriele Siegert, Prorektorin Lehre und Studium, Ansprechpersonen. Als Präsident der Kommission kann ich zudem bei Bedarf zu den Sitzungen der Universitätsleitung eingeladen werden, wenn personalpolitische Themen traktandiert sind.
Mitglieder der Personalkommission nehmen auch an Sitzungen anderer Arbeitsgruppen teil, zum Beispiel im Projekt «Integriertes HR@UZH». Durch die Mitwirkung in Arbeitsgruppen und Projekten werden Mitglieder der Personalkommission von den Abteilungen Personal bzw. Professuren sehr gut in die personalpolitisch relevanten Entwicklungen der UZH integriert.
Können Sie an einem Beispiel erklären, wie die Kommission arbeitet?
In der Mitarbeitendenbefragung, die 2019 an der UZH durchgeführt wurde, stach die Wahrnehmung einer schlechten Beurteilung des Kinderbetreuungsangebots an der UZH ins Auge. Wir sind in der Personalkommission den Gründen dafür nachgegangen und haben festgestellt, dass die Nutzerinnen und Nutzer durchaus zufrieden mit den Leistungen der Krippen sind. Die schlechten Noten können als Indiz dafür interpretiert werden, dass etliche UZH-Mitarbeitende Schwierigkeiten haben, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen – wovon ja auch das bekannte Phänomen der Leaky Pipelinezeugt: Noch immer verzichten sehr viele talentierte Frauen auch aus familiären Gründen auf eine akademische Karriere.
Was unternimmt die Personalkommission in dieser Frage?
Wir haben uns mit Mitgliedern der Universitätsleitung darauf geeinigt, gemeinsam mit der Abteilung Gleichstellung und Diversität in einem Strategiepapier pragmatische Ideen und Vorschläge zu unterbreiten, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf über die bereits bestehenden Massnahmen hinaus verbessert werden kann. Zum Beispiel überlegen wir, wie Vorgesetzte noch besser dabei unterstützt werden könnten, flexible Lösungen in konkreten Fällen zu finden.
Wie gehen Sie in der Kommission mit Meinungsverschiedenheiten um?
Meinungsverschiedenheiten stehen oft am Ausgangspunkt unserer Arbeit. Es ist ja der Zweck der Kommission, dass wir uns über personalpolitische Themen verständigen, zu denen man unterschiedliche Haltungen haben kann. Zum Beispiel haben wir intensiv darüber nachgedacht, ob und inwiefern es überhaupt eine Aufgabe der UZH ist, die Vereinbarkeit zu fördern. Solche Fragen diskutieren wir, bis wir einen Konsens gefunden haben.
Im Moment fragen sich viele Mitarbeitende der UZH, ob nach Abklingen der Pandemie zumindest zeitweise weiterhin freiwillig im Home-Office gearbeitet werden kann. Wie denkt die Personalkommission darüber?
Die Diskussionen in der Personalkommission sind vertraulich, nur so können wir offen miteinander reden. Die Universitätsleitung hat Karin Bertschinger, die Leiterin der Abteilung Personal, in einem Projekt damit beauftragt, zu prüfen ob an der UZH eine Veränderung der bestehenden Regelungen im Hinblick auf freiwilliges Home-Office sinnvoll und wünschbar ist oder nicht. Personalkommissionsmitglieder sind in dieses Projekt integriert, ebenso Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen ZDU-Abteilungen. Es werden Vorschläge eruiert und aktuelle Entwicklungen beim Kanton, bei Universitäten und Fachhochschulen sowie in der Privatwirtschaft geprüft.
Die Pandemie bietet uns die Chance, sorgfältig und möglichst vorurteilslos darüber nachzudenken, ob bestimmte Änderungen unserer heutigen verschiedenen Arbeitsmodelle sinnvoll sind oder nicht. Der Prozess ist bezogen auf das Ergebnis vollkommen offen. Ich bin gespannt, welcher Vorschlag am Schluss der Universitätsleitung unterbreitet werden wird.
Herr Kleinmann, Sie beschäftigen sich als Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie wissenschaftlich mit Zusammenarbeit, Leistung und Zufriedenheit des Personals in Organisationen. Damit bringen Sie viel Fachwissen in die Personalkommission der UZH ein. Bekommen Sie durch die Kommissionsarbeit auch etwas zurück?
Die Kommissionsarbeit macht mir auf persönlicher Ebene Freude, zudem ist die Auseinandersetzung mit der Personalpolitik der UZH für mich auch in wissenschaftlicher Hinsicht interessant. Es fasziniert mich, aus nächster Nähe zu beobachten, wie an der UZH Personalpolitik gestaltet werden kann. Die UZH ist eine anspruchsvolle Organisation mit vielen Besonderheiten.
Worin bestehen diese Besonderheiten?
Das Personal der UZH ist, wie an allen Universitäten, sehr heterogen zusammengesetzt. Die Verwaltung der Universität funktioniert ganz anders als der akademische Bereich, der seinerseits aus unterschiedlichen Gruppen mit sehr spezifischen Arbeits- und Anstellungsbedingungen besteht. Die Angehörigen des wissenschaftlichen Nachwuchses beispielsweise werden in aller Regel mit dem erklärten Ziel eingestellt, sie nach einer gewissen Zeit wieder zu verlieren, damit sie sich anderswo weiter professionalisieren können. Eine weitere Besonderheit der Universität ist, dass sie mit den Professorinnen und Professoren über Führungskräfte verfügt, die über viel Autonomie verfügen und selbst nur wenig geführt werden.
Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil?
Autonomie ist für die Wissenschaft von essenzieller Bedeutung. Sie birgt aber auch Risiken, zumal im Hinblick auf die Arbeitsorganisation. So kann es zum Beispiel sehr lange dauern, bis nächsthöhere Vorgesetzte von Konflikten erfahren und einschreiten können.
Wie lässt sich dieser Nachteil ausgleichen?
Indem man Führung zum Thema macht und Führungskompetenzen fördert. Professorinnen und Professoren werden wegen ihres hervorragenden Leistungsausweises in Forschung und Lehre eingestellt. Aber natürlich müssen sie auch ein Team führen können. Darauf wird jetzt bei der Anstellung mehr geachtet als früher. Auch das Weiterbildungsangebot für die Vermittlung von Führungskompetenzen wurde deutlich ausgebaut. Als Anhaltspunkt für die Verständigung darüber, was gute Führung ausmacht, hat die UZH zudem vor drei Jahren Führungsgrundsätzeformuliert. Es ist wichtig, das Thema «Führung» an der UZH immer wieder bewusst anzusprechen. Dazu leistet auch die Personalkommission einen Beitrag.