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Wer sozial benachteiligt oder aufgrund seiner Gruppenzugehörigkeit diskriminiert wird, schliesst sich häufig mit anderen benachteiligten Personen zusammen, um gemeinsam für mehr Rechte kämpfen. Prominente Beispiele solcher politischen Engagements sind die Frauen-, die Black-Lives-Matter- oder die LGBTIQ-Bewegung. Welche Rolle dabei soziale Kontakte zu Personen spielen, die nicht dieselben Benachteiligungen erleben, haben Tabea Hässler und Johannes Ullrich von der Universität Zürich zusammen mit 41 anderen Forschenden aus 23 Ländern in einer Befragung mit 11'000 Teilnehmenden untersucht.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Menschen stärker gegen Ungleichheit einsetzen, wenn sie über Gruppengrenzen hinweg miteinander in Kontakt stehen. Dabei spielt es jedoch eine Rolle, wie die Interaktionen erlebt und wie die Ungerechtigkeiten dabei wahrgenommen werden: Haben gesellschaftlich benachteiligte Menschen einfach nur einen angenehmen, positive Austausch mit Menschen, die selbst nicht auf die gleiche Weise diskriminiert werden, engagieren sie sich tendenziell sogar weniger für soziale Gerechtigkeit und die eigene Besserstellung. «Sie bekommen das trügerische Gefühl, dass die eigene Gruppe nicht mehr so stark unter Diskriminierung leidet», erklärt Studien-Erstautorin Tabea Hässler das Phänomen. «Es ist daher wichtig, dass soziale Ungleichheiten und Diskriminierungen innerhalb der Kontakte aktiv angesprochen und benannt werden.»
Dies bestätigte sich in der Studie: Hatten soziale Minderheiten das Gefühl, dass sie von der Mehrheit eine Stimme erhalten, setzten sie sich stärker für soziale Gerechtigkeit ein. «In der Forschung bezeichnen wir dies als Empowerment», sagt Johannes Ullrich, UZH-Professor für Sozialpsychologie. «Damit meinen wir, dass benachteiligten Menschen auch wirklich aktiv zugehört wird, wenn sie zum Beispiel über Diskriminierung und Benachteiligungen sprechen.»
Gleichzeitig konnte das Forschungsteam zeigen, dass sich Angehörige von Mehrheiten stärker für soziale Gerechtigkeit einsetzten, wenn sie sich im Kontakt mit den Minderheiten akzeptiert fühlten und nicht als voreingenommen angesehen wurden.
In ihrer Studie haben die Forschenden über 11'000 Personen befragt und eine Vielzahl von Gruppenkonstellationen untersucht, darunter zum Beispiel heterosexuelle Personen und Mitglieder von geschlechtlichen oder sexuellen Minderheiten, Migrantinnen und Migranten sowie ihre jeweilige Aufnahmegesellschaften, aber auch indigene Gruppen und religiöse Minderheiten. In allen Fällen wirkte sich Empowerment der Minderheit positiv auf deren Bereitschaft aus, sich für die eigene Gruppe zu engagieren.
«Insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass Kontakt über die Gruppengrenzen hinweg den sozialen Wandel begünstigt, wenn dabei die jeweils gruppenspezifischen Bedürfnisse erfüllt werden», so Ulrich.
Tabea Hässler, Johannes Ullrich et al. Needs satisfaction in intergroup contact: A multi-national study of pathways toward social change. Journal of Personality and Social Psychology. June 2021. DOI: 10.1037/pspi0000365