Navigation auf uzh.ch
Lorenz Hilty: Wir müssen die Digitalisierung gezielt einsetzen, um Materialflüsse und nicht Menschen zu überwachen. Und wir müssen das Material, das wir der Natur entnehmen, möglichst lange in der Technosphäre halten und nutzen, anstatt es immer schneller in Abfall zu verwandeln und als Schadstoff in die Ökosysteme zurückzuleiten. Meine Zukunftsvision ist die digitale Kreislaufwirtschaft, nicht die digitale Diktatur.
Erfreulicherweise sehr relevante Themen wie Gesundheit, Bildung, Mobilität, Umwelt, Energie, Demokratie. Das zeigt, dass die Digitalisierung nicht Selbstzweck ist, sondern eine Aushandlung der Zwecke erfordert. Von der UZH wird Juristin Aurelia Tamò-Larrieux, Fellow der Digital Society Initiative der UZH, über Roboter und Recht referieren, Burçu Demiray vom Psychologischen Institut der UZH wird über eine Fernunterricht-Plattform für Seniorinnen und Senioren sprechen und ich werde erläutern, wie wir die Digitalisierung nachhaltig nutzen können.
Leider setzen wir heute unsere raffiniertesten Algorithmen dazu ein, das Verhalten von Menschen zu beobachten, um sie beispielsweise zu mehr Konsum anzuregen. Damit beschleunigen und steigern wir nahezu alles, was bereits in die falsche Richtung läuft. Aber sobald es um einen Richtungswechsel geht, wie zum Beispiel die rasche Abkehr von fossilen Brennstoffen oder einen grundlegenden Wandel der Nahrungsmittelproduktion, wird digitale Technologie nur zögerlich eingesetzt.
Eine gerade publizierte Studie für Swisscom und Swisscleantech, die wir gemeinsam mit meiner früheren Abteilung «Technologie und Gesellschaft» der Empa durchgeführt haben, zeigt unter anderem Potenziale für Smart Farming. In der Landwirtschaft können solarbetriebene Roboter, die Unkraut erkennen, den Einsatz von Herbiziden reduzieren, was Grundwasser und Biodiversität schützt. Oder ein Smart Grid, ein intelligentes Stromnetz, kann effizienter mit dezentralen Formen der Stromerzeugung und damit auch mit erneuerbaren Energiequellen besser umgehen.
Auffallend ist tatsächlich, dass es plötzlich möglich war, Büroarbeit aus dem Home Office zu erledigen und ohne Flugreisen auszukommen. Schon lange vor der Pandemie wurde Videoconferencing als Alternative zu Flugreisen propagiert, und doch hatte sich seither der Flugverkehr weltweit mehr als verdoppelt. Es musste eine Pandemie kommen, um den Trend zu brechen!
Ich kann aus Klimaschutzgründen nur hoffen, dass man nicht wieder in die alten Muster zurückfällt, wenn die Pandemie überwunden ist. Ein einziger Flug von Zürich nach New York und zurück verursacht über zwei Tonnen Treibhausgas-Emissionen pro Person. Das Doppelte der Jahresration, die sich ein Mensch leisten kann, wenn wir die Erde auf Dauer bewohnbar halten wollen.
Das fällt nicht in mein Fachgebiet. Ich habe aber in der Lehre und in Sitzungen beobachtet, dass der virtuelle Kontakt auch Vorteile haben kann, weil er das Vordergründige des direkten Kontakts etwas zurückschraubt. Sitzungen verlaufen sachbezogener und sind schneller zu Ende. Manchmal finde ich die differenzierteren Argumente und die leiseren Stimmen in virtuellen Meetings oder im Chat.