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Das Coronavirus hat die Welt aus den Fugen gebracht. Vieles, was uns selbstverständlich erschien, wird in Frage gestellt. Der unscheinbare Keim ist eine existenzielle Bedrohung für uns geworden – für Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft. Die Welt befindet sind im Krisenmodus. Im Dossier des UZH Magazin wird die aktuelle Krise nicht nur als Störung und Bedrohung des Bewährten und Bekannten betrachtet, sondern auch als Wendepunkt. Wir stehen vor der Frage: Wie weiter? Was können wir aus Krisen wie der aktuellen lernen?
Im Gespräch mit Forschenden der UZH haben sich drei Themen herauskristallisiert: Resilienz, Zusammenarbeit und Neues lernen.
Die Krise stellt unsere Widerstandsfähigkeit auf die Probe, individuell und als Gemeinschaft. Die Psychologin Ulrike Ehlert und der Theologe Thomas Schlag wissen, was uns in solchen Momenten stark macht. Zu den persönlichen Energiequellen gehören Optimismus, Selbstwirksamkeit, Glaube und Spiritualität. Sie helfen uns, Widrigkeiten besser zu bewältigen. Voraussetzung dafür ist die radikale Akzeptanz der Probleme. Wir müssen uns Schwierigkeiten stellen und einen Umgang damit finden.
Wie wir gerade sehen, können auch Staaten und Gesellschaften mehr oder weniger krisenresistent sein. Besser durch die Krise kommen Länder, die gut organisiert sind und über leistungsfähige Sozialwerke verfügen, die die Menschen unterstützen, wie beispielsweise die Schweiz oder Deutschland. «Unsere sozialen Institutionen kosten etwas», sagt der Historiker Matthieu Leimgruber, «doch sie befreien die Menschen vor der Angst um die Zukunft.»
Eine Pandemie lässt sich nur erfolgreich bewältigen, wenn alle zusammenspannen, Politik, Forschung und Gesellschaft. Bisher fällt hier die Bilanz durchzogen aus. Forschende aus aller Welt arbeiten momentan in bisher noch nie gekanntem Ausmass zusammen, um das Virus zu erforschen, Behandlungsmethoden zu verbessern und einen Impfstoff zu entwickeln. Das ist erfreulich. Auch gesellschaftlich betrachtet, waren wir bisher erstaunlich solidarisch, obwohl das nicht selbstverständlich ist. Denn solidarisch zu sein, ist kognitiv anspruchsvoll, sagt der Psychologe Johannes Ullrich, und es widerspricht unserer Neigung zum Eigennutz.
Schlechte Noten hingegen bekommt die internationale Zusammenarbeit der Politik. Die meisten Staaten setzen bei der Krisenbewältigung weitgehend auf nationale Alleingänge. Dabei lässt sich eine globale Pandemie nur gemeinsam bekämpfen. Das wäre etwa die Aufgabe der Weltgesundheitsorganisation WHO. Diese bemüht sich redlich, doch sie wird zum Teil gezielt geschwächt, etwa wenn die USA den Geldhahn zudrehen.
Schliesslich verpflichtet uns die Corona Krise dazu, Neues zu lernen. Das gilt zuerst für die Biologie des Virus und seine Wirkung. Dies wurde bei vergangenen Pandemien wie etwa Sars 2003 zu wenig getan, kritisiert der Epidemiologe Milo Puhan, «diese Informationen fehlen uns heute». Puhan leitet eine grosse Studie, die die Ausbreitung des Coronavirus in der Schweiz untersucht und wichtige Informationen für den Ausstieg aus dem Lockdown liefern soll.
Zu den Lehren der Corona-Pandemie gehört nicht zuletzt, dass wir uns in Zukunft mehr Gedanken über die Zukunft machen sollten. Konkret müssen wir Szenarien für künftige Krisen entwickeln und Massnahmen dagegen. «Vielleicht braucht es einen Stab von Science-Fiction-Autoren», sagt der Ökonom Joachim Voth, «die darüber nachdenken, was in Zukunft alles passieren könnte.»