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Rund ein Drittel der Weltbevölkerung trägt den Parasiten Toxoplasma gondii in sich, der Menschen mit einem geschwächten Immunsystem gefährdet und Fehlbildungen im Mutterleib auslösen kann. Der einzellige Krankheitserreger sorgt auch für wirtschaftliche Verluste in der Landwirtschaft: Eine Toxoplasmose erhöht beispielsweise bei Schafen das Risiko für eine Fehlgeburt.
Der Parasit hat einen komplexen Lebenszyklus und befällt fast alle warmblütigen Lebewesen wie etwa wildlebende Nager und Vögel. Die Einschleusung in Nutztiere und dadurch in den Menschen erfolgt hauptsächlich über Katzen. Nur in diesem Hauptwirt bilden sich Eizellen, die schliesslich über den Kot in einer verkapselten Form (Oozysten) in die Umwelt und von dort aus in die Nahrungskette gelangen.
«Wenn es uns gelingt, die Produktion dieser Oozysten zu verhindern, könnten wir das Auftreten von Toxoplasmose in Mensch und Tier reduzieren», sagt Adrian Hehl, Professor für Parasitologie und Prodekan Forschung und Nachwuchsförderung der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich. Mit seiner Arbeitsgruppe hat er nun eine Methode entwickelt, die einen solchen Eingriff möglich macht.
In früheren Arbeiten konnte das Team bereits mehrere Gene identifizieren, die für die Bildung der Oozysten verantwortlich sind. Dies ermöglicht die Entwicklung eines Lebendimpfstoffs gegen Toxoplasmose: Mit Hilfe der Genschere CRISPR-Cas9 können die Forschenden diese essenziellen Gene ausschalten und mit diesen so veränderten Parasiten Katzen infizieren bzw. impfen. Diese Erreger produzieren keine infektiösen Oozysten, schützen aber die Katze vor natürlicher Ansteckung mit Toxoplasmose aus der Wildbahn.
Für die Herstellung der unfruchtbaren Parasiten wurde die Genschere CRISPR-Cas9 verwendet. Damit lässt sich zwar das Erbgut präzise modifizieren, doch je nach Protokoll kann die üblicherweise verwendete Methode auch Nachteile haben: Es können sich Fehler und unbeabsichtigte genetische Veränderungen einschleichen. Die Arbeitsgruppe um Hehl berichtet nun, dass sich in Toxoplasma solche unerwünschten Nebeneffekte durch den Einsatz einer abgewandelten Technik vermeiden lassen.
Für die Genom-Editierung mit CRISPR-Cas9 schleusen Wissenschaftler für gewöhnlich ein ringförmiges Stück DNA – ein sogenanntes Plasmid – in die Zelle ein. Dieses enthält alle Informationen für die Herstellung der Genschere sowie der Elemente, die die gewünschte Stelle im Erbgut erkennen. Somit produziert die Zelle sämtliche Komponenten der Genschere selbst. Allerdings verbleibt das Plasmid danach in der Zelle und kann weitere ungeplante genetische Veränderungen auslösen.
Die von den Zürchern verwendete Methode funktioniert anders: Sie bauen die vorprogrammierte Genschere ausserhalb der Zelle zusammen und schleusen sie dann direkt in den Parasiten ein. Nach der Bearbeitung des Erbguts werden die Komponenten sehr rasch vollständig abgebaut – zurück bleibt nur der gewünschte Schnitt.
«Unser Ansatz ist nicht nur effizienter, schneller und kostengünstiger als herkömmliche Methoden, sondern führt auch zu einer Veränderung der genomischen Sequenz des Parasiten, ohne Spuren in den Zellen zu hinterlassen», so Hehl. «So kann man heute experimentelle Lebendvakzine ohne Plasmide oder den Einbau von Resistenzgenen herstellen.»
Angesichts dieser Ergebnisse hinterfragt Hehl das Vorhaben der Bundesregierung, die Genom-Editierung mit CRISPR-Cas9 unter das bestehende Gentechnikgesetz (und das bis 2025 verlängerte Moratorium) zu stellen: «Unsere Methode ist ein Beispiel dafür, wie sich diese neue Technologie von den konventionellen Ansätzen der Gentechnik unterscheidet.» Die Inaktivierung eines Gens lasse sich nun bewerkstelligen, ohne Spuren im Erbgut zu hinterlassen und unterscheide sich so nicht von natürlich auftretenden Mutationen. Im Gegensatz zu vielen anderen umstrittenen Anwendungen von Gentechnik betrifft dieses Verfahren auch nicht die Herstellung von Lebensmitteln und stellt somit keinen direkten Eingriff in die Nahrungskette dar.
Literatur:
Rahel R. Winiger and Adrian B. Hehl. A streamlined CRISPR/Cas9 approach for fast genome editing in Toxoplasma gondii and Besnoitia besnoiti. Journal of Biological Methods. December 2020. DOI: 10.14440/jbm.2020.343