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Frau Siegert, die Räumlichkeiten der UZH stehen fast schlagartig leer, Mitarbeitende und Studierende lernen, lehren, forschen und arbeiten von zuhause aus – und organisieren ihren Alltag neu. Das ist eine drastische Umstellung in kürzester Zeit. Wie ist sie bis jetzt gelungen?
Gabriele Siegert: Gelungen ist aus meiner Sicht, dass viele UZH-Angehörige speditiv und konstruktiv mitgezogen haben, die Mitarbeitenden, die Dozierenden und die Studierenden. Nicht alles lässt sich von einem Tag auf den anderen umstellen, einiges braucht Zeit. Bisher haben wir uns gut an die Herausforderungen in dieser aussergewöhnlichen Lage anpassen können.
Haben Sie Ihr Home-Office auch schon bezogen?
Wie die meisten wissenschaftlich Tätigen habe ich ja schon immer auch ein Büro zu Hause, insofern musste ich das nicht einrichten. Aber auch ich habe sozusagen technisch aufgerüstet, habe jetzt Microsoft Teams im Einsatz und telefoniere mehr als zuvor. Heute Freitag, 20.3.20, ist aber tatsächlich mein erster wirklicher Home-Office Tag. Und es ist schon gewöhnungsbedürftig. Meine Agenda wird ja von Sitzungen und Gesprächen getrieben und einige davon fallen ganz aus, einige sind, weil virtuell, kürzer, manches läuft mit Zirkularbeschlüssen. So entfällt zum Beispiel auch Reisezeit nach Bern. Ich bin aber auch froh um diese Zeit, denn es fallen viele zusätzliche Aufgaben an.
Wie arbeitet die Universitätsleitung aktuell zusammen, und was steht zuoberst auf der Prioritätenliste?
Thematisch beschäftigt uns natürlich, wie wir UZH-Angehörige in der aktuellen Lage am besten schützen und den Studierenden zugleich einen regulären Abschluss des Semesters ermöglichen können. Uns so zu organisieren, dass notwendige Arbeiten möglichst von zuhause aus erledigt werden können, ist ein Kraftakt. Ich bedanke mich deshalb bei all den Personen, die mithelfen, das konkret umzusetzen. Insbesondere beim UZH-Krisenstab, der in den letzten Wochen Unglaubliches geleistet hat. Wir sind aber auch mitten in der aktuellen Entwicklungs- und Finanzplanung. Und trotz der aussergewöhnlichen Lage müssen auch diese Prozesse weiterlaufen und diese Themen weiterbearbeitet werden.
Die Universitätsleitungssitzungen finden wie immer an den Dienstagen statt, allerdings weitgehend virtuell über Microsoft Teams. Ein «Kern», bestehend aus der Generalsekretärin, dem Protokollanten und mir, wird aber physisch im Orellisaal anwesend sein. So entlasten wir etwas das System. Wir haben dann aber viel Abstand zueinander.
Die Lage hinsichtlich Corona hat sich in den letzten Tagen in der Schweiz und anderswo ständig verändert. Müssen die UZH-Angehörigen auch in der kommenden Zeit damit rechnen, dass neue Regelungen getroffen werden?
Natürlich muss sich die UZH an die Vorgaben des Bundesrats halten, insofern müssen wir uns darauf einstellen, bestehende Regelungen gegebenenfalls nochmals zu verschärfen. Wir werden zudem verschiedene bestehende Regelungen präzisieren, um auch Mitarbeitenden und Studierenden mehr Orientierung geben zu können. Wir hoffen jedoch auch, dass wir in einigen Wochen den Betrieb wieder hochfahren können.
Bis auf Weiteres läuft der Betrieb der UZH mit minimaler Präsenz. Wer arbeitet momentan noch an der UZH?
Grundsätzlich gilt Home-Office. Natürlich gibt es Ausnahmen – zum Beispiel für Dozierende, die Podcasts aufnehmen oder Mitarbeitende, die zwingend vor Ort sein müssen, um die Infrastruktur und den Betrieb aufrechtzuerhalten. Diese Ausnahmeregelungen müssen mit den Vorgesetzten geklärt werden.
Ist die UZH unter den gegebenen Bedingungen minimaler Präsenz in der Lage, die für den Betrieb nötigen Services zu erbringen?
Ich bin sicher, dass wir das schaffen. Derzeit werden unglaubliche Leistungen erbracht, um die nötigen Umstellungen bei laufendem Betrieb zu gewährleisten. Denken Sie nur an die Dekanate und Studiendekanate, an die Betriebsdienste, die Hörsaaldisposition, die IT und Multimedia- und E-Learning Services und viele andere mehr.
Die gewohnten Studienabläufe sind empfindlich gestört, die Studierenden müssen anders als gewohnt lernen. Ist das Ziel immer noch, dass die Studierenden das Semester regulär abschliessen können?
Ja, das bleibt Ziel, und dieses Ziel müssen wir erreichen. Das ist mehr als herausfordernd für alle Beteiligten. Die Studierenden müssen anders lernen, können nicht einfach in der Vorlesung fragen, müssen sich auch selbst organisieren, um am Stoff dranzubleiben. Zusammen mit den anderen Massnahmen, die das öffentliche Leben einschränken, fällt die Tagesstruktur weitgehend weg. Home-Office hat ja auch etwas Verführerisches, man könnte geneigt sein, doch mal erst einen Kaffee zu trinken und nicht die Veranstaltung online zu besuchen. Wenn man das zu oft macht, gerät man schnell ins Hintertreffen. Selbstdisziplin und -organisation ist hier gefragt.
Manche Studierende wägen zurzeit ab, ob sie angefangene Module bis zum Ende weiterstudieren oder angesichts der gegebenen Umstände stornieren sollen. Was raten Sie Ihnen?
Ich würde unsicheren Studierenden empfehlen, mit der Stornierung von Modulen jetzt noch zu warten und auszuprobieren, wie sie ohne Präsenzunterricht mit dem Stoff zurechtkommen. Fast bin ich geneigt zu sagen: Man kann aktuell ohnehin nicht viel anderes machen als konzentriert zu studieren – das öffentliche Leben steht ja still.
Zudem würde ich abwarten bis die Dozierenden genau geklärt haben, wie der Leistungsnachweis aussieht. Auf dieser Basis würde ich entscheiden, ob ich ein Modul stornieren will, was dann ohnehin erst im Mai gehen wird. Wir diskutieren zudem intensiv mit den Fakultäten über optimale Lösungen für die Studierenden. Mein Appell an die Studierenden ist: Bitte nicht zu früh aufgeben!
Viele Studierende engagieren sich für gemeinnützige Zwecke, helfen zum Beispiel älteren Menschen oder Familien mit Kindern. Medizinstudierende und Spitalsoldaten leisten Unterstützung in den Spitälern. Ist es für diese Studierende noch möglich, in diesem Semester die geforderten Leistungsnachweise zu erbringen?
Wir sind sehr froh, dass die Studierenden sich so engagieren! Auch hier müssen wir mit den Fakultäten diskutieren, was die optimalen Lösungen sein können.
Was raten Sie Studierenden, die einen Studienaufenthalt im Ausland planen?
Grundsätzlich zu planen ist gut. Es gilt zu überlegen, was vom Studienprogramm her sinnvoll ist. Aber wir wissen nicht, wie sich die Situation hier in der Schweiz und in den verschiedenen Ländern sowohl medizinisch als auch in Bezug auf die politischen Massnahmen entwickelt. Deshalb würde ich zeitlich immer mehrere Varianten planen.
Die Dozierenden mussten praktisch von heute auf morgen ihre Lehre umzustellen. An wen können sie sich wenden, wenn sie Fragen haben und Unterstützung brauchen?
Ich bin sehr dankbar, dass viele unserer Dozierenden so grossartig mitziehen und einen Zusatzaufwand leisten, um die Umstellung zu bewerkstelligen. Bei manchen Lehrveranstaltungen ist das einfacher, bei manchen komplizierter. Im Mail an die Dozierenden haben wir verschiedene Links angegeben, die weiterhelfen. Wir werden zudem demnächst darüber informieren, wie Leistungsnachweise alternativ in Lehrveranstaltungen eingebaut werden können. Wir arbeiten aktuell daran, eine Teaching-Seite und eine Tool Box aufzubauen, die Hilfestellungen für Dozierende bieten, die ihre Lehre weiter entwickeln wollen. Geplant war das für Sommer 2020 – für die aktuelle aussergewöhnliche Situation ist das leider zu spät.
Viele UZH-Angehörige müssen zurzeit neben dem Home-Office noch Kinder betreuen. Wie werden sie von der UZH unterstützt?
Die UZH kümmert sich um ihre Mitarbeitenden und möchte diejenigen, die Kinder betreuen, unterstützen. Wir arbeiten gerade an einem Konzept für das Home-Office, über das wir Anfang nächster Woche informieren werden. Soviel vorweg: Für den Monat März gelten die Betreuungspflichten als Arbeitszeit. Wir möchten aber auch, dass die betreffenden Mitarbeitenden nach Lösungen suchen, wie die Betreuung zukünftig organisiert werden kann.
Die räumliche Distanzierung verändert die Form der Zusammenarbeit völlig. Was ist dabei zu beachten?
Ich habe selbst bemerkt, dass man das Kommunikationsverhalten bei virtuellen Meetings etwas verändern muss, damit es gut funktioniert. Es braucht zum Beispiel eine klare Ansage, wer jetzt sprechen möchte und am besten noch eine Bemerkung, dass man fertig ist mit seinem Beitrag. Denn erst dann merken die anderen, wann sie dran sind. Eine gute Sitzungsleitung ist also gefordert. Das kann etwas gewöhnungsbedürftig sein, funktioniert meiner Erfahrung nach aber sehr gut.
Im Home-Office kann es einsam werden. Was kann man dagegen tun?
Die Arbeit im Home-Office muss mit den Vorgesetzten abgesprochen werden. Es müssen zum Beispiel bestimmte Zeiten vereinbart werden, zu denen die Mitarbeitenden virtuell anwesend sind, damit eine effektive Zusammenarbeit weiterhin möglich ist und die Tagesstruktur nicht verlorengeht. Meines Erachtens ist es sinnvoll, den gleichen Tagesrhythmus zu bewahren wie unter normalen Umständen.
Darüber hinaus sollte man nicht ausschliesslich für ernste Zwecke online zusammenkommen, sondern auch für entspanntes Plaudern zwischendurch, für ein virtuelles Znüni oder einen virtuellen Kaffee zum Beispiel.
Was können die UZH-Angehörigen tun, um füreinander und für Externe weiterhin erreichbar zu bleiben?
Die Erreichbarkeit via Telefon und Mail muss sichergestellt sein und man muss auch oft genug seine Inbox überprüfen, damit man je nach Aufgabe eine annähernde Gleichzeitigkeit herstellen kann.
Was kann die UZH zur schweizweiten Bewältigung der Coronavirus-Pandemie beitragen?
Die UZH kann zweierlei betragen: Erstens sollten wir uns – auch in der Freizeit – an die Vorgaben des Bundes halten und damit dazu beitragen, dass die Verbreitung eingedämmt werden kann. Zweitens können wir vor allem mit unserer Forschung einen Beitrag leisten. Wir unterstützen konkret Forschungsvorhaben, die sich mit der Coronavirus-Pandemie befassen.
Müssen bei der strategischen Weiterentwicklung der UZH angesichts der Coronakrise Abstriche gemacht werden?
Inhaltlich werden wir keine Abstriche machen, aber es ist klar, dass sich bestimmte Vorhaben verzögern werden. Wir haben dann aber auch sicher etwas dazu gelernt, dass uns bei der strategischen Weiterentwicklung helfen wird. Ich denke hier zum Beispiel an alle Erfahrungen im Zusammenhang mit digitaler Lehre und virtuellen Meetings.
Was raten Sie den UZH-Angehörigen: Welche Prioritäten sollen Studierende und Mitarbeitende in dieser anspruchsvollen Situation setzen?
Gesund bleiben und sich an die Verhaltensvorschriften halten, um eine Ansteckung zu vermeiden und das Virus nicht weiterzutragen. Den Familienalltag so gut es geht organisieren, und dabei auch Schwierigkeiten einkalkulieren: Es kann stressig sein, wenn die ganze Familie immer zusammen ist. Das muss man bewusst angehen. Wenn man alleine lebt, sollte man über geeignete Kanäle mit dem Freundeskreis Kontakt halten und sich gegenseitig auch auffangen, wenn die Situation zu belastend ist. Ich empfehle allen UZH-Angehörigen: Überfordern Sie sich nicht und teilen Sie Ihre Kräfte gut ein – damit wir gemeinsam gut durch diese Krise kommen.