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Löwenzahn, Federkohl, Brennnessel, Heidelbeere – all dies sind Pflanzen, die in der Schweiz anzutreffen sind – und die als «Superfood» angepriesen werden. Was nach Heil- und Wundermittel zugleich klingt, ist laut Melanie Kleineberg, Botanikerin des Botanischen Gartens der UZH, eine Marketingbezeichnung der Nahrungsmittelindustrie. Im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung des Botanischen Gartens der UZH zeigte sie auf, was für Alternativen die einheimische Pflanzenwelt bietet. Die Anwesenden hatten im Anschluss an den Vortrag die Möglichkeit, an mitgebrachten Pflanzen zu riechen und diese auch zu probieren.
Mit «Superfood» sind pflanzliche Lebensmittel gemeint, die ein grosses Spektrum an Nährstoffen abdecken, die der menschliche Körper in nur geringen Mengen oder gar nicht selbst produzieren kann – wie zum Beispiel essentielle Aminosäuren. Gemäss Kleineberg spielen hier auch sekundäre Pflanzenstoffe wie etwa gewisse Vitaminvorstufen eine grosse Rolle. Auch Antioxidantien sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Sie fangen in den Körperzellen aggressive sauerstoffhaltige Moleküle ab, neutralisieren sie und schützen so vor Zellschäden.
Laut Kleineberg muss man nach Superfood gar nicht weit suchen. «Für die meisten Superfood-Gewächse aus fernen Ländern gibt es einen einheimischen Ersatz, der oftmals sogar noch besser ist», sagte sie. Als Alternative zu Chia-Samen gibt es zum Beispiel Lein- oder Hanfsamen. «Die Chia-Samen wurden hochgejubelt, dabei sind Leinsamen fast identisch, was das Verhältnis zwischen Proteine und Fettsäuren anbelangt», erklärte die Botanikerin.
Wer nährstoffreiche Pflanzen finden möchte, muss nicht nur auf landwirtschaftliche Erzeugnisse zurückgreifen. Als Superfood eignen sich auch viele Gewächse, die in Wäldern und auf Wiesen zu finden sind. Die Brennnessel, vor allem deren Samen, kann gemäss Kleineberg dank den Bitterstoffen und dem Mineral- und Vitamingehalt als Superfood bezeichnet werden. Auch andere Wild-Pflanzen wie Löwenzahl oder der Giersch, als lästiges Unkraut bekannt, eignen sich als gute einheimische Varianten zu exotischen Nahrungsmitteln.
Bei den einheimischen Gewächsen gibt es laut Kleineberg eine Spitzenreiterin: die Hagebutte. Vor allem in pulverisierter Form ist das Rosengewächs vergleichbar mit dem Matcha, was die antioxidative Wirkung anbelangt. Auch in erhitzter Form kann die Hagebutte gut konsumiert werden, da sie beim Erhitzungsprozess weniger Nährstoffe verliert als andere pflanzliche Lebensmittel.
Kleineberg plädierte mit Nachdruck für ausgewogene und vielseitige Kost. «Die Ernährung sollte bunt, wild, bitter und würzig sein», sagte sie, «also so breitgefächert wie ein Regenbogen». Sie nannte zum Beispiel grünen Federkohl mit seinen Bitterstoffen und dunkelrote Rande mit ihrem Farbstoff Lycopin.
Auch Äpfel seien nicht zu unterschätzen und könnten mit Fug und Recht als «Superfood» bezeichnet werden. Äpfel regen die Durchblutung an. Es sei durchaus empfehlenswert, jeden Tag einen Apfel zu essen, sagte Kleineberg und bestätigte damit eine weitere Volksweisheit. «Von allem ein bisschen», lautet ihre Devise. Denn klar ist, dass eine Superfood-Pflanze alleine nicht das gesamte Nährstoff-Spektrum abdecken kann.