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Heute werden Hochschulforschende, die ihre Entdeckungen in ein marktfähiges Produkt umsetzen wollen, tatkräftig gefördert. Vor nicht allzu langer Zeit war das noch anders, wusste Andreas Plückthun auf dem Podium im Restaurant UniTurm zu berichten.
«Früher schaute die akademische Wissenschaft in Europa auf die industrielle Forschung herab», sagte Biochemie-Professor. Als er in den 90er-Jahren als Hochschulforscher seine erste eigene Firma gründete, galt er als Exot. Leitstern für Plückthun war der amerikanische Chemie-Nobelpreisträger Walter Gilbert, den er als junger Postdoc in Harvard kennengelernt hatte. Gilbert hatte bewiesen, dass es möglich ist, als ambitionierter Wissenschaftler gleichzeitig eine Firma zu gründen und hochstehende Grundlagenforschung zu betreiben.
Plückthun hat das Abenteuer einer Firmengründung bisher dreimal erfolgreich bestanden. Der Biochemiker designt im Labor Proteine für die Entwicklung neuer Medikamente. Er sieht sich nicht in erster Linie als Unternehmensgründer, sondern als Wissenschaftler, doch gerade als solchem ist es ihm ein Anliegen, dass seine Erkenntnisse den Weg vom Labor in die Praxis finden. «Ich will, dass der Ball ins Tor geht», sagt er. «Wenn eine wissenschaftliche Erkenntnis zu einem Medikament führt, ist das der Beweis, dass die Erkenntnis richtig war.»
Exzellente Hochschulen seien eine unverzichtbare Voraussetzung für eine blühende Start-Up-Szene, sagte Plückthun. «In der Wirtschaft wird Forschung primär als Kostenträger gesehen, für Erfindungen braucht es aber Raum für freies Denken und ein anregendes intellektuelles Umfeld. Beides ist an Hochschulen gewährleistet.»
Nach den Erfolgsrezepten seiner Firmen gefragt, nannte Plückthun an erster Stelle die nüchterne, selbstkritische Beurteilung der eigenen Geschäftsidee: «Nicht jede gute wissenschaftliche Idee ist auch eine gute Firmenidee.» Zum Beispiel sei eine Erfindung, die sich leicht kopieren lasse, eine schlechte Voraussetzung für den längerfristigen Erfolg einer Firma.
Plückthun arbeitete von Anfang an mit Partnern zusammen, die sich um die Firmenentwicklung, die Finanzierung und um die Verträge mit der Pharmaindustrie kümmerten. «Man braucht als Wissenschaftler Mitstreiter, die die Firma von innen heraus führen können», sagte er.
Wer das Abenteuer der Firmengründung bestehen will, muss die richtigen Leute mit an Bord holen. Das sieht auch Claudia Winkler so. «Für ein erfolgreiches Start-up braucht es ein hervorragendes Team und eine gute Mischung von Fähigkeiten», sagt sie.
Winkler studierte Ökonomie an der UZH, heute ist die 30-jährige CEO der von ihr gegründeten Personalvermittlungsfirma Lionstep. Das Unternehmen sucht mit neuester digitaler Technologie hochqualifiziertes Personal für die IT-Branche.
Kernidee der Firma ist ein Algorithmus, der aus einem riesigen Meer von Personaldaten die besten Kandidaten für eine Stelle herausfischt. «Heute gibt es für bestimmte Jobs nicht zu viele, sondern zu wenige geeignete Bewerberinnen und Bewerber», sagte Winkler. Entwickelt hat das intelligente Computerprogramm ein Datenspezialist, den die Jungunternehmerin an einer Statistikvorlesung an der UZH kennengelernte.
Claudia Winkler zeigte bei Kombination von unterschiedlichen Talenten ein glückliches Händchen. Nach einer längeren Durststrecke – «da mussten wir den Gürtel auch privat enger schnallen» – hat sich ihr Unternehmen mittlerweile etabliert. Heute arbeiten zwanzig Leute bei Lionstep, darunter fünf UZH-Abgängerinnen und -abgänger. Im letzten Jahr gewann die Firma den von der EU unterstützten Start-up Europe Award in der Kategorie «Social Innovation».
Claudia Winkler hat ehrgeizige Pläne: «Meine Firma soll einer der grössten Recruting-Hubs Europas werden», sagte sie auf dem Podium.