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Grossandrang am Freitagabend an der Universität Zürich: Der Hörsaal im Zentrum füllte sich schnell, die Veranstaltung mit Jerome Powell und Thomas Jordan lockte viele Zuhörerinnen und Zuhörer an die Hochschule. Darunter viele junge Leute, Studierende und auch Gymnasiasten, aber auch Prominenz aus Wirtschaft und Politik, so etwa der Botschafter der USA in der Schweiz, Ed McMullen, Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam oder Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (SVP).
Die beiden Notenbankchefs Powell und Jordan waren auf Einladung des Schweizerischen Instituts für Auslandforschung (SIAF) an die UZH gekommen. Das Gespräch wurde vom Präsidenten des SIAF, Martin Meyer, moderiert. Er fragte den Notenbankchef Jerome Powell zu Beginn, ob er es bereue sein verantwortungsvolles Amt übernommen zu haben. «Nein», sagte Powell mit Überzeugung, er bereue nichts. Die US-Notenbank sei ein grossartiger Ort.
Einleitend betonte Powell seine enge Beziehung zur Schweiz, einem Land, in dem er schon häufig Ferien verbracht habe. Es sei ihm wichtig, die enge Freundschaft zur Schweiz zu pflegen. Danach ging Powell schnell in Medias Res: Die amerikanische Wirtschaft laufe gut, sagte er. «Wir sind im 11. Jahr des Aufschwungs». Der Arbeitsmarkt sei stark, die Arbeitslosenquote in den USA liege bei niedrigen 3,7 Prozent, die Löhne würden steigen. Der Fed-Chef rechnet mit einer Inflation, die sich auf das Fed-Ziel von zwei Prozent hinbewegt.
Wirtschaftsfachleute hatten zuvor die Äusserungen Powells an der UZH mit Spannung erwartet, vor allem erhofften sie sich Angaben zu erneuten Zinssenkungen. Die US-Notenbank hatte ihren Leitzins Ende Juli um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 2 bis 2,25 Prozent gesenkt, um einem möglichen Rückgang der US-Wirtschaft zuvorzukommen.
Der Auftritt in Zürich bot die vorerst letzte Gelegenheit, mehr über die zukünftige Politik der Fed zu erfahren. Denn bis zur Versammlung des Federal Open Market Committee am 18. September gilt die so genannte Blackout-Periode. In dieser Zeit wird nur eingeschränkt mit dem Kapitalmarkt kommuniziert. Allerdings liess sich der Fed-Chef am Freitag zu keinen Informationen über erneute Zinssenkungen hinreissen. Die Fed sei bereit, angemessen zu handeln, um das Wirtschaftswachstum zu stützen, sagte Powell lediglich.
Der Fed-Chef sprach auch über die Risiken, die auf die Weltwirtschaft zukommen. So verliere sie seit Mitte 2018 an Kraft. Das betreffe auch die Schweiz, China, Deutschland und die EU. Ein Grund dafür seien die Handelskonflikte der USA, sie verunsicherten und beeinflussten die Investitionsentscheide der Unternehmen, sagte Powell.
SNB-Chef Thomas Jordan bestätigte, dass die jetzigen Unsicherheiten einen negativen Einfluss auf die Weltwirtschaft hätten, das sei nicht nur als Folge der Handelsstreitigkeiten zu verstehen, sondern auch des Brexit, beides verunsichere Konsumenten und Investoren. Er rechne zwar nicht mit einer Rezession der Weltwirtschaft oder der Schweizer Konjunktur. Die Handelspolitik sei aber entscheidend für eine kleine offene Wirtschaft wie die der Schweiz, sagte Jordan.
Aus dem Publikum kam die Frage, ob die Attacken, die US-Präsident Trump gegenüber Powell äussere, die Arbeit des Fed beeinflusse. Trump hatte gerade noch am Freitag via Twitter gefordert, dass der Fed-Chef die Zinsen senken solle und angehängt: «Where did I find this guy Jerome? Oh well, you can’t win them all!»
Powell antwortete diplomatisch und betonte die politische Unabhängigkeit der Fed. «Wir dienen allen Amerikanern, unabhängig von politischen Parteien», sagte er. Politische Faktoren spielten absolut keine Rolle bei den Entscheidungen. «Das würden meine Kollegen und ich nicht tolerieren», sagte Powell. Jordan bestätigte diese Haltung, es sei allerdings wichtig, die Handelspolitik zu verfolgen und sich auszutauschen, so etwa bei regelmässigen Treffen mit Notenbankerinnen und -bankern bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel.
Beide Notenbankchefs äusserten sich am Ende der Veranstaltung kritisch zur neuen Kryptowährung Libra von Facebook. Diese Währung müsste die höchsten Sicherheitsanforderungen erfüllen und bis das gewährleistet sei, gäbe es noch eine Menge zu tun, meinten Powell und Jordan.