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Churchill Lectures

«Die EU braucht einen Reality-Check»

Der niederländische Premierminister Mark Rutte hielt gestern im Rahmen der Churchill Lectures eine Rede an der Universität Zürich. Rutte plädierte leidenschaftlich für mehr Realpolitik in der EU.
Marita Fuchs

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«Macht ist kein schmutziges Wort», sagt Premierminister Mark Rutte in der Aula der UZH. (Bild: © Europa Institut)

 

Seit achteinhalb Jahren ist Mark Rutte Ministerpräsident der Niederlande. Auf Einladung des Europa Instituts sprach der 51-jährige an der UZH über Europa in einer sich wandelnden Welt. Zuvor hatte er sich der erfahrene Europa-Politiker in Bern mit Bundespräsident Ueli Maurer getroffen. Rutte nahm in seiner Rede Bezug auf dieses Treffen und zeigte sich davon überzeugt, dass die Schweiz dem Rahmenabkommen zustimmen sollte. Die Gemeinsamkeiten zwischen der Schweiz und der EU müssten gestärkt werden, meinte Rutte.

In der Aula liegt es nahe, auf die Rede hinzuweisen, die Winston Churchill 1946 hier hielt und in der er die vielzitierten Worte «Therefore I say to you: Let Europe Arise!» sprach. Auch Rutte zitierte mehrmals den legendären englischen Staatsmann, der so vieles vorausgesagt hat, was heute Realität ist.

Internationale Beziehungen als Nullsummenspiel

Europa sei in der Nachkriegszeit so stark geworden, weil der Marshallplan und der Schutzschirm von Nato und Pax Americana die Länder der EU prosperieren liess, sagte Rutte. Europa galt lange als Vorbild, doch in der letzten Dekade sehe man, dass die globale Politik neue Züge angenommen habe. Zunehmend glaubten Länder und führende Politiker, dass internationale Beziehungen Nullsummenspiele seien.

Die Welt habe sich stark verändert, die wirtschaftliche Macht Chinas und die Rückkehr Russlands auf die Bühne der Politik hätten einen enormen Einfluss auf die jetzigen Verhältnisse der Weltpolitik. Die Grossmächte verträten ihre eigenen Interessen, da müsse auch Europa stärker werden. «Europa soll nicht mehr alleine auf die Macht der Prinzipien setzen, sondern auf Prinzipien und Macht», sagte Rutte. Seine Botschaft sei heute: «Die EU braucht einen Reality-Check». Macht sei kein schmutziges Wort. Realpolitik müsse ein zentraler Teil der europäischen Aussenpolitik werden. Es sei notwendig, dass Europa realistischer werde.

Trump auf der Tanzfläche

Rutte verdeutlichte dies am Beispiel des amerikanischen Präsidenten Donald Trump: «Man muss mit dem tanzen, der auf der Tanzfläche ist», sagte er. Man habe nicht immer die Wahl. «Wir Politiker können uns die Tanzpartner nicht aussuchen.» Man könne nur mit den Amerikanern zusammen die Welthandelsorganisation WTO reformieren. Die WTO habe bisher dazu beigetragen, Handelskriege zu verhindern, komme nun aber an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Reformen seien notwendig, um das Welthandelssystem für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen.

Rutte ging auch auf die Sicherheitspolitik und Energiefragen ein. Er plädierte für eine starke Nato. «Das Bündnis ist unsere Sicherheitsgarantie.» Die Energiepolitik der EU bereite ihm Sorge, sage Rutte, man mache sich zu stark von Russland abhängig. Hier müsse sich die EU breiter aufstellen und Lieferverträge mit anderen Ländern eingehen, so etwa Kanada, Norwegen oder afrikanischen Ländern. Zudem sollte die EU vermehrt in verflüssigtes Erdgas investieren.

Am Ende seines Vortrags ging Rutte auf die Herausforderungen des Klimawandels ein. Im Interesse künftiger Generationen müsse man bei der Reduzierung des CO₂-Ausstosses ehrgeiziger sein.

Rutte erntete nach seiner halbstündigen Rede viel Applaus. Der Direktor des Europa-Instituts, Professor Andreas Kellerhals, dankte ihm für seinen Besuch. Er schätze es, sagte Kellerhals, dass Rutte am Vortag seines Geburtstages an die UZH gekommen sei. Denn – so sagte er mit einem Schmunzeln – Rutte habe das Glück, am Valentinstag Geburtstag feiern zu können.

 

 

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