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Ihre Diplomarbeit an der Universität Leipzig schrieb sie über Schönheitsvorstellungen junger Frauen. «Das ist lange her», sagt Katja Rost. Heute forscht die Soziologieprofessorin vornehmlich über soziale Netzwerke, Digitalisierung und Diversität. Themen, die auch die Medien interessieren. In ihrer Kolumne in der «NZZ am Sonntag» thematisiert sie das Verhältnis von Mann und Frau aus soziologischer Sicht. Das Thema Gleichstellung liege ihr am Herzen, deshalb habe sie auch das Amt als Präsidentin der Gleichstellungskommission an der UZH angenommen, sagt Katja Rost. Sie übernimmt das Amt von Romanistikprofessorin Tatjana Crivelli, die vier Jahre der Gleichstellungskommission vorstand.
Die Wissenschaftlerin ist in den Wirtschaftswissenschaften und in der Soziologie beheimatet. Nach ihrem Studium in Jena hat sie zunächst in verschiedenen Unternehmen gearbeitet. So in Berlin in einer Politikberatungsfirma, wo sie sich ins New-Public-Management einarbeiten konnte und Erfahrungen im Umgang mit Politikerinnen und Politikern unterschiedlichster Colour machte. «Ich war Mädchen für alles. Da hauptsächlich Männer im Büro arbeiteten, war es auch klar, dass ich den Kaffee kochen musste», sagt sie heute lachend. Nach ihrer Zeit in Berlin schrieb sie in München für eine Beratungsfirma Businesspläne für Start-up- und Biotech-Unternehmen.
«Ich habe damals gemerkt, dass ich promovieren muss, um an bessere Stellen zu kommen», sagt sie. Das war auch der Grund, wieder an die Universität zurückzukehren. An der Universität Bern war sie vier Jahre Assistentin, dort promovierte sie in Betriebswirtschaftslehre.
Nach der Doktorarbeit habilitierte sich Katja Rost bei der UZH-Wirtschaftsprofessorin Margit Osterloh. «Margit Osterloh war als Wissenschaftlerin ein Vorbild und begleitete mich auch auf meinem Berufsweg», sagt Katja Rost.
An der Universität Zürich nutzte Rost als Nachwuchsforscherin die Angebote der Abteilung Gleichstellung, so etwa die neuen Peer-Mentoring-Programme. Rost erinnert sich, dass das Angebot zur Unterstützung junger Wissenschaftlerinnen schon damals gross war: Editoren internationaler Zeitschriften hielten Referate darüber, worauf es bei Publikationen ankommt, zudem gab es Trainings für Berufungsverhandlungen, Medientraining oder Stimmtraining. Letzteres deshalb, weil Frauen dazu neigen, eine hohe Stimme zu bekommen, wenn sie aufgeregt sind. «Was heute selbstverständlich ist, war damals neu. Ich habe die Angebote sehr geschätzt», sagt Rost. Und der Erfolg spricht für sich: «Wir waren eine Gruppe von fünf Frauen, heute sind alle Professorinnen.»
Nach ihrer Habilitation erhielt Katja Rost einen Ruf an die Universität Mannheim, wo sie etwa zwei Jahre blieb. Danach folgte ein Ruf nach Jena. «Als Ostdeutsche ging ich damals in meine Heimat zurück», sagt Rost. Sie erinnert sich gern an diese Zeit. Unter anderem, erzählt sie, sei damals die damalige Leiterin der Abteilung Gleichstellung an der Universität Zürich, Elisabeth Maurer, nach Jena gekommen, um über ihre Arbeit zu berichten. Später habe sich die Universität Jena die UZH zum Vorbild für ihre Gleichstellungsarbeit genommen.
Weil ihr damaliger Partner in der Schweiz lebte, folgte Katja Rost nach der Jenaer Zeit einem Ruf an die UZH. Seit dem Herbstsemester 2012 ist sie hier ordentliche Professorin für Soziologie mit den Schwerpunkten Wirtschafts- und Organisationssoziologie, digitale Soziologie, soziale Netzwerke, Diversität. Zudem ist sie Mitglied des Universitätsrats der Universität Luzern. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft interessiert sie auch wissenschaftlich. So verfasste sie Studien zu Frauen in Führungspositionen oder zu Diversität in Aufsichtsräten.
Um die Anzahl der Professorinnen an den Universitäten zu erhöhen, hat Katja Rost zusammen mit der Wirtschaftsprofessorin Margit Osterloh einen neuen Vorschlag gemacht: In Berufungsverfahren sollten Kandidierende, die sich für die Endauswahl qualifiziert haben, durch das Los ausgewählt werden. «Es ist erwiesen, dass insbesondere die leistungsstarken Frauen seltener in Wettbewerbssituationen eintreten als Männer und bei erzwungenem Wettbewerb schlechter abschneiden», sagt Rost. Grund seien verinnerlichte Rollenmuster: Männer, die im Wettbewerb gewinnen, werden geschätzt und gelobt. Frauen dagegen würden mit Sympathieentzug bestraft.
Wer eine Professur anstrebe, und unter die ersten drei käme, solle automatisch im Pool berücksichtigt werden. «Der akademische Ausweis ist unter den ersten drei oder vier Kandidierenden sowieso gewährleistet», sagt Rost. «Wer per Los in eine Machtposition gewählt wird, hat nicht mit Sympathieverlusten zu rechnen.» Von einer Quotenregelung hält Rost nicht viel. «Welche Frau will als schon als Quotenfrau in der wissenschaftlichen Community auftreten?», fragt sie.
Aktuell arbeitet Katja Rost an einem SNF-Projekt zur Diversitätspolitik in Unternehmen. «Diversität ist en vogue», sagt sie und kritisiert: «Die Diversitäts-Programme in Unternehmen führten weg vom wichtigen Aspekt der Chancengleichheit, hin zur freiwilligen Förderung von Verschiedenartigkeit.» Fakt sei, dass Diversitätsprogramme bisher keinen nachhaltigen Effekt auf die Steigerung des Frauenanteils in Machtpositionen gezeigt hätten.
In ihrem neuen Amt als Präsidentin der Gleichstellungskommission will sie zunächst einmal für familienfreundliche Bedingungen für Frauen und Männer einsetzen. «Das soll nicht nur für Professorinnen und Professoren gelten, sondern alle einschliessen, auch das technische und administrative Personal», sagt sie. Nach wie vor sei es schwierig, Familie – vor allem mit kleinen Kindern – und Karriere zu verbinden. Vieles sei in Teilzeit machbar, die UZH müsse vermehrt Poolreserven schaffen, schlägt sie vor, am dringlichsten in der Medizin oder Veterinärmedizin. Es muss möglich werden, eine Karriere zu machen, in der Zeit, in der man auch Kinder bekommt, sagt sie.