Navigation auf uzh.ch
Der Wechsel vom Gymnasium an die Universität ist eine entscheidende Phase, hier wird der Grundstein gelegt für eine erfolgreiche akademische Laufbahn – oder für einen Studienabbruch. Um den Übergang zu erleichtern, ist es erklärtes Ziel von Lehrerinnen und Lehrern als auch von Dozierenden sich auszutauschen und abzustimmen. Ist doch der Blick auf die Maturität und den Studienbeginn mit vielen Fragen verbunden: Bereiten die Gymnasien genügend auf ein Studium vor? Werden die Universitäten mit ihren Anschlussprogrammen den Gymnasiastinnen und Gymnasiasten gerecht?
Den Dialog zwischen Mittelschulen und Hochschulen weiter voranzutreiben, ist auch ein erklärtes Ziel der Zürcher Bildungspolitik. Das Projekt «Hochschule und Studierfähigkeit» (HSGYM), gehört zu einem Reformpaket, das im Kanton Zürich seit der Lancierung im Jahr 2006 sehr konkrete Gestalt angenommen hat. Es geht auch um die Frage, wie die Inhalte zwischen Gymnasium und Universität abgestimmt werden können. Verzahnungen sind erwünscht und werden auch gelebt, wie etwa beim Welcome Day am Deutsches Seminar, der vergangenen Freitag an der UZH stattfand.
Lehrerinnen und Lehrer, die in den achtziger oder neunziger Jahren Germanistik studierten und mit Lic.phil. abschlossen, konnten problemlos in anderen Fächern Veranstaltungen besuchen und sich so bilden. Diese Freiheit ist im Zuge der Bologna-Reform verloren gegangen, weil Kurse nun viel stärker vorgegeben und begrenzt sind und insgesamt effizienter studiert wird. Umso wichtiger ist es, dass die heutigen Lehrerinnen und Lehrer wissen, welche neuen Inhalte im Bachelor- und Masterstudium vermittelt werden.
So stellte am Freitag Davide Giuriato, Studienprogrammdirektor am Deutschen Seminar, konkrete Neuerungen vor. Wie etwa das seit Herbstsemester angelaufene Masterprogramm «Deutsche Literatur: Theorie – Analyse – Vermittlung» und der bereits etablierte digitale Almanach buchjahr.uzh.ch. In drei Workshops gingen Lehrpersonen und Dozierende anschliessend der Frage nach, wie Unterrichtsinhalte des Studiums für die Schule in abgewandelter Form übernommen werden könnten.
Germanistikprofessor Philipp Theisohn etwa macht in einem seiner Hochschulseminare Literaturkritik zum Thema. Warum dieses Feld nicht auch in der Schule nutzen? In seinem Workshop forderte Theisohn die Lehrerinnen und Lehrer auf, selbst Kritik an zwei Texten aus der Literaturkritik zu üben. Eine der Teilnehmenden, Sandra Valisa, Deutschlehrerin an der Kantonsschule Zürich Nord, sagte: «Ich fand den Bereich der Literaturkritik interessant und könnte mir gut vorstellen, diesen auch im Gymnasium stärker auszubauen, indem Schülerinnen und Schüler beispielsweise Rezensionen zu Neuerscheinungen schreiben oder Literaturclubs durchführen.»
Christoph Steier, Dozent am Deutschen Seminar, stellte in seinem Workshop neue Lehr- und Lernformate vor. Auf Blogs oder Foren können Studierende Lerntagebücher publizieren und gemeinsam an Texten arbeiten. Steier forderte die Lehrer auf, selbst diese neuen technischen Möglichkeiten auszuprobieren.
Professorin Sabine Schneider griff ein in der Schweiz gerade aktuell diskutiertes Thema auf: die Bärfuss-Debatte. Der Schweizer Schriftsteller erhielt jüngst den Büchnerpreis und eckte mit seinen Äusserungen zur Schweiz oder zur deutschen Vergangenheit an. An diesem Beispiel lasse sich kontrovers diskutieren.
Insgesamt wünschen sich die Lehrer und Lehrerinnen vor allem ganz praktische Unterstützung, zeigte sich in einem abschliessenden Gespräch. So könnten Universitätsdozierende etwa eine Deutschstunde mit orientierendem Charakter an ihrer Schule übernehmen.
Gleichzeitig mit den Lehrerinnen und Lehrern trafen sich in einem anderen Hörsaal 27 Schülerinnen und Schüler, die sich an diesem Nachmittag – von den Studentinnen Xenja Bojarski, Shantala Hummler und Anouschka Mamie angeleitet – mit einem Text von Franz Kafka befassten. Seine Parabel «Der Schlag ans Hoftor» lässt viele Deutungen zu. Unter dem Label «Kafka für Profis» sollten die Schülerinnen und Schüler einen ersten Eindruck davon bekommen, was in einem Bachelorstudium auf sie zukommen würde. Sie nutzen dabei auch die Möglichkeit, sehr praxisnahe Fragen zum Studium zu stellen.
«Die Kombination aus Schnupperstudium und Lehrerweiterbildung ist neu, wenn sie sich bewährt, wollen wir sie verstetigen», sagt Daniel Müller Nielaba, Studiendekan der Philosophen Fakultät.