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Je fetter die Beute, desto ehrlicher die Leute

Je mehr Geld sich in einer verlorenen Geldbörse befindet, desto eher wird es seinem Besitzer zurückgegeben. Dies zeigen Forschende der Universitäten Zürich, Michigan und Utah in einer weltweit angelegten Studie. Sie erklären das überraschende Ergebnis damit, dass unehrliche Finder ihr Selbstbild anpassen müssen und dies mit psychologischen Kosten verbunden ist, die den materiellen Wert der Geldbörse übersteigen können.

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Hand, die nach Portemonnaie greift
Je mehr Geld sich in einem gefundenen Portemonnaie befindet, desto eher wird das Behalten als Diebstahl eingestuft. (Bild: istock.com/AndreyPopov)

Das klassische ökonomische Modell sagt voraus, dass Personen eine gefundene Geldbörse typischerweise behalten. Der finanzielle Anreiz, die Geldbörse zu behalten, ist besonders gross, wenn sich darin eine hohe Geldsumme befindet. Diese Annahme wird nun jedoch in einer aktuellen Studie der Universitäten Zürich, Michigan und Utah widerlegt: Die Forschenden untersuchten in 355 Städten in 40 Ländern, was Menschen veranlasst, eine gefundene Geldbörse zu retournieren. Dazu gaben sie mehr als 17'000 Portemonnaies beim Empfang verschiedener Institutionen wie Hotels, Banken, Museen, Post- oder Polizeistellen, ab.

Das Forschungsteam untersuchte vier Faktoren, die den Entscheid, die Geldbörse zu retournieren, beeinflussen: den monetären Anreiz, das gefundene Geld zu behalten, den Aufwand, den Besitzer zu kontaktieren, altruistische Überlegungen zu dessen Wohlfahrt und sogenannte «psychologische Kosten von unehrlichem Verhalten». Letztere entstehen dadurch, dass viele Menschen das Behalten einer gefundenen Geldbörse als Diebstahl empfinden und der Finder somit sein Selbstbild anpassen muss.

Das Selbstbild als ehrliche Person wahren

Die Forschenden konnten zeigen, dass diese psychologischen Kosten, beziehungsweise die Wahrung des Selbstbildes als ehrliche Person, einen grossen Effekt auf das Verhalten der Finder hatten. «Menschen wollen sich als ehrliche Personen sehen, nicht als Diebe. Ein gefundenes Portemonnaie zu behalten, führt dazu, dass man sein Selbstbild anpassen muss, was mit psychologischen Kosten verbunden ist», erklärt Michel Maréchal, Ökonomieprofessor am Institut für Volkswirtschaftslehre der UZH. Teilnehmende einer ergänzenden Umfrage bestätigten: Je mehr Geld sich in einem gefundenen Portemonnaie befand, desto eher wurde das Behalten als Diebstahl eingestuft, die «Kosten» für die Korrektur des Selbstbildes steigen entsprechend.

Die Geldbörsen enthielten eine Visitenkarte, eine Einkaufsliste, einen variierenden Geldbetrag sowie einen Schlüssel, wobei dieser nur für den Besitzer einen Wert hat, nicht aber für den Finder. Um altruistische Überlegungen zu messen, gaben die Forscher auch einige Geldbörsen ohne Schlüssel ab. Geldbörsen mit einem Schlüssel wurden eher retourniert als solche, die gleich viel Geld, aber keinen Schlüssel enthielten. Daraus schliessen die Forschenden, dass altruistische Überlegungen eine weitere, wenn auch untergeordnete Rolle spielen.

Weniger egoistisch als gedacht

Obwohl die Realität das ökonomische Modell widerlegt, zeigt eine zusätzliche Umfrage, dass viele Ökonomen und auch die allgemeine Bevölkerung davon ausgehen, dass gefundene Portemonnaies mit grossen Geldbeträgen eher nicht zurückgegeben werden. «Wir nehmen fälschlicherweise an, dass unsere Mitmenschen sich egoistisch verhalten. In Realität ist ihnen ihr Selbstbild als ehrliche Person wichtiger als ein kurzfristiger monetärer Gewinn», kommentiert Ko-Autor Alain Cohn, Assistenzprofessor für Ökonomie an der Universität Michigan, den Widerspruch zwischen erwartetem und realem Verhalten.

Literatur:

Alain Cohn, Michel André Maréchal, David Tannenbaum, Christian Lukas Zünd. Civic Honesty Around the Globe. Science. 20 June 2019. DOI: 10.1126/science.aau8712

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Die Studie entstand im Rahmen einer Partnerschaft der Universität Zürich mit dem Gottlieb Duttweiler Institut. Das GDI ist ein unabhängiger Think Tank in Wirtschaft, Gesellschaft und Konsum. Das Trendforschungsinstitut ist die älteste Denkfabrik der Schweiz. www.gdi.ch

Weiterführende Informationen

Kontakt

Institut für Volkswirtschaftslehre
Universität Zürich

 

Prof. Dr. Michel Maréchal
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Christian Zünd
Skype: clzuend
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