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Transidentität

Frau sein, Mann sein, Trans sein

Sie werden oft diskriminiert, pathologisiert oder ignoriert: transidente Menschen haben es auch in unserer liberalisierten Welt nicht einfach. Wie die UZH faire Studien- und Arbeitsbedingungen bieten kann, war Thema einer Veranstaltung mit Sachverständigen und Betroffenen.
Marita Fuchs

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Transidentität
Die Geschlechtsidentität ist nicht immer eindeutig. (Grafik: iStock, Anne-Marie Miller)

 

Ob man als Mann oder Frau durchs Leben geht, ist für viele Menschen keine Frage, es ist eine Selbstverständlichkeit. Menschen, die sich nicht in ihrem Männer- oder Frauenkörper zu Hause fühlen, fallen aus dem gesellschaftlichen Konsens und aus dem Raster des Vertrauten. In der Schweiz gibt es etwa 32'000 Menschen, die sich als Trans* bezeichnen.  Hinzu kommen Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Sie sind non-binär, divers, verorten sich also irgendwo im Spektrum zwischen Mann und Frau oder inter.

Lange wurden Transmenschen als psychisch krank eingestuft. Dies wurde jedoch inzwischen korrigiert. So hat die Weltgesundheitsorganisation kürzlich beschlossen, den internationalen Katalog ICD-11 anzupassen: Neu wird ab 2022 Geschlechtsinkonkruenz nicht mehr als psychische Störung eingestuft.

Grosses Interesse am Thema

Auch an der UZH arbeiten und studieren Transmenschen. Doch welche Schwierigkeiten kommen auf Betroffene zu, wenn sie sich outen? Neben der seelischen und eventuell körperlichen Herausforderung müssen juristische Dinge geklärt werden, etwa die Namens- und Personenstandsänderung in rechtswirksamen Dokumenten. Und am Arbeitsplatz? Viele Transmenschen belastet die Frage, wie Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetze mit dem Coming Out umgehen. Die Abteilung Gleichstellung hatte am vergangenen Donnerstag unter dem Titel «Trans* an der UZH – was bedeutet das?», in die Aula geladen. Das Interesse war gross, der Hörsaal gefüllt.

Das Thema Transidentität wurde von vier Seiten beleuchtet: Hannes Rudolph vom Transgender Network Switzerland ordnete und klärte die Begrifflichkeiten. Er plädierte für eine «voraussetzungslose Akzeptanz» von Menschen, die sich in der Rolle, die ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, nicht wiederfinden können. Diese Akzeptanz müsse sich auch in der Sprache und im Verhalten der Umgebung widerspiegeln. Respekt gegenüber Transmenschen bedeute auch, dass man niemanden blossstelle oder jemanden lächerlich mache. Es müsse zum Beispiel selbstverständlich sein, Transpersonen mit dem Vornamen und dem Pronomen anzusprechen, den sie für sich selbst gewählt haben. Ein gutes Beispiel seien die Anreden, die die Abteilung Studierende in ihrer Korrespondenz verwendet. Die Studierenden werden nicht mit Herr oder Frau angesprochen, sondern lediglich mit «Guten Tag» und sodann dem Vor- und Nachnamen.

Hilfe in Anspruch nehmen

Stefania Simone, Pflegefachfrau am Universitätsspital Zürich, sprach über mögliche medizinische Auswirkungen bei einer Geschlechtsanpassung. Sie erklärte, wie Hormonbehandlungen mit Östrogen oder Testosteron den Körper verändern können, und dass im Zuge einer Geschlechtsanpassung mehrere medizinische Disziplinen eng zusammenarbeiten müssten. Sie empfiehlt Transmenschen eine begleitende Psychotherapie, um die manchmal heftigen Reaktionen des Umfeldes auf ein Coming-out und auf mögliche weitere Schritte leichter zu verarbeiten. Ebenso empfehlenswert seien Selbsthilfegruppen.

Respektlose Blicke

Eine Mitarbeiterin an der UZH berichtete an der Veranstaltung aus persönlicher Erfahrung. Sie fing an der UZH als Informatiker an und ist heute Informatikerin. Die für sie persönlich wichtige Veränderung sei von ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld und vor allem von ihren Vorgesetzen verständnisvoll mitgetragen worden, erzählte sie. Das habe ihr sehr geholfen, zumal sie auch manche negative Reaktionen erfahren habe. «In der Übergangszeit vom Mann zur Frau traute ich mich nicht mehr, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren», sagte sie. Zu respektlos seien die Blicke gewesen. Es gab aber auch lustige Situationen. Einmal habe eine Professorin sie am Arbeitsplatz gesucht. «Sie fragte nach einem Herrn. Als ich aufstand, zögerte sie einen Moment verdutzt und dann haben wir beide gelacht». Das war eine positive Erfahrung. Manchmal helfe eben auch Humor, sagte die Informatikerin. Auf die Frage aus dem Publikum, ob sie sich als Transfrau bezeichnen würde, antwortete sie: «Nein, ich bin eine Frau».

Kleine und grosse Probleme

Rechtsexperte Alecs Recher sprach über juristische Fragen und Fallstricke in Bezug auf Transidentität: Dieser Begriff kommt im Schweizer Bundesrecht nicht vor. Im öffentlichen Recht ist aber das Recht auf Schutz des Privatlebens von Bedeutung. Es gibt nur sehr wenige Juristen und Juristinnen, die sich in diesem Bereich der Transidentität auskennen: Sei es bei der Änderung gesetzlicher Dokumente, beim Sorgerecht, sei es, wenn es der Transperson einfach darum geht, ihrer Arbeit nachzukommen oder eine Wohnung zu mieten. Die Unisex-Toilette, die so kontrovers diskutiert wird, ist noch ein kleineres Problem für Betroffene. Ein grösseres Problem dagegen ist die Krankenversicherung. Häufig weigern sich die Versicherungen, die Operationen zu bezahlen und arbeiten mit einer Hinhaltetaktik. Gelöst ist auch noch nicht die Änderung des Personenstands von Menschen, die jenseits von Mann und Frau als non-binär oder divers gelten.

Recher betonte, dass Transmenschen grundsätzlich keineswegs daran litten, trans* zu sein, sondern sie litten am Unverständnis ihres Umfelds. Aber trotz allem sei die Situation in der Schweiz verhältnismässig gut, denn die Rechte von Transmenschen auf Freiheit und Selbstbestimmung sei in vielen anderen Ländern immer noch stark eingeschränkt.

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