Navigation auf uzh.ch
Was hat sich in den letzten zehn Jahren alles getan punkto Gleichstellung an den Hochschulen und was will die neue Studierenden-Generation? Diese Frage diskutierten am Professorinnen-Apéro die emeritierte Politikprofessorin Thanh-Huyen Ballmer-Cao zusammen mit den UZH-Studierenden Rona Bolliger und Alexander Herren. Ballmer-Cao war 1995 Präsidentin der Gleichstellungskommission an der UZH. Bolliger und Herren engagieren sich für die Gleichstellung im Rahmen ihrer Arbeit für den Verband der Studierenden der UZH (VSUZH).
Thanh-Huyen Ballmer-Cao gehört zu den Pionierinnen der Gleichstellung an der UZH. Wie es vor 20 Jahren zu und her ging, erzählte sie anhand einer Anekdote: «Damals war alles noch sehr informell, wir hatten keine Statuten oder Pflichtenhefte», sagte Ballmer-Cao. Deshalb setzte sie auf persönliche Kontakte. «Ich habe gewusst, dass die ehemalige Rektorin Verena Meier immer um 10 Uhr einen Kaffee trinkt. So war ich um 10 vor Ort, sprach sie an und bat sie, ein gutes Wort für uns einzulegen. Heute würde man sagen, ich hätte sie gestalkt oder belästigt», sagte Ballmer-Cao mit einem Schmunzeln. Es kam keine Zusage von der ehemaligen Rektorin, aber später, als Rektor Schmid im Amt war, sagte er: «Verena Meier sehe den Bedarf zwar nicht, habe ihn aber trotzdem gebeten, sich für die Gleichstellungskommission stark zu machen». Und so sei alles in Gang gekommen.
In den vergangenen zwanzig Jahren sei viel geschehen; aus einem informellen Zusammenschluss sei eine feste Institution geworden, die sich für die Belange der Gleichstellung an der UZH einsetze, sagte die heutige Präsidentin der Gleichstellungskommission, Professorin Tatiana Crivelli Speciale, die das Podiumsgespräch moderierte. Christinane Löwe, Leiterin der Abteilung Gleichstellung, bestätigte das und führte aus, was im Jahr 2018 geplant ist. So etwa der Start der Projekte des Bundesprogramms Chancengleichheit und Hochschulentwicklung, oder die Diversity Policy, die für die UZH erarbeitet werde. Diese solle unter anderem dazu beitragen, dass gesetzliche Vorgaben zur Antidiskriminierung und Inklusion noch bekannter werden und noch besser umgesetzt werden könnten, sagte Löwe.
An diesem Punkt hakte Alexander Herren ein: Es sei wichtig, sich für Diversität einzusetzen. Dazu gehöre aber auch, dass man schaue, ob es den Betroffenen, vor allem ob es denjenigen, die mehrfach diskriminiert würden, wirklich besser gehe, ansonsten sei es nur ein Pinkwashing, das den Hochschulen aus strategischen Gründen entgegenkomme. Zudem sei er ein Verfechter der Quote.
Rona Bolliger sagte, dass viele Studierenden – im Hinblick auf die Gleichstellung – auch heute noch sehr konservativ argumentierten. Die Kernprobleme in der Gleichstellung von Mann und Frau seien bis heute nicht gelöst, stellte Ballmer-Cao fest.
Das Publikum beteiligte sich im Folgenden an der Diskussion. Margit Osterloh, emeritierte Professorin für Betriebswirtschaftslehre, betonte, dass sich sehr viel verändert habe in den letzten Jahren. Der Genderartikel sei im Universitätsgesetz verankert und es gebe mehr Doktorandinnnen und Studentinnen, die Diskriminierung sei längst nicht mehr so gross wie zuvor. Sie könne es langsam nicht mehr hören, wenn Frauen ihre Opferrolle betonten. «Warum werfen die Frauen nicht ihren Hut in den Ring und schreiten mutig voran?»
Rona Bolliger entgegnete, dass es nach wie vor grosse Unterschiede zwischen Männern und Frauen gebe, denn vor allem in den Bereichen der Natur- oder Ingenieurwissenschaften seinen Frauen nach wie vor rar. Auf der anderen Seite seien zum Beispiel in der Vetsuisse-Fakultät die Frauen deutlich in der Mehrheit, da könne von Gleichstellung nicht die Rede sein. Sie sehe hier aber auch die Gymnasien in der Pflicht, die verstärkt Mädchen für die Naturwissenschaften begeistern müssten. Alexander Herren möchte sogar die Primarschulen miteinbeziehen: «Die Geschlechterrollen werden sehr früh geprägt», sagte er.
Regula Kyburz-Graber, emeritierte Professorin für Gymnasialpädagogik, schlug eine Lösung vor: Wenn es für Männer und für Frauen mehr Teilzeitarbeit gebe, würden sich auch Frauen für Berufe interessieren, die im Moment noch Männerdomänen sind.
Rosmarie Michel, ständiger Ehrengast der UZH und ehemalige Präsidentin des Zürcher Frauenvereins, zog ein Fazit: Die Fortschritte in der Gleichstellung von Mann und Frau seien rückblickend über die letzten 50 Jahre phänomenal. Frauen seien keine schützenswerten Wesen, sondern könnten für sich selbst einstehen und kämpfen und so auch in Zukunft für mehr Gleichstellung sorgen.