Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Medizin

Hilfe für müde Herzen

Wenn das Herz nicht mehr genug Blut durch den Körper pumpt, nimmt die Leistungsfähigkeit ab und der Herztod droht. Doch dank Prävention und moderner Therapie gelingt es, der Krankheit Herzschwäche etwas von ihrem Schreck zu nehmen. Darüber berichtete der Kardiologe Frank Ruschitzka an einem Referat des Zürcher Zentrums für Integrative Humanphysiologie (ZIHP).
Sabina Huber-Reggi
Vorsorgeuntersuchungen des Herzens sollten gemäss Frank Ruschitzka schon bei Jugendlichen beginnen (Bild: iStockphoto/MarianVejcik).

 

Schwächegefühl, Atemnot bei geringer Anstrengung und Wassereinlagerungen können auf eine Schwäche des Herzens, eine sogenannte Herzinsuffizienz, hindeuten. Davon sind in der Schweiz etwa 120‘000 Menschen betroffen, Tendenz steigend. Bei den über 80-jährigen ist jede dritte Person betroffen, bei den über 90-jährigen jede zweite.

«Das Alter alleine ist jedoch nicht der Grund für die Schwäche. Das Herz wird nur schwach, wenn wir ihm zu viel zumuten», betonte Frank Ruschitzka, Klinikdirektor der Kardiologie des Universitätsspitals Zürich. Damit meine er nicht nur Zigarettenrauch, zu wenig Bewegung und ungesunde Ernährung.

Die grössten Risikofaktoren seien hoher Blutdruck und erhöhte LDL-Cholesterinwerte. Leider können wir genau diese Risikofaktoren nur bedingt selber beeinflussen. Der Cholesterinwert beispielsweise sei zu 95 Prozent genetisch bedingt, so Ruschitzka. Da helfe auch eine gesunde Ernährung wenig. Viel wichtiger seien regelmässige Kontrolluntersuchungen durch einen Spezialisten.

Prävention schon in jungen Jahren

Ab dem vierzigsten Lebensjahr sollte jede Person die Konzentration des LDL-Cholesterins im Blut sowie den Blutdruck regelmässig messen lassen und, wenn nötig, eine Behandlung einleiten. Denn wenn der Blutdruck rechtzeitig gesenkt wird, muss das Herz nicht jahrelang bei jedem Schlag unnötig viel Kraft aufwenden.

Auch hohe LDL-Cholesterinwerte können gut medikamentös gesenkt werden –  je früher desto besser, so Ruschitzka. Denn durch eine hohe Konzentration der schädlichen Blutfette bilden sich im Laufe der Jahre Fettkissen in den Arterien, sodass diese das Herz nicht mehr mit genug Nährstoffen und Sauerstoff versorgen können. Dadurch lässt die Pumpleistung nach.

Ruschitzka würde jedoch noch weiter gehen. Vorsorgeuntersuchungen sollen in seinen Augen schon bei Jugendlichen beginnen. «Ich würde es sehr begrüssen, wenn alle Schülerinnen und Schüler sich einmal einem EKG unterziehen würden», brachte er es auf den Punkt. Denn dadurch könnte man nicht nur Herzrythmusstörungen frühzeitig erkennen, sondern man hätte auch einen persönlichen Referenzwert für Untersuchungen später im Leben.

Frank Ruschitzka
«Das Herz wird nur schwach, wenn wir ihm zu viel zumuten»: Frank Ruschitzka, Direktor der Klinik für Kardiologie des Universitätsspitals Zürich (Bild: PD)

Vielfältige Ursachen

Wenn es für Prävention zu spät ist und die ersten Anzeichen einer Herzinsuffizienz bemerkbar werden, ist das noch kein Grund zu verzweifeln. Denn man kann viel machen, um die Krankheit aufzuhalten. «Für den Therapieerfolg ist entscheidend, genau zu eruieren, was die Symptome verursacht hat», betonte Ruschitzka, «denn nur so kann die beste Therapie gewählt werden». Manchmal liegt es gar nicht am Herz. Denn die Beschwerden können auch durch andere Störungen ausgelöst werden, etwa durch Lungenerkrankungen.

Wenn es doch am Herzen liegt, dann entstehen die Symptome der Herzinsuffizienz, weil der Körper mit zu wenig Blut versorgt wird. Der Grund dafür ist aber unterschiedlich. Eine zu schwache Pumpleistung verursacht beispielweise, dass das Herz jeweils nicht geleert wird. Manchmal kann das Herz hingegen zwar ausreichend geleert werden, füllt sich aber nicht mehr richtig, weil es sich versteift. Dies kommt zum Beispiel vor, wenn sich Eiweiss-Klumpen, wie sie auch im Gehirn bei Alzheimer vorkommen, im Herzgewebe angelagert haben.

Eine Herzinsuffizienz kann auch entstehen, wenn sich das Herz aufgrund einer grossen emotionalen Belastung – etwa einem Todesfall, aber auch einem Lottogewinn - nicht mehr richtig zusammenzieht. «Das Syndrom des gebrochenen Herzens existiert wirklich», sagte Ruschitzka. In der Fachsprache ist von einer Takotsubo-Kardiomyopathie die Rede.

Die Symptome dieser Schockstarre erinnern an einen Herzinfarkt. Obwohl die Erkrankung akut durchaus gefährlich sein kann, erholen sich die meisten Patienten nach einigen Wochen vollständig. Denn die Gefässe sind, anders als beim Herzinfarkt, nicht verstopft. Das Beispiel zeigt, wie wichtig eine genaue Diagnose ist, damit die richtige Therapie eingeleitet werden kann.

Personalisierte Therapien

«Uns stehen heute bereits eine Vielzahl von Therapien zur Verfügung, die das Leben verlängern und die Lebensqualität verbessern», betonte Ruschitzka. Ein Beispiel sei das Medikament Sacubitril/Valsartan. Seit seiner Zulassung in der Schweiz im Jahr 2015 war es lebensrettend für tausende Patienten mit einer schwachen Pumpleistung. Doch wenn diese durch eine krankhafte Erweiterung des Herzmuskels - eine sogenannte dilatative Kardiomyopathie - verursacht wird, reichen Medikamente allein häufig nicht aus. In diesem Fall können Herzschrittmacher oder eine Kombination der beiden Therapien sinnvoll sein.

«Die Medizin entwickelt sich in Richtung einer individualisierten, personalisierten Medizin. Massgeschneiderte Therapien sind die Zukunft. Denn es gibt nichts im Leben, das für alle gut ist», sagte Ruschitzka. Doch der Erfolg komme nur, wenn man alle Kräfte bündle. Dafür müssten alle über die Fachgrenzen hinaus zusammenarbeiten.