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Talk im Turm

«Wir sind schon weit gekommen»

Jahrelang gab es in der Krebsforschung kaum Fortschritte, nun herrscht Aufbruchstimmung. Der Talk im Turm zu Krebs und Präzisionsmedizin warf ein optimistisches Schlaglicht auf ein schwieriges Thema.
Stefan Stöcklin
Sehen Sie hier die Kurzversion des Gesprächs mit Anita Rauch, Professorin für Medizinische Genetik, und Burkhard Becher, Professor für Immunologie.
Audioversion des gesamten Gesprächs

Die Erfolge in der Genetik und im Verständnis der molekularen Mechanismen von Krebs haben in den letzten Jahren zu bemerkenswerten Durchbrüchen in der Behandlung geführt. Nicht überraschend war denn auch die optimistische Sicht der Talkrunde zu Krebs und Präzisionsmedizin im Uniturm Ende Juni: «Krebs wird in wenigen Jahren nicht mehr der Horror sein, der er heute ist» sagte der Immunologe Burkhard Becher, Professor für experimentelle Immunologie an der UZH.

Und seine Kollegin Anita Rauch prophezeite, dass künftig auch präventive Therapien, wie sie beispielsweise bei Bluthochdruck gang und gäbe sind, in die Nähe rückten: «Es gibt bereits erste Studien mit Medikamenten, die genetische Prädispositionen für Krebs neutralisieren sollen.» Anita Rauch ist Professorin für medizinische Genetik an der Universität Zürich.

Durchbruch dank Immuntherapien

Unter der umsichtigen Diskussionsführung von Thomas Gull und Roger Nickl von der Abteilung Kommunikation führten die beiden Fachleute das Publikum durch die komplexe Welt der Krankheit Krebs, namentlich der Immuntherapien. Vor rund zehn Jahren glückten erste Versuche mit neuen Substanzen, die die das körpereigene Immunsystem gegen Krebszellen aktivieren.

Diese Immuntherapien verstärken je nach Krebsart die Abwehrkräfte und bringen die bösartigen Zellen zum Verschwinden. Im Fall des schwarzen Hautkrebses oder des (nicht kleinzelligen) Lungenkrebses könne man heute von eigentlichen Durchbrüchen bei der Behandlung sprechen, sagte Becher. Die Erfolge seien spektakulär, auch wenn die Therapien für die Betroffenen «hart» sein könnten.

Optimierung dank Genanalysen

Weitere Gründe für die Aufbruchstimmung unter den Medizinern haben mit der Personalisierung respektive Optimierung der Therapien zu tun. Dank Genanalysen sei es möglich geworden, die verfügbaren Medikamente optimal auf die Patientinnen und Patienten abzustimmen, erläuterte Rauch.

So könnten bei Brustkrebs oder Prostatakarzinomen aufgrund genetischer Analysen die bestmöglichen Kombinationstherapien gewählt werden. Und die Möglichkeiten würden fast täglich vielfältiger. «Wir sind schon weit gekommen», sagte Rauch. «In 20 Jahren wird Krebs seinen Schrecken verloren haben», prophezeite sie.

Trotz der «Goldgräberstimmung», die derzeit unter Spezialisten herrscht, ging an der Talkrunde nicht vergessen, dass sich manche Krebsarten trotz aller Erfolge noch immer nur schwer behandeln lassen. Becher nannte als Beispiel das Glioblastom, ein bösartiger Hirntumor, bei dem es kaum therapeutische Optionen gebe. Auch metastasierende Krebsarten in fortgeschrittenen Stadien entziehen sich heute wirksamen Therapien weitgehend.

Dennoch – der Talk im Turm entliess die Zuhörerinnen und Zuhörer mit der optimistischen Botschaft, dass die Forschung künftig auch in diesen Fällen neue Behandlungsmöglichkeiten hervorbringen werde.