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Viele Wild- und Kulturpflanzen sind durch die Verschmelzung von zwei verschiedenen Arten entstanden. Das Genom von diesen sogenannt polyploiden Arten besteht oftmals aus einem vierfachen Chromosomensatz – je einem doppelten Satz jedes Elternteils – und besitzt damit rund doppelt so viele Gene wie ihre Ursprungsarten. Schon vor 50 Jahren postulierten Evolutionsbiologen, dass dieser Prozess die Evolution vorantreibt und für neue Arten sorgt. Durch die Grösse und Komplexität solcher Genome war es bisher schwierig, diese Theorie auf genetischer Ebene nachzuweisen.
Die experimentelle Bestätigung konnte nun von einem internationalen Forschungsteam unter der Leitung von Timothy Paape und Kentaro Shimizu vom Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich (UZH) erbracht werden. Die Wissenschaftler aus der Schweiz und Japan verwendeten dazu die zur Gattung der Schaumkressen gehörende Pflanzenart Arabidopsis kamchatica. Sie sequenzierten das Genom von 25 verschiedenen Individuen der polyploiden Art aus unterschiedlichen Regionen der Welt sowie 18 verschiedene Individuen der Elternarten, um ihre natürliche genetische Diversität zu untersuchen.
Arabidopsis kamchatica ist vor 65 000 bis 145 000 Jahren durch die natürliche Hybridisierung der zwei Elternarten A. halleri und A. lyrata entstanden. Ihr Genom ist mit 450 Millionen Basenpaaren für eine polyploide Pflanze eher klein, aber sehr komplex. Mit Hilfe von modernsten Sequenzierungsmethoden und Technologien sowie Bioinformatiktools konnten die Forschenden die Gensequenzen der einzelnen Pflanzenindividuen bestimmen.
Dank der grossen Menge an genetischer Information ist A. kamchatica besser gerüstet, um sich an neue Umweltbedingungen anzupassen. «Mit diesen Ergebnissen zeigen wir auf molekulargenetischer Ebene, dass sich Genomduplikationen positiv auf die Anpassungsfähigkeit von Organismen auswirken können», erklärt Pflanzenwissenschaftler Timothy Paape. Die doppelt oder mehrfach vorhandenen Genkopien erlauben es der Pflanze, vorteilhafte Mutationen zu übernehmen und gleichzeitig eine ursprüngliche Kopie wichtiger Gene beizubehalten.
Wie nützlich das doppelte Genom für A. kamchatica ist, zeigt sich an ihrer grossen Verbreitung – sowohl bezüglich Breitengraden wie auch Höhenlagen – verglichen mit ihren Elternpflanzen. Ihr Lebensraum reicht von Taiwan, Japan über Fernost-Russland bis hin nach Alaska und dem pazifischen Nordwesten der USA. «Das Wissen um die Zusammenhänge von Genom und Evolution helfen uns auch zu verstehen, wie die genetische Diversität es den Pflanzen erlaubt, sich an ändernde Umweltbedingungen anzupassen», sagt Kentaro Shimizu. Die nun publizierte Forschungsarbeit wurde vom Universitären Forschungsschwerpunkt «Evolution in Aktion: Vom Genom zum Ökosystem» der UZH unterstützt.
Timothy Paape, Roman V. Briskine, Gwyneth Halstead-Nussloch, Heidi E.L. Lischer, Rie Shimizu-Inatsugi, Masaomi Hatakeyama, Kenta Tanaka, Tomoaki Nishiyama, Renat Sabirov, Jun Sese, and Kentaro K. Shimizu. Patterns of polymorphism and selection in the subgenomes of the allopolyploid Arabidopsis kamchatica. Nature Communications. September 25, 2018. DOI: 10.1038/s41467-018-06108-1