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Immunsystem von Pflanzen

Pflanzenforscher im Hoch

Cyril Zipfel war bis vor kurzem Direktor des renommierten The Sainsbury Laboratory in Norwich, Grossbritannien. Nun startet er als Professor für Pflanzenphysiologie an der UZH – mit einem ERC Consolidator Grant im Gepäck und einem exklusiven japanischen Preis.
Stefan Stöcklin
Von Grossbritannien nach Zürich: Cyril Zipfel, Experte für das Immunsystem von Pflanzen. (Bild: Andrew Davis, JIC)

 

Der erste Stock des Instituts für Pflanzen- und Mikrobiologie der UZH beim Botanischen Garten befindet sich im Umbau. Labors werden hergerichtet, Arbeitsplätze eingerichtet. Es ist das neue Reich von Cyril Zipfel, hochtalentierter Pflanzenforscher, der eben an die Universität Zürich auf den Lehrstuhl für Molekulare und Zelluläre Pflanzenphysiologie berufen wurde.

Der 39jährige Professor durchquert die noch leerstehenden Labors und erläutert, was er mit seiner gut 20köpfigen Gruppe in den nächsten Jahren erforschen wird: «Wir arbeiten über das Immunsystem der Pflanzen, den Erkennungs- und Signalwegen, mit denen Schädlinge abgewehrt werden.»

Angeborene Immunität

Die meisten Leute wissen gar nicht, dass Pflanzen ein Immunsystem haben. Der im Elsass aufgewachsene Cyril Zipfel beschäftigt sich seit 17 Jahren mit diesen Vorgängen. Auf das Thema stiess er mit der Wahl seiner Doktorarbeit am Basler Friedrich Miescher Institut. 2004 konnte er in einer Nature-Publikation zeigen, wie bakterielle Schädlinge mit ihren Flagellen molekulare Resistenzmechanismen auslösen.

Seither hat ihn diese Forschung gepackt, eine Publikation folgte auf die andere, oftmals in namhaften Journals. Parallel dazu stieg er die wissenschaftliche Karriereleiter hinauf. Nach dem Doktorat wechselte er ans The Sainsbury Laboratory in Norwich. Dessen Leitung hatte er von 2014 bis Mai 2018 inne. Heute gilt Zipfel als Pionier und weltweit anerkannter Fachmann für die sogenannte «innate» oder angeborene Immunität von Pflanzen und die damit verbundenen molekularen Vorgänge.

Okazaki-Award erstmals an Pflanzenforscher

Wie hoch sein wissenschaftliches Standing ist, zeigt die Vergabe des Tsuneko & Reiji Okazaki Awards durch die Nagoya Universität in Japan. Zipfel ist der erste Pflanzenwissenschaftler, der diesen Preis erhält. Er wird an «junge, führende» Forscher vergeben, die «wichtige Beiträge in ihrem Feld» geleistet haben.

Erhalten hat ihn unter anderem der Co-Entdecker der revolutionären CRISPR-Technologie Feng Zhang vom Massachusetts Institute of Technology MIT in Boston. Benannt ist der Preis nach Tsuneko und Reiji Okazaki, die 1968 einen wichtigen Mechanismus bei der DNA-Verdoppelung entdeckten.

Verliehen wird der Preis am 4. Oktober 2018 in Nagoya, wo der Preisträger eine Vorlesung halten wird. «Ich fühle mich geehrt und bin vor allem stolz, als Pflanzenforscher diesen Preis zu erhalten», sagt Cyril Zipfel.

EMBO-Mitglied und Consolidator Grant

Als wäre das der Würdigung nicht genug, ist der neu berufene UZH-Professor eben noch in den ehrwürdigen Kreis der EMBO-Mitglieder aufgenommen worden. Dieses Netzwerk der European Molecular Biology Organisation vereint die «führenden Forscher Europas und der Welt».

Dass 2018 ein gutes Jahr für den Elsässer werden dürfte, zeigt sich auch im begehrten Consolidator Grant, den er erhalten hat. Zwei Millionen Euro stellt der Europäische Forschungsrat ERC der UZH für die Forschungen Zipfels ab Juni 2018 für fünf Jahre zur Verfügung.

In den Arbeiten namens «Immuno-Peptalk» soll es um Signalwege im Innern von Pflanzenzellen gehen, die das Immunsystem in Kombination mit endogenen Molekülen (Peptide) regulieren. Diese wiederum können auf äussere Umwelteinflüsse aber auch innere Zustände in den Pflanzenzellen reagieren. «Wir möchten das ganze molekulare Netzwerk des Immunsystems und seine Interaktion mit der Umwelt verstehen», sagt Zipfel.

Pflanzenforschung gewinnt an Bedeutung

Die Ehrungen Zipfels sind über seine Person hinaus ein interessantes Indiz. Nämlich dafür, dass die molekulare Pflanzenforschung weltweit an Terrain und Renommee gewinnt. Nicht nur Cyril Zipfel, auch manche seiner Kolleginnen und Kollegen haben Würdigungen erhalten, die sonst an andere Fachgebiete in den Life Sciences verliehen werden, wie im Editorial der aktuellen Ausgabe von «Nature Plants» festgehalten wird.

Für Cyril Zipfel ist diese Anerkennung eine logische Folge der wachsenden Bedeutung der Pflanzenforschung, zum Beispiel zur Ernährungssicherung einer wachsenden Weltbevölkerung: «Das Wissen über das Immunsystem der Pflanzen eröffnet neue Wege zur Schädlingsbekämpfung.»

Mit den immer detaillierteren Kenntnissen über diese komplexen Prozesse rücken präzise Anwendungen in Reichweite. Wohin dies genau führen wird, muss sich noch zeigen, aber Cyril Zipfel ist überzeugt, dass neue biotechnologische Anwendungen möglich sein werden, die gleichzeitig effizient sind und die Ökosysteme nicht belasten.

Dank seinen Kolleginnen und Kollegen am Institut, die ebenfalls zu den meist zitierten ihres Fachs gehören, und der Zusammenarbeit mit weiteren Kollegen an der ETH Zürich, fühlt sich Zipfel in Zürich an der Universität am richtigen Ort. Er sprüht vor Tatendrang und wird alles daran setzen, seine Labors rasch in produktive Stätten zu verwandeln.