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Es ist wieder en vogue, Muskeln zu zeigen und nationales Eigeninteresse über alles andere zu stellen. Längerfristig, warnte die Politologin Stefanie Walter im Talk im Turm, richte eine auf kurzfristige nationale Vorteile ausgerichtete Politik grossen Schaden an. In den wenigen Wochen seiner Präsidentschaft habe Donald Trump «viel Porzellan zerschlagen» und über Jahrzehnte aufgebautes Vertrauen in die USA leichtfertig verspielt. Für die weltpolitische Stellung der USA, für die internationale Sicherheitslage und für die globale wirtschaftliche Entwicklung sei dies ein grosses Risiko.
Uneigennütziges Verhalten ist laut Stefanie Walter auf längere Sicht in der Politik erfolgsversprechender, denn: «Mit egoistischem Verhalten macht man sich Feinde, mit altruistischem Verhalten Freunde.»
Trump zum Trotz
Der Bogen des kurzweiligen Gesprächs im Restaurant Uniturm war weit gespannt. «Wir Egoisten. Ich und die anderen», lautete der Titel. Immer wieder kamen die Moderatoren Thomas Gull und Roger Nickl auf die Kernfragen zurück, warum wir uns mal egoistisch, mal altruistisch verhalten – und warum Werte wie Gerechtigkeit und Fairness, Trump zum Trotz, noch immer eine Chance haben.
Das Gemeinschaftsdenken, sagte der Soziologe Jörg Rössel, gehöre zur menschlichen Grundausstattung. Er mochte deshalb nicht in den kulturpessimistischen Chor derer einstimmen, die angesichts der markigen Rhetorik eines Trump oder eines Putin die Gier und den Egoismus gesellschaftlich auf der ganzen Linie im Aufwind sehen. In vielen Lebensbereichen sei das Gegenteil der Fall, zum Beispiel beim Konsum, wo deutliche Tendenzen hin zu uneigennützigem und kooperativem Verhalten zu beobachten seien. In einer internationalen Vergleichsstudie hat Rössel untersucht, warum Fairtrade-Produkte immer mehr Zuspruch finden. Als Hauptgrund dafür machte er die zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Ungerechtigkeiten im Welthandel aus.
Uneigennützigkeit als Erfolgsrezept
Rössel wies darauf hin, dass die menschliche Fähigkeit, kurzfristige Eigeninteresse zugunsten des Gemeinwohls zurückzustecken, evolutionsgeschichtlich ohne Beispiel sei und entscheidend zum Siegeszug des homo sapiens beigetragen habe. Keine andere Spezies – von einigen sozialen Insektenarten wie Ameisen und Bienen abgesehen – sei derart stark auf Kooperation ausgerichtet wie der Mensch. «Altruismus», so Rössel, «hat uns Menschen erfolgreich gemacht».
Uneigennützigkeit ist also ein bewährtes Mittel, um längerfristig auf die eigenen Kosten zu kommen: Auf diese dialektische Pointe lief das Podiumsgespräch im Restaurant Uniturm hinaus.