Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Stiftungsratswahlen BVK

«Frauen sind vom Leistungsabbau besonders stark betroffen»

Calista Fischer will sich im Stiftungsrat und in der BVK-Geschäftsleitung unter anderem für Frauen und die Anliegen von Teilzeitbeschäftigten einsetzen.
Interview: Marita Fuchs

Kategorien

Calista Fischer, Kommunikationsbeauftragte der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät, bewirbt sich als BVK-Stiftungsrätin. (Bild: zVg)

 

Frau Fischer, warum wollen Sie Stiftungsrätin bei der BVK werden?

Ich war im vergangenen Jahr Mitglied des Personalausschusses «Anschlussvertrag BVK» und habe mich intensiv mit der BVK und ihren Problemen auseinandergesetzt. Besonders interessant war es für mich zu erfahren, wie andere Pensionskassen arbeiten, wie sie aufgestellt sind, welche Anlagestrategie sie fahren, wie ihre langfristige Planung aussieht und was im Vergleich dazu bei der BVK im Argen liegt.

Was liegt denn im Argen?

Der Kanton hat seine Pensionskasse in den neunziger Jahren durch zu hohe Rentenzahlungen und zu tiefe Beiträge empfindlich geschwächt. Nach der Jahrtausendwende hat der Regierungsrat seine Aufsichtspflicht nicht wahrgenommen, so dass die jahrelange korrupte Misswirtschaft des Anlagechefs viel zu spät aufflog. Diese beiden Sünden des Kantons haben bei der BVK ein Loch von 4 Milliarden Franken hinterlassen. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger bewilligten 2013 eine Einmaleinlage von 2 Milliarden Franken in die BVK. 2014 nahm sich der Kanton aus der Verantwortung und entliess die noch immer mit einem riesigen Finanzloch kämpfende BVK in eine privat-rechtliche Stiftung. Seither fliesst der auf den Renteneinlagen der Aktivversicherten erzielte Gewinn zur Hauptsache in die Sanierung der BVK und die Querfinanzierung der Rentner. Das Kapital der Aktivversicherten wird gerade mal mit 1 Prozent verzinst. Da kann man sein Geld gleich in die Matratze einnähen.

Hat der bisherige Stiftungsrat zu wenig getan?

Nach meiner Auffassung: Ja. Der Stiftungsrat beschloss zum Beispiel, auf eine Klage gegen den Kanton wegen Missachtung der Aufsichtspflicht im Korruptionsfall Gloor zu verzichten. Zudem verhält sich der bisherige Stiftungsrat mehr wie ein Verwaltungsrat, für den das Wohl des Unternehmens und nicht das der Versicherten im Zentrum steht. Das sieht man z.B. daran, dass selbst bei einem Deckungsgrad von über 115 Prozent dreiviertel des Gewinns bei der BVK verbleiben. Ein Stiftungsrat und insbesondere die Arbeitnehmenden-Vertretungen sollten sich aber primär für die Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler einsetzen. Zudem bin ich der Ansicht, dass Frauen und die Anliegen von Teilzeitbeschäftigten im Stiftungsrat und in der BVK-Geschäftsleitung ungenügend vertreten sind, obschon Frauen mehr als 60 Prozent der Versicherten ausmachen. Für sie möchte ich mich speziell einsetzen.

Welche persönlichen Stärken könnten Sie im Falle einer Wahl in den Stiftungsrat einbringen?

Meine Integrität, mein Mut und meine Bereitschaft, die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Stiftungsrat konsequent zu vertreten. Ich lasse mich durch Gegenwind nicht abhalten.

Die Zeitschrift «Beobachter» vergibt jährlich einen Prix Courage. Sie wurden im Jahr 2009 für diesen Preis nominiert. Warum?

Im Zusammenhang mit der Lehman-Pleite bei der Credit Suisse habe ich mich für geschädigte Klein-Anleger eingesetzt. Ungerechterweise hat die Credit Suisse diesen Anlegern unter falschen Versprechungen und falschem Label kapitalgeschützte Lehman-Papiere angedreht. Ich selbst war auch betroffen. Zusammen mit einer von mir ins Leben gerufenen Selbsthilfe-Organisation habe ich dafür gekämpft, dass die Credit Suisse die Kleinsparer wenigstens teilweise entschädigen musste.

Was wollen Sie als Stiftungsrätin für die Universitätsangehörigen erreichen?

Der Wahlkreis 4, für den ich kandidiere, umfasst die Bildungsinstitutionen. Dazu gehören neben der UZH auch die Fachhochschulen, die Schulen und andere Institutionen. Für die Universität und die meisten Schulen gilt: Hier arbeiten sehr viele Frauen, von denen viele teilzeit angestellt sind. Für diesen Personenkreis gibt es fortschrittlichere Versicherungslösungen als diejenigen der BVK. Als Beispiel möchte ich den Koordinationsabzug nennen. Der Koordinationsabzug bestimmt, welcher Lohn bei der zweiten Säule versichert wird, indem er vom Jahreseinkommen abgezogen wird. Bei Löhnen unter 80'000 CHF fällt der Koordinationsabzug sehr stark ins Gewicht. Andere Pensionskassen versichern einen höheren Lohnanteil, so dass die Versicherten bei der Pensionierung höhere Renten erhalten. Das ist bei niedrigen Löhnen sehr wichtig.

Im Wahlkreis Bildungsinstitutionen wissen viele Frauen und Vorgesetzte nicht, dass bei der BVK auch Frauen bis 65 arbeiten müssen, wenn sie in der BVK nicht als frühpensioniert geführt werden wollen. Das bedeutet für Frauen, dass sie eine tiefere Rente in Kauf nehmen müssen, wenn sie sich beim Erreichen des AHV-Alters mit 64 Jahren pensionieren lassen. 

Schwierig ist es auch für diejenigen, die mehrere kleine Teilzeitpensen bei verschiedenen Arbeitgebern haben. Die BVK erlaubt nicht, dass kleine Pensen zusammengeführt und als ein Ganzes versichert werden. Im schlimmsten Fall wird dann ein Teil des Lohns gar nicht versichert.

Was heisst das für die Altersversorgung?

Ich sehe durch die Kürzungen, die mehr oder weniger alle Pensionskassen einplanen, ein riesiges gesellschaftliches Problem auf uns zukommen. Mit der minimalen Verzinsung der Sparkapitalien und dem tiefen Umwandlungssatz werden die heute Aktivversicherten bei ihrer Pensionierung mit wesentlich tieferen Renten auskommen müssen. Besonders stark trifft dies Frauen, die eine lange Ausbildung hatten, Kinder grossgezogen haben und deshalb lange Jahre in Teilzeitpensen gearbeitet haben.

Viele Menschen werden mit deutlich weniger Rente auskommen müssen, im schlimmsten Fall droht Altersarmut. Deshalb finde ich es auch wichtig, dass nicht jemand aus dem Hochlohnbereich als Arbeitnehmervertreter im Stiftungsrat sitzt, sondern jemand, der die Probleme aus eigener Anschauung kennt.

Falls Sie als Stiftungsrätin gewählt werden, was würden Sie als erstes anpacken?

Ich habe drei Punkte: Ganz wichtig wäre mir zunächst eine transparente und unzweideutige Kommunikation, die alle wesentlichen Punkte anspricht und nicht mit Fehlassoziationen spielt. Wenn eine Lilo Lätzsch als Stiftungsratspräsidentin sagt, dass das neue Vorsorgereglement die Umverteilung von den Aktivversicherten zu den Rentnern gestoppt habe, dann mag das formaljuristisch zwar stimmen. Tatsache ist aber, dass die Umverteilung noch weitere zwanzig Jahre stattfinden wird. Das Zurückhalten von wichtigen Zusatzinformationen sorgt dafür, dass viele Versicherte wenig Vertrauen in die BVK haben. Die gewählten Arbeitnehmervertreter müssen mit den Versicherten in einen Dialog treten. Auch die weiterhin bestehende Umverteilung von den Aktiven zu den Rentnern ist ein massives Problem. Darüber muss man diskutieren.

Weiter müsste man schauen, ob die Anlagestrategie dem gegenwärtigen Zinsumfeld angemessen ist. Dann bräuchte es drittens klare Leistungsziele für die BVK. Eines dieser Ziele wäre die Festlegung, bis zu welchem Zeitpunkt die BVK aus ihrer Unterdeckung herauskommen muss und bis wann ein Deckungsgrad von 115 Prozent erreicht werden muss, und wir Versicherten wieder Leistungsverbesserungen erhalten.

Wie stehen Sie zu der Forderung des VPOD, der Ihre Kandidatur unterstützt, den Vorsorgeplan 2017 wieder zu ändern?

Ich bin Mitglied des Vereins Infrastrukturpersonal der UZH, aber nicht Mitglied des VPOD. Ich kandidiere als Unabhängige auf der VPOD-Plattform. Gemeinsam mit dem VPOD bin ich etwa der Überzeugung, dass der Kanton nicht aus der Verantwortung entlassen werden sollte und dass gewisse Punkte des Vorsorgeplanes 2017 erneut diskutiert werden sollten. Besonders stossend ist für mich die Regelung, dass es für die Aktivversicherten bis zum Erreichen eines Deckungsgrades von 115 Prozent keine Leistungsverbesserungen gibt und die BVK selbst bei diesem Deckungsgrad dreiviertel des Gewinns als Wertschwankungsreserve zurückbehält.

Wie stehen Sie zu flexiblen Rücktritts- und Weiterbeschäftigungsangeboten im Alter von 60 bis 70 Jahren an der UZH?

Grundsätzlich finde ich es gut, wenn man so lange arbeiten kann, wie man möchte. Wir vom administrativ-technischen Personal benötigen das Einverständnis unserer Vorgesetzten, damit wir weiterarbeiten können. Es gilt zu bedenken, dass wir zwischen 53 und 65 Jahren für den Arbeitgeber wegen der hohen Sozialabgaben teuer sind. Da ist ein Dreissigjähriger natürlich viel billiger. Fest steht auch, dass es mit dem geltenden Vorsorgereglement der BVK für die Rentenhöhe kontraproduktiv ist, ab 64 nur noch 50 Prozent, dafür aber bis 67 zu arbeiten. Hier müssten zuerst von der BVK die Weichen richtig gestellt werden.

Weiterführende Informationen